zum Hauptinhalt
1998 hatte sich Christopher R. bei Ausschreitungen während der Fußball-Weltmeisterschaft beteiligt und dabei den französischen Polizisten Daniel Nivel attackiert.

© DPA

Bekannter Hooligan wieder vor Gericht: Anklage wegen Drogenhandels während offenem Vollzug

Er war an den berüchtigten Ausschreitungen zur Fußball-WM 1998 in Frankreich beteiligt. Jetzt droht dem Ex-Rocker Christopher R. eine weitere Haftstrafe.

Er ist Europas wohl bekanntester Hooligan, war als Hells Angel aktiv und wurde als Kopf einer Bande von Dealern verurteilt – nun ist Christopher R. erneut angeklagt: Die Berliner Staatsanwaltschaft wirft dem 44-Jährigen und sieben Komplizen vor, gewerbsmäßigen Drogenhandel vorbereitet zu haben. Dabei ist R. seit Jahren schon Häftling, wenn auch im offenen Vollzug. Zuerst hatte die „B.Z.“ über den Fall berichtet.

Laut Anklage hätten sich R. und seine Komplizen im Dezember 2017 zusammengetan, um in Deutschland und Spanien „mit Amphetamin, Marihuana und Kokain zu handeln“. In einer Werkstatt im Landkreis Barnim hätten sie große Mengen Amphetamin herstellen wollen. Die Angeklagten seien arbeitsteilig vorgegangen – „typisch für eine Bande.“

Am Freitag startet der Prozess unter hohen Sicherheitsvorkehrungen. Dem vorbestraften Christopher R. drohen mindestens fünf weitere Jahre Haft. Das erste Mal wurde Christopher R. während der Fußball-Weltmeisterschaft 1998 über die Hooliganszene hinaus bekannt.

Er hatte sich an Ausschreitungen im französischen Lens beteiligt, auch am Angriff auf den französischen Polizisten Daniel Nivel. Ein Clique deutscher Hooligans hatte den Beamten mit Fäusten, Latten und einem Verkehrsschild misshandelt. Nivel ist seitdem Invalide. Christopher R., der aus Erkner bei Berlin stammt, saß dafür dreieinhalb Jahre in Haft.

Nach seiner Entlassung tauchte R. bei den Hells Angels auf, führte den Ableger der mächtigen Rockergruppe in Potsdam an und wurde bei einschlägigen Treffen in Berlin, Hannover und auf Mallorca gesehen, wo es auch blutige Fehden mit konkurrierenden Rockern gegeben haben soll. Unter Ermittlern und Milieugrößen hieß es schon im Jahr 2010, dass R. wieder anspruchsvollere Aufgaben suche.

Der ausgebildete Elektriker gilt als charismatisch, für einen Hooligan gar als „Schönling“, wie ein Szenekenner sagt. Wieder in Berlin, stellte das Landgericht 2015 fest, dass R. als „Kopf einer hochkonspirativ agierenden Bande“ aktiv gewesen sei. Schon damals ging es um Amphetamine.

Schmuggel für fast 300 Kilogramm Amphetamin

Die Richter urteilten: R. habe den Schmuggel von Chemikalien organisiert, die für eine Herstellung von fast 300 Kilogramm Amphetamin gereicht hätten – der Ex-Hooligan kassiert sieben Jahre Haft wegen bandenmäßigen Drogenhandels.

Ab 2017 wird darüber gesprochen, ob und wann R. in den offenen Vollzug kommt. Das ist in Berlin üblich, im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag heißt es: „Der offene Vollzug ist Regelvollzug.“ Dabei dürfen Gefangene morgens die Haftanstalt unter Auflagen verlassen, um zu einem Arbeitsplatz zu fahren.

Die Praxis wird von vielen Juristen mit Blick auf das Resozialisierungsgebot begrüßt. Die Staatsanwaltschaft soll sich im Fall R. bei der zuständigen Haftanstalt gegen einen offenen Vollzug der Reststrafe ausgesprochen haben.

R. befand sich dennoch das Jahr 2018 über im offenen Vollzug, bis er im Dezember erneut verhaftet wurde. Weder ein Sprecher der Staatsanwaltschaft noch das Büro von Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) äußerten sich am Montag zu dem Fall. Ein Anwalt R.s war nicht zu erreichen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false