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Berlin: Ben Becker traf Ekke Lehmann in der Untersuchungshaft in Moabit

So lange war Ben Becker schon lange nicht mehr im Gefängnis. Für anderthalb Stunden verschwand er am gestrigen Dienstag hinter den Mauern der Untersuchungshaftanstalt Moabit, um eine lebende Legende kennen zu lernen: Berlins Ausbrecherkönig Ekke Lehmann.

So lange war Ben Becker schon lange nicht mehr im Gefängnis. Für anderthalb Stunden verschwand er am gestrigen Dienstag hinter den Mauern der Untersuchungshaftanstalt Moabit, um eine lebende Legende kennen zu lernen: Berlins Ausbrecherkönig Ekke Lehmann. Das gesamte Prozedere von Ausweis- bis Taschenkontrolle durchlief der Schauspieler, um nach einer Stunde Wartezeit unter Aufsicht mehrerer Beamter ein halbes Stündchen mit Lehmann zu plaudern. Das tue er aus Solidarität mit den Inhaftierten im Allgemeinen und mit Ekke im Besonderen, sagte Becker nach dem Besuchstermin. "Der Mann ist unschuldig."

Lehmann sitzt gegenwärtig in Haft, weil er mit zwei Komplizen den Tresor einer Neuköllner Eckkneipe um 10 000 Mark erleichtert haben soll. Eine derart dilettantische Aktion sei unter Ekkes Niveau, so Becker. Er "arbeitet" sich gerade durch Ekkes stürmisches Leben, das dessen bester Freund Lothar Berg auf 256 Seiten ausgebreitet hat. Demnächst will Becker daraus öffentlich vorlesen. Auch einen Film oder ein Theaterstück über Lehmanns elf teilweise spektakuläre Fluchten und seine dramatischen Amouren könnte sich Becker vorstellen. Die Titelrolle würde er sich zutrauen.

Ein zweiter Franz Biberkopf sei Ekke zwar nicht, aber das Potenzial und die Energie des inzwischen 53-Jährigen haben ihn nachhaltig beeindruckt: "Ein charmanter Mensch, aber mit Vorsicht zu genießen." Verglichen mit Ekke sei er, Becker, mit seinen Raufereien und Sachbeschädigungen aus den wilden 80er Jahren doch nur ein "kleines Bürschchen". Das Rebellieren gegen die Fesseln von Staat und Gesellschaft, das Austricksen der Machthabenden habe er vornehmlich auf dem geschützten Terrain der Bühne ausgelebt. Ekke habe das System dagegen im wirklichen Leben herausgefordert und dafür 23 Jahre im Knast gesessen. Genug, findet Becker, der selber maximal 48 Stunden im geregelten Vollzug verbracht hat.

Am 19. Mai beginnt Lehmanns Prozess. Wegen Fluchtgefahr sitzt er in einer Einzelzelle und muss seinen Hofgang in Fuß- und Handfesseln absolvieren. "Reine Schikane" findet Becker. Einem der Justizbeamten gab er trotzdem ein Autogramm - der ist eben auch nur ein kleines Rädchen im System, das nach Rebellen verlangt, um es erträglicher zu machen. Eigentlich ist ein System, das Anpassung abfordert, nur als Teilzeit-Rebell zu ertragen, findet Becker - als Bühnen-Berserker, Nachtschwärmer, Straßenmusikant oder eben Serienausbrecher.

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