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Hart im Austeilen, aber recht empfindlich bei Kritik: Hartmut Mehdorn.

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BER-Aufklärer zum Fall Mehdorn: Martin Delius: „Nur Mehdorn ist nie schuld“

Der Leiter des Immobilienbereiches am BER, Harald Siegle, wurde gefeuert. Er hatte Flughafenchef Hartmut Mehdorn scharf kritisiert. Martin Delius, Leiter des BER-Untersuchungsausschuss im Abgeordnetenhaus, sieht den Aufsichtsrat am Zug.

Herr Delius, der Leiter des Immobilienbereichs in der Flughafengesellschaft hat die BER-Führung in Briefen scharf kritisiert. Halten Sie seine Darstellungen für glaubhaft?

Die Darstellung ist sehr glaubhaft, weil sie einige bekannte Probleme bestätigt und einige neue Aspekte hinzufügt. Mir kommt vor allem das Grundsätzliche sehr bekannt vor. Hartmut Mehdorn ist schnell zur Hand, um Schuldige zu finden, sei es ein Horst Amann, eine Bauaufsicht oder die Demokratie, nur Mehdorn ist nie schuld. Jetzt hat einer, der sich in der Materie auskennt, den Mut gefasst, sich mit sehr deutlichen Worten an ihn und die Aufsichtsratsspitze zu wenden. Es lohnt sich, in die Briefe zu schauen.

Was ist Ihnen besonders aufgefallen?

Seit einiger Zeit wird deutlich, dass es vor allem beim Controlling große Probleme gibt, und das wird hier sehr klar bestätigt. Es funktioniert auch nicht, dass Planer und Bauüberwacher quasi in Personalunion agieren. Es fehlt auch ein übergeordnetes Management für das Controlling. Wenn Probleme auftauchen, werden diese nicht behoben, es wird nicht nachjustiert, sondern man versucht sie eher zu übergehen. Es herrscht das Prinzip Augen zu und durch.

Pirat Martin Delius leitet den Ausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus, der die Vorgänge um den Bau des Großflughafens BER untersuchen soll.
Pirat Martin Delius leitet den Ausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus, der die Vorgänge um den Bau des Großflughafens BER untersuchen soll.

© dpa/Maurizio Gambarini

Harald Siegle wurde nun gekündigt. Halten Sie das für gerechtfertigt?

Es entspricht dem, wie Mehdorn mit Kritik umgeht. Aber Siegle steht der Klageweg offen, und ich gehe davon aus, dass er auch juristisch gegen die Kündigung vorgehen wird. Nur statt sich mit Siegle hinzusetzen und die Probleme anzugehen, schafft man mit der Kündigung neuen Wirrwarr. Es gibt keine vernünftige Kritik- und Entscheidungskultur, was wir schon an anderen Beispielen gesehen haben und was die Briefe und der Umgang damit wieder bestätigen.

Wie sollte sich der Aufsichtsrat jetzt verhalten?

Der Aufsichtsrat muss sich auf der Sitzung am Freitag damit auseinandersetzen, da führt kein Weg dran vorbei, denn die geschilderten Probleme sind mitunter gravierend. Ich würde mir auch wünschen, dass er sich endlich mal offen und kritisch mit Hartmut Mehdorn auseinandersetzt. Aber ich befürchte, dass dies nicht geschehen wird. Klaus Wowereit wird Mehdorn trotz der von vielen Seiten geäußerten Kritik wieder das Vertrauen aussprechen, dabei macht der Brief von Siegle deutlich, dass es Konsequenzen geben muss. Die Geschäftsführung muss neu organisiert werden. Möglicherweise ist es zwingend notwendig, wieder einen technischen Geschäftsführer einzustellen, der nicht dem Sprintteam von Mehdorn unterstellt ist.

Werden Sie sich im Untersuchungsausschuss mit den Briefen befassen?

Aus den Briefen geht hervor, dass sich Siegle ja schon mehrfach an die Geschäftsführung gewandt hat, scheinbar ohne große Resonanz erhalten zu haben. Wir werden die entsprechenden Unterlagen und Akten, sofern wir sie nicht schon haben, beantragen und uns im Ausschuss auch damit auseinandersetzen.

Auch das Geld beim BER spielt eine wesentliche Rolle in den Briefen, aber auch seit Tagen in der öffentlichen Debatte. Neue Summen machen die Runde. Rechnen Sie mit steigenden Kosten?

Das ist doch recht sicher. Die Frage ist nur, wie hoch die sein werden. Nur leider gibt es überhaupt keine Zahlen, und man muss sich fragen, wie lange das noch gut geht und wie gesund die Flughafengesellschaft ist. Derzeit ist Tegel der Motor für die Flughafengesellschaft, aber das Unternehmen kann nicht auf ewig davon zehren, und es gibt keine Aussagen darüber, wie stark der BER das Gesamtunternehmen belastet. Das ist eine gefährliche Situation – vor allem für die öffentliche Hand, die das Unternehmen ja zu 100 Prozent trägt.

Das Gespräch führte Christian Tretbar.

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