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Berlin: BER-Flugrouten werden Fall für die EU

Kommission bemängelt fehlende Umweltprüfungen und droht mit Klage – Bundesregierung widerspricht.

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Berlin/Brüssel - Der Pannen-Flughafen BER könnte nun auch Probleme aus Brüssel bekommen. Die EU-Kommission leitete am Donnerstag ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein, das direkte Auswirkungen auf den noch immer nicht fertiggestellten Hauptstadtflughafen und die Flugrouten von und nach Schönefeld haben könnte.

Konkret geht es bei dem Verfahren um zwei europäische Richtlinien, die die Bundesrepublik nach Ansicht der Brüsseler Behörde nicht korrekt umgesetzt hat. „Die deutsche Gesetzgebung verlangt keine Umweltverträglichkeitsprüfungen für bestimmte Flugrouten“, sagte Joe Hennon, Sprecher von EU-Umweltkommissar Janez Potocnik, dem Tagesspiegel: „Das müsste aus unserer Sicht aber so sein, weil die Flugrouten aus Umweltgesichtspunkten ein ganz entscheidender Aspekt eines Flughafenprojekts sind.“

Die EU-Kommission bestätigte, dass sie mit dem Vertragsverletzungsverfahren auf entsprechende Beschwerden aus Berlin und Umgebung reagiere. „Wir schauen uns das schon eine ganze Weile an“, sagte Hennon weiter. Die Gespräche mit der Bundesregierung, die in allen Fällen der Ansprechpartner Brüssels ist, hätten allerdings nicht die erwünschten Fortschritte gebracht: „Die Regierung beharrt darauf, dass Flugrouten nicht Teil der Umweltverträglichkeitsprüfung sind.“ In ihrem Mahnschreiben verlangt die EU-Behörde nun Antworten aus Berlin innerhalb der nächsten zwei Monate.

Ein Vertragsverletzungsverfahren ist ein mehrstufiger Prozess. Auf die Stellungnahme der Bundesregierung hin kann die Kommission das Verfahren entweder einstellen oder eine „begründete Stellungnahme“ abgeben. Erst wenn Deutschland darauf wieder nicht im Sinne der Kommission reagiert, kann diese Klage vor dem Europäischen Gerichtshof einreichen, der dann abschließend entscheidet.

Die Bundesregierung befürchtet trotz möglicher juristischer Probleme keine direkten Auswirkungen auf den Flughafen. „Es mag sein, dass die deutsche Gesetzgebung nicht in allen Einzelheiten mit der EU-Richtlinie übereinstimmt“, war aus Regierungskreisen zu hören. „De facto sind die Flugrouten aber bereits auf ihre Umweltverträglichkeit geprüft worden – also über die gesetzliche Notwendigkeit hinaus.“ Offiziell erklärte das Verkehrsministerium nur: „Die Bundesregierung wird die schriftliche Begründung im Aufforderungsschreiben der Europäischen Kommission intensiv prüfen und in der dafür vorgesehenen Frist beantworten.“

Die Beschwerde kam von der Bürgerinitiative Friedrichshagen und Naturschützern. Deren Anwältin Franziska Heß äußerte sich zuversichtlich, dass mit der EU-Intervention die Chancen für den in Kürze anstehenden Prozess gegen die Müggelsee-Route vor dem Oberverwaltungsgericht steigen. Das Gericht hatte bereits die Wannsee-Route gekippt. Heß prophezeite, dass wahrscheinlich das „Gesamtverfahren für die Flugrouten wiederholt werden muss“.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zeigte sich überzeugt, dass der Bund sich entschieden für den Flughafen einsetzen wird. „Die Bundesrepublik wird in dem Verfahren ihren Standort vertreten. Das wird nicht zum Schaden des Standortes BER sein.“ Der Bund habe einen „vernünftigen Standpunkt“, sagte Wowereit weiter und stellte klar: Zuständig für die Flugrouten seien die Bundesbehörden.

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