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Bedenkenswert. Auf der Sondersitzung zum Flughafen-Chaos verfolgen Ministerpräsident Matthias Platzeck (re.) und Finanzminister Helmuth Markov die Rede des CDU-Fraktionschefs Dombrowksi.

© dpa

BER-Desaster: Union fordert Platzecks Rücktritt

Die CDU wirft Brandenburgs Landeschef Versagen in der BER-Krise vor. Grüne und FDP sind nicht ganz so hart.

Wegen des Debakels um den BER-Pannenflughafen hat in Brandenburg die CDU-Opposition erstmals den Rücktritt von Matthias Platzeck gefordert, und zwar als SPD-Ministerpräsident. In einer Sondersitzung des Landtages begründete der amtierende Unions-Fraktionschef Dieter Dombrowski am Dienstag in Potsdam dies damit, dass Platzeck bislang keine Verantwortung für seine Rolle im Flughafendesaster übernommen habe, stattdessen die „personifizierte Nichtzuständigkeit“ sei und „politisch und moralisch“ versagt habe. „Übernehmen Sie, Herr Ministerpräsident, einmal und glaubwürdig Verantwortung und stellen Sie Ihr Amt zur Verfügung“, sagte Dombrowski. Die Reaktion des Regierungschefs, der unmittelbar danach ans Pult trat, fiel knapp aus: Diese Forderung sei „keinen Kommentar“ wert.

Mit dieser Eskalation steht die märkische CDU, die zum BER-Flughafen eine andere Linie als die Berliner Union und die Bundespartei fährt, bisher allein. Im Berliner Abgeordnetenhaus gibt es bisher keine Fraktion, die den Rücktritt Wowereits als Regierender Bürgermeister fordert. In Brandenburg gingen die anderen Oppositionsfraktionen Grüne und FDP auf Distanz zur CDU. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sprach von „sinnloser Effekthascherei“. FDP und Grünen drängen allerdings auf den Rückzug Platzecks aus dem Aufsichtsrat, was dieser weiterhin ablehnt.

Reaktionen auf die neuerliche Termin-Verschiebung:

In der gut dreistündigen Plenardebatte auf Antrag der CDU, in der zu den BER-Dauerunwägbarkeiten um Eröffnungstermin, Mehrkosten und Schallschutz keine neuen Fakten bekannt wurden, hatte Brandenburgs Regierungschef zuvor der Union „Heuchelei“ vorgeworfen. Der CDU gehe es gar nicht um den Flughafen, nicht um die Kosten, sagte Platzeck: „Sagen Sie es doch den Leuten ehrlich: Sie wollen mir an den Kragen!“ Die Union setze darauf, „Angst und Unsicherheit“ um den Airport zu verbreiten, der „langfristig“ aber enorme Effekte für Wirtschaft und Bevölkerungswachstum haben werde, wie es alle Flughafenregionen der Welt vormachten. Mit Blick auf die Landtagswahl 2014 schloss Platzeck, der von 2002 bis 2009 mit der CDU regiert hatte, indirekt eine Regierungskoalition mit der Union aus. Die sei in ihrem „erschreckenden Zustand“ nicht imstande, Verantwortung für Brandenburg zu übernehmen. „Wir werden das Flughafen-Projekt zu Ende bringen, solide finanziert“, versicherte der am Vortag gewählte neue Linke-Fraktionschef Christian Görke in seiner Jungfernrede.

Video: Vier Wochen für einen neuen BER-Eröffnungstermin

Im Landtagsplenum rückten am Dienstag erstmals die BER-Folgen für den Haushalt des finanzschwachen Landes ins Zentrum. Dombrowski rechnete Platzeck vor, dass mit den bisher kalkulierten Mehrkosten von rund einer halben Milliarde – vorsorglich hat die rot-rote Regierung über 600 Millionen Euro im Etat 2013/14 eingestellt – jede zweite Straße im Land saniert, 4500 Lehrer oder Polizisten zwei Jahre bezahlt werden könnten. „Es ist das Doppelte von dem, was Brandenburg jährlich für Kindertagesstätten oder seine Hochschulen ausgibt.“ Für Brandenburg sei das BER-Debakel „Griechenland im Kleinformat“, sagte Grünen-Fraktionschef Vogel, der die Privatisierung der staatlichen Flughafengesellschaft forderte, die Berlin, Brandenburg und dem Bund gehört. Die Vorbreitungen dafür müssten jetzt beginnen, bereits vor einer denkbaren Auflage aus Brüssel.

Brandenburgs FDP-Fraktionschef Andreas Büttner wiederum erhielt Lob der rot-roten Koalition, weil er eine Versachlichung der Flughafen-Debatte forderte, Platzeck für den gegen Berlin und den Bund durchgesetzten Kompromiss beim Schallschutz lobte. „Das muss man einmal anerkennen“, sagte Büttner, der das jetzt realisierte Lärmschutzniveau als „volkswirtschaftliche Niederlage“ kritisierte. Dem widersprach der fraktionslose SPD-Abgeordnete Christoph Schulze scharf. Es werde das gemacht, worauf die Anwohner seit acht Jahren, in denen der Flughafen dagegen verstieß, ein Anrecht hätten.

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