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BER: Mehrkosten: 100 Millionen Euro

Die erneute Verschiebung des Eröffnungstermins wird richtig teuer. Doch schon jetzt stößt die Flughafengesellschaft an ihre finanziellen Grenzen - und die FDP wehrt sich dagegen, dass der Bund zahlt.

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Der neue Hauptstadtflughafen entwickelt sich nicht nur zur unendlichen Geschichte, er wird auch zum Finanzierungsproblem. Denn mit jedem Tag, den es länger dauert, ehe er fertiggestellt ist, fallen neue Kosten an. Und schon jetzt stößt die Flughafengesellschaft an ihre finanziellen Grenzen.

Wie teuer wird die erneute Verschiebung?

Jeder zusätzliche Monat bis zur Eröffnung des Flughafens kostet etwa 15 Millionen Euro. Sollte der Termin auf den Herbst verschoben werden, wären das Mehrkosten von rund 100 Millionen Euro. Diese Summe müsste auf die 1,177 Milliarden Euro aufgerechnet werden, die der Aufsichtsrat in seiner letzten Sitzung nannte. Weitere Zusatzkosten sind nach Auskunft des Staatssekretärs im Brandenburgischen Wirtschaftsministerium, Hennig Heidemanns, derzeit nicht absehbar. Unter Berufung auf die Flughafengesellschaft sagte er am Mittwoch, dass in den bisher identifizierten Mehrausgaben ein „genügend großer Puffer“ enthalten sei.

Ist die Flughafengesellschaft pleite?

Ein Brückenkredit von 430 Millionen Euro soll das Unternehmen bis weit ins nächste Jahr hinein zahlungsfähig halten. Diese Finanzierung müsste durch eine Patronatserklärung der Eigentümer Berlin, Brandenburg und Bund abgesichert und von der EU-Kommission als Beihilfe genehmigt werden. Die Verhandlungen mit Brüssel, die bereits laufen, sind Sache des Bundesverkehrsministeriums.

Was bedeutet die erneute Verschiebung für mögliche Schadenersatzforderungen?

Die Lufthansa hält an ihrer Maßgabe fest, wonach die Schadenersatzforderungen erst benannt werden, wenn der Flughafen wirklich eröffnet hat. „Vorher werden wir keine Zahlen nennen. Dabei bleibt es auch“, sagte Sprecher Wolfgang Weber. „Wichtig ist, dass wir in absehbarer Zeit Klarheit über den Termin haben.“ Dabei müssten eine vernünftige Probephase und ein Puffer zur Behebung der daraus entdeckten Probleme bedacht werden. Auch Air-Berlin-Chef Hartmut Mehdorn hielt sich bedeckt: Was die Mehrkosten angeht, „sind wir in einem guten Dialog mit den Flughäfen, dass wir diese Mehrkosten erstattet bekommen“. Wie hoch der Schaden sei, könne er derzeit nicht sagen. „Wir haben ja noch keinen neuen Eröffnungstermin.“

Wie viel Mehrkosten können Berlin und Brandenburg noch verkraften?

Wie viele Mehrkosten können Berlin und Brandenburg noch schultern?

Grundsätzlich gilt: Berlin und Brandenburg müssen sich entsprechend ihrem Gesellschafteranteil von 37 Prozent an den finanziellen Lasten beteiligen, die auf die öffentlichen Eigentümer des Airports zukommen. Die rot-rote Landesregierung in Potsdam hat bereits 435 Millionen Euro als Risikovorsorge in den Doppelhaushalt 2013/14 eingestellt. Davon 222 Millionen für den Schallschutz. In Berlin steht Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) bereit, dem Abgeordnetenhaus einen Nachtragshaushalt vorzulegen, um die Mehrausgaben für den Flughafen BER darzustellen. Das wurde in der Senatssitzung am Dienstag so berichtet. Allerdings reicht es, den Etat 2013 zu korrigieren. Im laufenden Jahr kommen wohl noch keine Zusatzkosten auf Berlin zu. Zahlen für das kommende Jahr werden in Berlin offiziell nicht genannt. Intern war bisher von 220 Millionen Euro die Rede, die den Landeshaushalt ab 2013 belasten könnten. Die Hoffnung der rot-schwarzen Koalition ruht auf überplanmäßigen Einnahmen (hauptsächlich aus Steuern, Bundes- und EU-Zuschüssen), um einen finanziellen Puffer aufbauen zu können. Wenn das nicht gelingt, muss der Rotstift bei öffentlichen Investitionsprojekten angesetzt werden.

Ist der Bund bereit, für zusätzliche Kosten aufzukommen?

Richtig einig ist sich der Bund noch nicht, wie er mit möglichen Mehrkosten umgeht. Die Haushaltspolitiker der schwarz-gelben Bundesregierung gehen zwar mittlerweile mehrheitlich davon aus, dass es Mehrkosten geben wird – insbesondere durch die neuerliche Verschiebung. Dass der Puffer, wie Brandenburg glaubt, ausreicht, glaubt kaum jemand. Bisher beriefen sich die Haushaltspolitiker auf die letzte Sitzung des Haushaltsausschusses vor der Sommerpause. Damals trat auch Klaus Wowereit vor dem Ausschuss auf, und von steigenden Kosten für den Bund sei damals keine Rede gewesen. Doch nun habe sich die Lage geändert. Fraglich ist nur, ob der Bund ohne Weiteres zusätzliches Geld bereitstellen wird. Denn insbesondere die FDP kündigt Widerstand an. Jürgen Koppelin, Obmann der Liberalen im Haushaltsausschuss, sieht Wowereit in der Verantwortung. Berlins Regierender Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender sei überfordert und er müsse erklären, wie er sich die Finanzierung der nun entstehenden erheblichen finanziellen Mehrkosten vorstelle. „Mit zusätzlichen finanziellen Mitteln des Bundes sollte er dabei nicht rechnen, denn diese Mittel müssten an anderen Stellen im Bundeshaushalt gestrichen werden oder die Neuverschuldung müsste erhöht werden. Da wird die FDP nicht mitmachen“, betonte Koppelin. Für die CDU ist es schwieriger. Die Christdemokraten sind in Berlin in einer Koalition mit der SPD und würden mit einer starren Verweigerungshaltung ihre Berliner Parteifreunde in Nöte bringen. Allzu leicht will die Union aber auch keine Mittel zur Verfügung stellen.

Was haben die Eigentümer bisher schon für den Flughafen gezahlt?

Von 1994 bis 2004 wurden insgesamt 225 Millionen Euro Gesellschafterdarlehen fällig (Berlin und Brandenburg je 83,1 Millionen Euro, der Bund 58,8 Millionen Euro), hauptsächlich für die Umsiedlung der Gemeinden Diepensee und Selchow. Von 2005 bis 2010 wurde das Eigenkapital der Flughafengesellschaft mit insgesamt 430 Millionen Euro Gesellschaftermitteln aufgestockt (Berlin und Brandenburg je 159,1 Millionen Euro, der Bund 111,8 Millionen Euro). Außerdem bürgen die drei Eigentümer zu hundert Prozent für 2,4 Milliarden Euro Kredite mit einer Laufzeit zwischen 10 und 25 Jahren. mit ks/kph

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