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First Lady. In Vorbereitung der Luftfahrtmesse ILA startete gestern eine Transall der Luftwaffe von der neuen Landebahn des künftigen Flughafens BER Willy Brandt in Schönefeld. Sie war hier kurz zuvor als erstes Flugzeug überhaupt gelandet.

© dpa

Erste Landung: Bundeswehr weiht neue BER-Südbahn ein

Zur Luftfahrtschau landet eine Transall als erste Maschine auf der neuen BER-Piste. In Selchow genießen Planespotter den Betrieb in der Luft vom Liegestuhl aus - hier stört sich niemand am Lärm.

Um Viertel nach vier ist es passiert. Der Flughafen-Berlin Brandenburg empfängt sein erstes Flugzeug. Eine Transall der Bundeswehr nähert sich lautlos der südlichen Rollbahn, kippt plötzlich steil nach unten, „Sarajewo-Landung“, sagt ein Luftwaffenfan, „wie im Krieg“, dann richtet sich der Koloss wieder auf und setzt auf. Von der vier Kilometer langen, bislang unberührten Südbahn des BER braucht die Transall nur wenige hundert Meter, um zum Stehen zu kommen.

Rund 50 Presseleute und Flugzeug-Enthusiasten, sogenannte Spotter, erleben diesen historischen Moment, der dem Flughafen-Management und der Messe Berlin, die gerade die Internationale Luftfahrt-Ausstellung (ILA) vorbereitet, keine Erwähnung wert war. „Nur eine interne Übung der Bundeswehr“, sagte ein ILA-Sprecher.

Eigentlich sollte ein Airbus A 380 der Lufthansa die Startbahn des BER einweihen. Am 3. Juni 2012. Das sollte der richtige, echte Premierenflug werden. Aber daraus wurde dann ja bekanntlich nichts. Die ILA ist dem BER zuvor gekommen. Für die Vorab-Nutzung des Flughafens hat die Luftfahrtbehörde eine Sondergenehmigung erteilt.

Die Bundeswehr ist größter Einzelaussteller der ILA und wird an den Publikumstagen vom 14. bis 16. September ihre Kampfjets über die Felder südlich des BER kurven lassen. Am Donnerstag wurde dafür geübt, mit zehn Tornados, Phantoms und Euro-Fightern, Die Transall verschluckte auf dem neuen Airport denn auch nur kurz einen Jeep und zwei Soldaten und hob gleich wieder ab, zurück zum Fliegerhorst Holzdorf an der Grenze zwischen Brandenburg und Sachsen-Anhalt.

Während das BER-Terminal samt Airport-City völlig ausgestorben seiner Eröffnung entgegendämmert, ist am Flughafenzaun westlich der Landebahnen jeden Tag was los. Auf dem Kienitzberg südlich vom Selchower ILA-Gelände treffen sich am heutigen Freitag und Samstagfrüh wieder die Spotter. Dann laufen auf der BER-Südbahn die Generalproben für die Vorführungen auf der ILA.

An der nördlichen BER-Rollbahn, wo derzeit der gesamte Flugverkehr von Schönefeld-Alt abgewickelt wird, liegt die Spotterbar „45 über null“. Dort können die Gäste im Liegestuhl unter freiem Himmel wegdösen, bis sie vom Krach des nächsten Jumbos geweckt werden. Die Bar liegt direkt unter der Einflugschneise, auf einer Wiese zwischen Selchow und Waßmannsdorf.

Essen, Cocktails, Flugzeuge

Abgeschleppt. Die Bundeswehr hat als größter Einzelaussteller auf der Luft- und Raumfahrtausstellung viel zu tun. Am Donnerstag wies ein Feldwebel der Luftwaffe den Fahrer des Schleppers mit einem Eurofighter auf seinen Standplatz ein.
Abgeschleppt. Die Bundeswehr hat als größter Einzelaussteller auf der Luft- und Raumfahrtausstellung viel zu tun. Am Donnerstag wies ein Feldwebel der Luftwaffe den Fahrer des Schleppers mit einem Eurofighter auf seinen Standplatz ein.

© dapd

Dieter Weber, pensionierter Mathelehrer aus Potsdam, verlebt hier viele sonnige Nachmittage. Die Spotter-App auf seinem Handy zeigt ihm alle Daten zum Flugzeug an, das gerade über ihm schwebt. „Sonst drücken wir Spotter uns immer an Zäunen herum“, sagt Weber. So eine Bar mit Liegestühlen, das sei schon ideal.

Die Barbetreiber Kai Sauerwald und Sven Böhme wurden von ihren Freunden phasenweise für verrückt erklärt. Eine Cocktailbar mitten in der Pampa? Doch „45 über null“ – benannt nach der vorgeschriebenen Maximal-Firsthöhe der Barhütte – funktioniert trotz der BER-Pleite besser als erhofft.

Zu den „Chill & Grill“-Events am Wochenende, mit DJ-Musik, Würstchen und Caipirinhas versammeln sich schon mal 150 Leute auf dem Grundstück. Nicht unbedingt Berliner Partyhopper, eher junge Leute aus der Umgebung und Familien, die mit dem Fahrrad unterwegs sind. Wegen der bevorstehenden ILA kommen viele Messemitarbeiter zum Mittagessen, denn die Bar ist zugleich Hofladen und Imbiss der Selchower Bauerndynastie Sauerwald. Den Laden mit Fleisch- und Wurstwaren aus eigener Schlachtung gibt es schon seit 1990.

Entstanden ist die Idee zur Bar ganz allmählich beim Zusammensitzen und Herumalbern, erzählen Böhme und Sauerwald, die seit vielen Jahren befreundet sind. Böhme hat vorher als Barkeeper im Adlon gearbeitet und suchte etwas Eigenes. Sauerwald musste zeitweise um seine wirtschaftliche Existenz fürchten, weil die Bauarbeiten für die Bahn-Anbindung des BER die Zufahrt zum Hofladen blockierte, der früher auf dem Vierseithof der Sauerwalds in Selchow untergebracht war.

Ein neues Grundstück wurde gepachtet, aus Spaß stellten die Freunde ein paar Liegestühle auf, feierten eine Party und erkannten, dass die Kombination Essen-Cocktails-Flugzeuge gut ankam. Bauarbeiter kamen zum Imbiss vorbei, auch Schönefelds Bürgermeister Udo Haase fand den Stützpunkt am künftigen Radweg rund um das Flughafengelände ideal.

Zwei Jahre dauerte es, bis Sauerwald dann endlich alle Genehmigungen für den Bau eines Holzhauses unterhalb der Einflugschneise zusammen hatte. „Die wollten genau wissen, was wir vorhaben.“ Eine Lichtshow, die Piloten irritieren könnte, ist genauso tabu wie ein großes Maifeuer.

Anfang des Jahres wurde der Grundstein gelegt, zusammen mit dem BER wollten sie im Juni dieses Jahres eröffnen. Der Druckauftrag für 10 000 Flyer war gerade freigegeben, als die Nachricht von der Verschiebung der Eröffnung eintrudelte. „Sehr ärgerlich“, sagt Kai Sauerwald, aber dem Geschäft sei es bislang nicht wirklich abträglich . Hätten sie ihre Bar allerdings direkt am Terminal des BER geplant oder an der bislang ungenutzten Südbahn, wären sie jetzt womöglich ruiniert.

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