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Klaus Wowereit (SPD) musste sich in der Aktuellen Stunde viel Kritik zum BER-Desaster anhören.

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Live-Blog zum Nachlesen: "Herr Wowereit, etwas Demut stünde Ihnen gut zu Gesicht"

Aktuelle Stunde im Berliner Abgeordnetenhaus: Die rot-schwarze Koalition musste zum Flughafen-Debakel Stellung beziehen und sich viel Kritik anhören. Die Zusatzkosten sind laut Wowereit "nicht quantifizierbar". Lesen Sie die Geschehnisse in unserem Live-Blog nach.

16:28 Uhr: Die Aktuelle Stunde ist zu Ende. Wir schließen damit auch unseren Live-Blog.

16:17 Uhr: Für die Piraten spricht nun Co-Fraktionschef Christopher Lauer. " Sie machen das echt gut, Herr Wowereit", beginnt er. "Machen Sie irgendwas mit Politik?" Dann wird er ernsthafter: Wären die tatsächlichen Kosten von Anfang bekannt gewesen, wäre der Flughafen nie genehmigt worden, sagt Lauer. Ein Aufsichtsrat habe im wesentlichen zwei Aufgaben: sicherzustellen, dass Zeitplan und Kostenrahmen eingehalten werden. "Sie haben versagt", sagt Lauer in Richtung des Regierenden Bürgermeisters.

16:02 Uhr: Zumindest in der Frage, wer die Flughafen-Mehrkosten tragen soll, wird Wowereit ein wenig konkreter und deutet an, dass die Mehrkosten zu Lasten der Flughafengesellschaft gehen sollen. Anders verhalte es sich beim Extrageld, das für den besseren Lärmschutz fällig wird: Diese Kosten wären so oder so entstanden, sagt Wowereit, und deshalb seien sie keine Kosten der Verschiebung. Rund 300 Millionen Euro Mehrkosten seien originär durch die Verschiebung entstanden, und hier sei die Flughafengesellschaft gefragt. Im Übrigen werde Finanzsenator Nußbaum selbstverständlich unmittelbar nach der anstehenden Entscheidung des Aufsichtsrats einen Nachtragshaushalt vorlegen. Die Sorge, soziale Projekte könnten leiden, weist Wowereit als unbegründet zurück. Dann kritisiert er Bundespolitiker, die sich skeptisch gezeigt haben, ob der Bund bei der Finanzierung der Mehrkosten einspringen soll - diese Spitze dürfte in Richtung der FDP gehen. Für ihn gelte, was Verkehrsstaatssekretär Rainer Bomba gesagt habe, sagt Wowereit, und betont, dass der Bund mit in der Verantwortung stehe. Schließlich bittet er um Verständnis dafür, nicht alle Fragen heute beantworten zu können - und kündigt an, nach der Aufsichtsratssitzung am 14. September das Abgeordnetenhaus zu informieren

Bildergalerie: Die Hängepartie um den Flughafen geht weiter

15:55 Uhr: Nun spricht Klaus Wowereit - und reagiert gleich auf den Vorwurf, Berlin habe den Mentalitätswandel nach dem Bankenskandal verschlafen. "Selbstverständlich" habe dieser Wandel stattgefunden, sagt Wowereit, und kündigt dann an, konstruktiv im Untersuchungsausschuss mitarbeiten zu wollen. Den Piraten Höfinghoff weist Wowereit noch einmal zurecht: Auch die Piraten hätten sich an Vertraulichkeiten zu halten. Bei dem umstrittenen Vorfall hatten die Piraten allerdings den Vorwurf zurückgewiesen, Vertraulichkeit gebrochen zu haben. Sie sagten, die Version des Dokuments, das ihnen vorlag, sei nicht als vertraulich gekennzeichnet gewesen.

Danach geht es an die eigentliche Stellungnahme von Wowereit - und der verteidigt den Ex-Koalitionspartner Linke. Oliver Friedrici (CDU) war Ex-Wirtschaftssenator Harald Wolf angegangen, nun hält Wowereit dagegen, Wolf habe eine gute Arbeit geleistet. Dann aber weist auch Wowereit nochmal darauf hin, dass die Linke heute manches kritisiere, was sie einst mitgetragen habe - so etwa die Summen, die für den Lärmschutz eingeplant wurden.

Bilder von der BER-Baustelle

In der Tat sei durch den Rausschmiss von Ex-Chefplaner Manfred Körtgen eine Verzögerung entstanden, gibt Wowereit danach zu. Dennoch sei der "harte Schnitt" notwendig gewesen, weil das Vertrauen zerstört gewesen sei. Den Vorwurf, die Festlegung auf Eröffnungstermine sei politisch motiviert gewesen, weist Wowereit anschließend zurück. Auch der 17. März 2013 sei von Technikern entwickelt worden, sagt Wowereit. "Selbstverständlich" sei bei der Öffentlichkeit nun Misstrauen hinsichtlich der Termine da - und gerade deshalb solle ja der neue Planungschef Amman die Zeit bekommen, die er brauche. Kurz gesagt: Auch heute ist, wie erwartet, von Klaus Wowereit keine Aussage zum Eröffnungstermin zu hören. Recherchen des Tagesspiegels hatten zu Beginn dieser Woche ergeben, dass mittlerweile eine Eröffnung im Jahr 2014 als hochwahrscheinliches Szenario gehandelt wird. Wowereit teilt nun in Richtung der Medien aus: Man produziere sich selbst die Ente, sagt er, und er wundere sich über all die vermeintlichen "Kronzeugen", die mit den Medien sprechen.

Video: Casdorff antwortet Tagesspiegel-Lesern

15:45 Uhr: Für die Piraten spricht nun Oliver Höfinghoff. Man könne zwar den Senat nicht allein für das Desaster verantwortlich machen - aber Vertreter des Landes Berlin ebenso wie Klaus Wowereit und Frank Henkel hätten die Geschäftsführung offensichtlich nicht gut genug kontrolliert. Die Argumentation, man hätte sich auf Berichte verlassen müssen, wolle man "nicht durchgehen" lassen. Auch Höfinghoff zieht die Parallele zum Berliner Bankenskandal. Es gebe zwei Möglichkeiten, sagt Höfinghoff: Entweder Wowereit und Co. hätten sich nicht die notwendigen Informationen besorgt - oder sie hätten die Informationen gehabt, vor der Öffentlichkeit aber verschwiegen. Beides kritisiert Höfinghoff - und erinnert an den Juni, als es noch geheißen habe, dass der März 2013 als Eröffnungstermin gesichert sei.

Dann mokiert sich Oliver Höfinghoff über eine Begebenheit, bei der Klaus Wowereit sich über die Veröffentlichung von Dokumenten in Zusammenhang mit dem Flughafen-Desaster empörte. Diese "Befindlichkeiten eines Provinzpolitikers" hätten zurückzustehen, sagt Höfinghoff. "Ich weiß gar nicht, wie sie noch ruhig schlafen können", sagt Höfinghoff schließlich in Richtung von Klaus Wowereit. "Etwas Demut stünde ihnen hier gut zu Gesicht, auch wenn das mit dem Selbstbild eines fröhlichen Sonnenkönigs schwer zu vereinbaren scheint."

"Wir stehen zum BER, in guten wie in schlechten Zeiten"

15:30 Uhr: "Absolut unterirdisch" sei das Geschehen, sagt Udo Wolf von der Linksfraktion. Der Verlauf der Debatte zeige, dass es sinnvoll gewesen wäre, wenn Wowereit am Anfang Stellung bezogen hätte - statt einem kleinlichen Hickhack um die Frage, wer die Einsetzung des Untersuchungsausschusses verzögert habe, Raum zu geben. An die Adresse der Fraktionschefs Raed Saleh (SPD) und Florian Graf (CDU) sagt Wolf, es sei "ganz schön feige", dass sie Abgeordnete aus den hinteren Reihen vorschickten. Und auch Wowereit kritisiert Wolf: Vom Regierenden erwarte er heute zwar keinen fixen Termin für die Flughafeneröffnung - aber zumindest einen klaren Plan, wie es nun weitergehen solle.

Dann bekommt Frank Henkel sein Fett weg - der trage auch Verantwortung, stelle sich aber tot, sagt Wolf. Dann spricht Wolf die erwarteten Mehrkosten von rund 1,2 Milliarden Euro an - eine der kursierenden Zahlen. Wolle das Land Eigenkapital nachschießen oder Kredite vergeben? "Wie ist sichergestellt, dass die Flughafengesellschaft in ein paar Monaten noch ihre Rechnungen bezahlen kann?", fragt Wolf und fordert konkrete Entscheidungen. Und bei dem, was Wolf dann sagt, gibt er ganz den linken Oppositionspolitiker. Seine Fraktion werde keine Kürzungen im Sozialbereich mittragen, um die Flughafen-Mehrkosten zu finanzieren - zumindest das, was nun an Kosten hinzukommt, müsse die Flughafengesellschaft "selbst wieder einspielen". Rücktritte will auch Wolf jetzt nicht fordern. "Hals über Kopf Leute rauszuwerfen, ohne zu wissen, wie es weitergehen soll, ist nicht besonders schlau." Er verweist darauf, dass sich der Baufortschritt noch einmal deutlich verzögert hat, seit die Flughafenplaner ausgetauscht wurden. Schließlich fordert Wolf, den Umweg über die Ausschüsse zu sparen und den Untersuchungsausschuss gleich heute einzusetzen. Das hätten auch Grüne und Piraten gern - Rot-Schwarz aber kann sich auf das übliche Verfahren mit dem Umweg über die Ausschüsse berufen.

Video: Casdorff antwortet Tagesspiegel-Lesern

15:20 Uhr: Uhr Jetzt ist wieder die Regierungskoalition dran. "Wir stehen zum BER, in guten wie in schlechten Zeiten - und das unterscheidet uns von der Opposition", sagt der CDU-Abgeordnete Oliver Friederici. 1996, als über den Flughafen zu entscheiden war, habe es völlig andere Voraussetzungen gegeben, niemand habe ahnen können, wie stark die Fluggastzahlen seitdem gestiegen sind. Er dankt den Unternehmen, die sich am neuen Flughafen ansiedeln wollen und kommt dann auf das umstrittene Thema Lärmschutz zu sprechen: Durch die jüngste Einigung auf einen erweiterten Schallschutz sei Vertrauen "wieder hergestellt" worden. Allerdings: Tatsächlich bleibt die Einigung hinter dem Standard, den das Oberverwaltungsgericht vorgegeben hatte, ein Stück weit zurück.

Friederici versucht als nächstes, die Verantwortung der Aufsichtsräte zu relativieren. Fürs operative Geschäft sei nun einmal die Geschäftsführung zuständig, der Aufsichtsrat kontrolliere nur und sei dabei auf die Informationen angewiesen, die die Geschäftsführung bereitstelle.

Schließlich bekommt noch Harald Wolf, der ehemalige Wirtschaftssenator der Linkspartei, Kritik zu hören: Dieser habe einen maßgeblichen Anteil daran, dass der Flughafen zu klein gebaut wurde, denn Wolf habe noch bis zum Ende seiner Amtszeit stets beteuert, der Flughafen sei groß genug. Wolf reagiert mit einem schallenden Lachen auf diese Spitze.

Schließlich wirft Friedrici der Opposition vor, sie habe sich in der Sommerpause um die Zusammenarbeit in Sachen Untersuchungsausschuss gedrückt. Nach neun Wochen Ferien habe es dann plötzlich ganz schnell gehen sollen. Vorher hatte Ramona Pop denselben Vorwurf in die umgekehrte Richtung geäußert: Es sei die Koalition gewesen, die einer zügigen Einsetzung des Ausschusses im Weg gestanden habe.

Bildergalerie: Die Hängepartie um den Flughafen geht weiter

Eine "glasklare Aussage" zum Eröffnungstermin erwarte man von der Flughafengesellschaft und Geschäftsführer Rainer Schwarz, sagt Friedrici abschließend und spricht von einer Eröffnung im Jahr 2013 - allerdings mit einem interessanten Zusatz: "hoffentlich 2013", sagt Friederici.

15:15 Uhr: Die eben angesprochene Ramona Pop tritt ans Rednerpult - und kontert in Richtung von Kreins. Sie wundere sich doch sehr, dass Klaus Wowereit heute keine Regierungserklärung abgebe, sondern Rot-Schwarz stattdessen "die dritte oder vierte Reihe" nach vorne schicke. "Sie mauern und tauchen ab", wirft Pop dem Regierenden Bürgermeister vor und fordert ihn auf endlich für Klarheit zu sorgen. Die vielen Spekulationen um die Lage des Flughafens beschädige das Bild Berlins in der Welt. "Nur Sie, Herr Wowereit, können diese Hängepartie beenden", sagt Pop. "Wie konnte es soweit kommen, dass inzwischen weltweit der Name BER für Pfusch und Pannen steht?"

Die Kostensteigerungen wolle sie nicht schulterzuckend hinnehmen, sagt Pop - mit dieser Tradition müsse in Berlin endlich Schluss sein. Sie erinnert an den Berliner Bankenskandal und wertet das BER-Debakel als Beleg dafür, dass Klaus Wowereit den damals versprochenen Mentalitätswandel verpasst habe.

Wowereit: Die Unternehmen jetzt „geänderte Pläne, die verlässlich sind“

15:02 Uhr: Der Antrag, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, wird heute aller Voraussicht nach erst einmal in die Ausschüsse verwiesen. Spätestens nach den Herbstferien dürfte der Ausschuss dann aber offiziell eingesetzt werden. "Wir werden uns aktiv an der Aufarbeitung der benannten Sachfragen beteiligen", sagt Kreins. Man werde aber nicht wahllos Rücktritte fordern, das Thema skandalisieren oder die grundsätzliche Bedeutung des Flughafens in Frage ziehen. "Frau Kollegin Pop, mich haben auch die Journalisten angerufen und gefragt, wann und ob Herr Schwarz zurücktreten soll. Ich hätte nur "Ja" und "heute" sagen müssen, und es wäre eine Story draus geworden." Das aber, sagt Kreins, hätte am Sachverhalt nichts geändert.

Lob gibt es hingegen für die piratische Opposition: Martin Delius, der designierte Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, habe sich mit einer kleinen Vielzahl von kleinen Anfragen an das Thema herangepirscht, sagt Kreins - und schlägt der Grünen Pop vor, sich daran ein Vorbild zu nehmen.

Bildergalerie: Die Hängepartie um den Flughafen geht weiter

14:53 Uhr: Jetzt geht es los. In einer Aktuellen Stunde muss Rot-Schwarz vor dem Berliner Abgeordnetenhaus zum Flughafen-Debakel Stellung beziehen. Der Tagesordnungspunkt wurde verbunden mit der notwendigen Beratung zur Einsetzung des Flughafen-Untersuchungsausschusses. Als erster spricht in der Aktuellen Stunde Ole Kreins für die SPD. Es habe sich in den letzten zwei Monaten "kaum einen neuen Kenntnisstand" gegeben, sagt Kreins und kommt dann auf den Fragenkatalog zu sprechen, den die Opposition für den Untersuchungsausschuss vorgelegt hat. Darunter seien auch Fragen, die schon ausführlich beantwortet worden seien, behauptet Kreins - beispielsweise sei schon erschöpfend dargelegt, warum die Flughafeneröffnung im Juni kurzfristig verschoben werden musste. Aufklärungsbedarf sieht der Abgeordnete, der noch einmal das Stichwort Entrauchungsanlage ins Feld führt, hier offenbar nicht mehr.

14:11 Uhr: Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) kann über den Umfang fehlender oder fehlerhafter Planungsunterlagen für den Hauptstadtflughafen in Schönefeld noch keine Aussagen treffen. Das werde derzeit vom neuen Technikgeschäftsführer Horst Amann geprüft, sagte Wowereit, der zugleich Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft ist, am Donnerstag vor der Aktuellen Stunde im Berliner Abgeordnetenhaus. Er bat um Verständnis, dass die Auswirkungen auf den Eröffnungstermin und die Kosten deshalb noch „nicht quantifizierbar“ seien.

Der Vertrag mit dem Generalplaner war fristlos gekündigt worden, nachdem der für 3. Juni geplante Eröffnungstermin unter anderem wegen Problemen mit der Brandschutzanlage abgesagt werden musste. Als Grund nannte die Flughafengesellschaft die „mangelhafte Koordinierung“ bei der Bauüberwachung. Die Betreibergesellschaft wollte die Aufgaben künftig selbst übernehmen.

Nach Darstellung Wowereits brauchen die Unternehmen jetzt „geänderte Pläne, die verlässlich sind“. Derzeit würden neue Strukturen dafür aufgebaut, wobei einige Planer weiter beschäftigt würden. Die Inbetriebnahme des Airports ist für 17. März 2013 vorgesehen. Experten bezweifeln jedoch, dass dieser Termin gehalten werden kann. (mit dapd)

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