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Berlin: Bereitschaft rund um die Uhr Herzzentrum will Ärzte 24 Stunden abrufbar haben. Aufsichtsamt: rechtswidrig

Chirurgen, die auf die Uhr schauen, kann Roland Hetzer, Ärztlicher Direktor des Deutschen Herzzentrums in Wedding, nicht verstehen. Während sich Chefs anderer Kliniken die Köpfe zerbrechen, wie sie die Ruhezeiten der Mediziner besser regeln können – Kritiker sehen in übermüdeten Ärzten eine Gefahr für die Patienten –, fordert der Chef des Herzzentrums von seinen Mitarbeitern, rund um die Uhr erreichbar zu sein.

Chirurgen, die auf die Uhr schauen, kann Roland Hetzer, Ärztlicher Direktor des Deutschen Herzzentrums in Wedding, nicht verstehen. Während sich Chefs anderer Kliniken die Köpfe zerbrechen, wie sie die Ruhezeiten der Mediziner besser regeln können – Kritiker sehen in übermüdeten Ärzten eine Gefahr für die Patienten –, fordert der Chef des Herzzentrums von seinen Mitarbeitern, rund um die Uhr erreichbar zu sein. In einer Mitteilung vom Dezember vergangenen Jahres, die dem Tagesspiegel vorliegt, stellt er für alle Operateure und Weiterbildungsassistenten für Herzchirurgie die ab 2005 geltende Regel auf, „dass Sie zu jeder Zeit erreichbar sind, unabhängig davon, ob Sie im Frei sind oder im Urlaub oder sonstwie nicht anwesend.“ Sollte es zu „irgendwelchen Problemen der von Ihnen operierten Patienten“ kommen, werde man zuallererst den verantwortlichen Operateur informieren. Könne der nicht selbst präsent sein, sei es „leicht zu arrangieren“, einen Kollegen mit der Betreuung des Patienten zu betrauen, der „eigentlich in Ihre Verantwortung fiele“. So wolle er erreichen, dass die Chirurgen alle „operativen Maßnahmen (…) zum einen wohl durchdacht und ernst vornehmen und zum anderen auch in einer erwachsenen und einem Chirurgen angemessenen Weise den Verlauf des Patienten begleiten.“

Dem Chef des Herzzentrums ist offenbar bewusst, dass diese Regel mit dem Arbeitszeitgesetz kollidieren könnte. „Ich weiß sehr wohl, dass dies unter den gegenwärtigen arbeitsrechtlichen Bedingungen eine hohe Forderung darstellt“, schreibt Hetzer. Aber: „Denjenigen von Ihnen, die sich nicht in der Lage sehen, sich einem so umfassenden Patientenmanagement zu stellen, würde ich dann freistellen, dass Sie alternativ auf den Stationen Dienst tun.“ Das würde für die Chirurgen das Ende ihrer Karriere bedeuten. Ohne Operationen durchzuführen, kommen sie in ihrem Beruf nicht voran.

Mit seiner Regel könnte sich Hetzer Ärger mit den Aufsichtsbehörden einhandeln. Eine solche Festlegung sei „hundertprozentig rechtswidrig“, sagt Robert Rath vom Berliner Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit, das unter anderem für die Überwachung der Arbeitszeiten in Krankenhäusern zuständig ist. „Die Klinikleitung verlangt eine Bereitschaft rund um die Uhr. Das geht weit über die gesetzlichen Vorgaben hinaus.“ Der Arbeitnehmer könne deren Erfüllung also ablehnen. Das Amt selbst werde aber erst aufgrund einer Beschwerde einschreiten können und zum Beispiel die Verhängung von Bußgeldern prüfen.

Matthias Albrecht, Landesvorsitzender des Marburger Bundes, der Gewerkschaft der Klinikärzte, nennt die Forderung des Herzzentrums-Chefs „einen außergewöhnlichen Hammer, auch weil sie mit einer massiven Drohung verbunden ist.“ Der Urlaub sei tabu.

Das Herzzentrum lehnte eine Stellungnahme ab. „Das ist eindeutig ein interner Brief von Professor Hetzer an seine Mitarbeiter. So etwas kommentieren wir nicht“, sagt die Sprecherin des Herzzentrums, Barbara Nickolaus.

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