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Der Koalitionsvertrag ist festgezurrt, die Hauptstadt kann sich freuen.

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BERkenntnis zur Hauptstadt: Berlin gewinnt durch den Koalitionsvertrag

Übernahme zusätzlicher Kosten für den Flughafen BER, Bau des Stadtschlosses, Stärkung der Kulturlandschaft: So wirkt sich der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD im Bund auf die Hauptstadt aus.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Jetzt steht tatsächlich im Koalitionsvertrag: „Der Bund bekennt sich zum Bau des Flughafens Berlin-Brandenburg“. Also auch zur Übernahme zusätzlicher Kosten, entsprechend dem Gesellschafteranteil von 26 Prozent. Dazu gibt es eine weitere gute Nachricht für das hoch verschuldete Berlin: Die neue schwarz-rote Koalition im Bund hat sich im Koalitionsvertrag bereit erklärt, die Kommunen bei der Eingliederung von Menschen mit Behinderung finanziell zu unterstützen. Dafür werden bundesweit 15 Milliarden Euro jährlich ausgegeben, allein in Berlin fast 700 Millionen Euro. Ein Drittel der Kosten (5 Milliarden Euro) will künftig der Bund übernehmen. Das würde den Berliner Haushalt jedes Jahr um 230 Millionen Euro entlasten.

Hilfen für den Stadtstaat

Die Städte und Gemeinden fordern dies schon lange. Nun haben es Union und Sozialdemokraten in die finanzielle Prioritätenliste der Koalitionsvereinbarung gleich an erster Stelle aufgenommen. Eine andere wichtige Sozialhilfe, die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit, hat der Bund bereits schrittweise übernommen, ab 2014 komplett. Das entlastet den Stadtstaat Berlin um jährlich 400 Millionen Euro.

Weitere Unterstützung in zweistelliger Milliardenhöhe sichert Schwarz-Rot den Ländernund Kommunen bei der Finanzierung von Kitas, Schulen, Hochschulen und außeruniversitärer Forschung zu. Auch bei der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur und der Städtebauförderung wird draufgelegt – Bereiche, die für Berlin außerordentlich wichtig sind. Zusätzliche Bundesmittel für die Hauptstadt in dreistelliger Millionenhöhe jährlich rücken damit in den Bereich der Möglichkeit.

Hauptstadtfinanzierung

Der Hauptstadtfinanzierungsvertrag, der Ende 2017 ausläuft, regelt die Mittelvergabe für gesamtstaatliche Repräsentation und Kultur, hauptstadtbedingte Sicherheit und die Verlängerung der U-Bahnlinie 5. Union und SPD garantieren nun den Abschluss eines Folgevertrags, „mit dem alle grundsätzlichen Fragen der gesamtstaatlichen Repräsentation des Bundes in der Hauptstadt und die damit verbundene Kulturfinanzierung einvernehmlich und verbindlich geregelt werden“. Offen bleibt, ob auch der Dauerstreit um die Finanzierung der inneren Sicherheit für Parlament, Regierung und Botschaften beigelegt werden kann. Dem Land Berlin entstehen dadurch jährliche Ausgaben von über 100 Millionen Euro, der Bund zahlt aber nur 60 Millionen Euro pro Jahr als Kostenausgleich. Ein Entgegenkommen wurde bisher nicht signalisiert.

Berliner Kultur

Im Koalitionsvertrag wird, wie berichtet, ein klares Bekenntnis zum Bau des Stadtschlosses (Humboldtforum) als „zentraler städtebaulicher Ankerpunkt“ in Berlins historischer Mitte abgegeben. Das gilt nicht nur für die Baufinanzierung, sondern auch für einen Teil der Folgekosten. Außerdem wollen CDU/CSU und SPD „die Arbeit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz stärken“ und die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten „weiter unterstützen“. Mit welchen Summen, wird nicht gesagt. Unterstützung wird auch zugesagt für den Umzug des Alliierten-Museums aufs Tempelhofer Feld und den Ausbau der ehemaligen Stasi-Zentrale in Lichtenberg „als Ort der Aufklärung über Diktatur und Widerstand“.

Die Open-Air-Ausstellung „Friedliche Revolution 1989“ am Alexanderplatz und das Archiv der DDR-Opposition sollen mit Bundeshilfe dauerhaft gesichert werden. Für die Koordinierungsstelle bei der Berliner Staatsbibliothek „zur Erhaltung des schriftlichen Kulturguts“ in Deutschland wird ein Bund-Länder-Förderprogramm angekündigt. Und das Bauhaus-Archiv bekommt Geld für das vorrangig in Weimar, Dessau und Berlin 2019 gefeierte Bauhaus-Jubiläum.

Wohnen, Mieten, Städtebau

Für genossenschaftliches Wohnen sollen die finanziellen Rahmenbedingungen verbessert und zusätzlich studentischer Wohnraum geschaffen werden. Beides ist für Berlin von Bedeutung. Ebenso die Verpflichtung des Bundes, mit seinen quer durch Deutschland verteilten Liegenschaften mehr „Rücksicht auf die vielen am Gemeinwohl orientierten Vorhaben der Kommunen“ zu nehmen. Dazu gehört auch die verbilligte und beschleunigte Abgabe von Grundstücken durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), die allein in Berlin mehrere tausend Wohnungen und einige hundert Gewerbeimmobilien verwaltet.

Neue Fördermittel des Bundes für den sozialen Wohnungsbau, neue Regeln für die Deckelung der Mieten und der Ausbau der zeitweise vernachlässigten Städtebauförderung und des Programms „Soziale Stadt“ könnten sich ebenfalls vorteilhaft auf die Hauptstadt auswirken.

Verkehr

Ob und an welcher Stelle Berlin von dem neuen Bundesverkehrswegeplan für die Jahre 2015-2030 profitieren wird, ist offen. Das Versprechen einer „verlässlichen Anschlussfinanzierung“ für den öffentlichen Personennahverkehr und den kommunalen Straßenbau ist jedenfalls eine gute Nachricht. Ebenso das Bekenntnis zur Verbesserung des Schienenverkehrs nach Polen und Tschechien.

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