zum Hauptinhalt
Die Türen des Geldtransporters brachen die Täter mit einer professionelle Hydraulikschere auf.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin-Alexanderplatz: Offene Fragen nach Überfall auf Geldtransporter

Auch drei Tage nach dem Raubüberfall in Mitte ist noch vieles ungeklärt. War das Geld farblich markiert? Und welche Rolle spielte der silberfarbene BMW?

Am Freitag wurde der Geldtransporter überfallen, am Sonnabend zeigte sich die Staatsanwaltschaft optimistisch über einen schnellen Fahndungserfolg und am Sonntag kam die Meldung, dass die Täter keinen einzigen Euro erbeutet haben. Am Montag buk die Staatsanwaltschaft kleinere Schrippen: Per Öffentlichkeitsfahndung werden Hinweise gesucht zu einem silberfarbenen 2er-BMW, „der eine Rolle bei der Tat gespielt haben könnte“, so die offizielle Formulierung. Dieser Wagen soll am Freitag zur Tatzeit in der Alexanderstraße aufgefallen sein. Unklar blieb, ob die Täter diesen Wagen zur Absicherung der Tat oder auch als Fluchtwagen genutzt haben.

Autos waren gestohlen

Dies ist bislang bekannt: Vermutlich fünf maskierte und mit Schusswaffen bewaffnete Männer keilen in der Schillingstraße kurz vor der Ecke Alexanderstraße um 7.30 Uhr morgens einen Geldtransporter mit zwei Autos, einem Mercedes und einem Audi, ein. Mit einer Hydraulikschere brechen sie die Hecktür des Geldautos auf, die beiden Angestellten des Unternehmens WSN werden mit Waffen bedroht. Die Täter nehmen mehrere Alu-Kisten heraus, verstauen diese in der Mercedes-R-Klasse und treten die Flucht an. Beim Losfahren fällt eine der Kisten aus der offen gebliebenen Hecktür der Großraumlimousine auf die Fahrbahn. Dies zeigen Fotos der Tat, die die „B.Z.“ am Montag veröffentlichte. Auf der Flucht feuert ein Täter in der Neuen Grünstraße aus dem Mercedes heraus auf ein Polizeiauto. Der Streifenwagen wird im Kühler getroffen, die Beamten brechen die Verfolgung ab. Die beiden Polizisten werden nicht verletzt. Minuten später geht ein Reifen des Mercedes kaputt, die Täter verlassen in der Kreuzberger Feilnerstraße das nicht mehr fahrbereite Auto und steigen in einen Audi um. Die Geldkisten lassen sie im Mercedes zurück. Den Audi findet die Polizei Sonntag früh in Kreuzberg. Beide Autos waren zuvor in Berlin gestohlen worden. Wegen der Schüsse ermittelt neben dem Raubdezernat auch die Mordkommission. Da die Tat sich bei Helligkeit in der City ereignete, schaltete die Polizei eine spezielle Internetseite (berlin.de/polizei), auf der auch anonym Fotos und Filme der Tat oder der Flucht hochgeladen werden können. Aufgrund ihrer Vorgehensweise werden die Täter der organisierten Kriminalität zugerechnet.

Fahrzeuge transportieren in der Regel Summe im sechs- bis siebenstelligen Bereich

Bis zur Nachricht vom Sonntag, dass die Täter keine Beute machten, hieß es, dass die Größenordnung im sechs- bis siebenstelligen Euro-Bereich liegen könnte. Dies ist in der Regel die Summe, die mit solchen Fahrzeugen transportiert wird. Beim Überfall auf den Transporter in der Charlottenburger Leibnizstraße waren es 2016 zum Beispiel vier Millionen Euro. Auch wenn es in den letzten Jahren einige aufsehenerregenden Überfälle gab – früher war es schlimmer. 2006 und 2007 sind zum Beispiel bei zwei Überfällen in Hellersdorf und in Reinickendorf zwei Wachleute erschossen worden. Früher gab es auch mehr Raubüberfälle. Im europäischen Vergleich gibt es in Deutschland die wenigsten Taten, heißt es in der Branche. Der Rückgang dürfte mit den deutlich erhöhten Sicherheitsmaßnahmen zusammenhängen – deshalb gibt es zum Beispiel kaum noch Banküberfälle. Geldkoffer, Geldkisten und Geldautomaten sind gegen gewaltsames Öffnen gesichert, zum Beispiel durch Farbpatronen. Diese färben das Geld knallrot ein. „Die Beute wird für den Täter uninteressant“, sagt Silke Wollmann, Sprecherin der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste (BDGW). Es kann nur bei der Bundesbank gegen neue Scheine eingetauscht werden. Alternativ wird in der Branche auch künstliche DNA eingesetzt, um Banknoten zu markieren. Diese Technik verwendet seit Jahren auch die Bahn, um wertvolles Metall zu markieren und Kabeldiebe abzuschrecken.

Sicherheitsmaßnahmen werden vom Versicherer bestimmt

Warum gibt es dann trotz der Gefahr platzender Farbbomben immer noch Überfälle? „Leider hat sich das noch nicht überall herumgesprochen“, sagt Wollmann. Der BDGW ist Wirtschafts- und Arbeitgeberverband der Geldtransportunternehmen. Und wieso lässt sich ein Geldtransporter so leicht aufbrechen? Die Täter haben ein Werkzeug benutzt, das auch die Feuerwehr zum Bergen verunglückter Autofahrer einsetzt, nämlich eine professionelle Hydraulikschere, sagt Wollmann. Letztlich müsse das Auto nicht gepanzert sein, es gebe auch „andere“ Sicherheitsmaßnahmen. Details will die Sprecherin nicht nennen – aus Sicherheitsgründen.

Letztlich bestimme immer die Versicherung der Unternehmen die Sicherheitsmaßnahmen. Diamanten oder Bargeld im 100-Millionen-Bereich zum Beispiel werden deutlich stärker gesichert. Die Bundesbank setzt für Geldtransporte riesige Panzerwagen ein, die von Spezialkräften der Polizei begleitet werden.

Hinweise an das Raubkommissariat beim LKA unter Tel. 46 64 94 41 16

Zur Startseite