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Berlin: Berlin beim Krankenstand weiter Spitze

BERLIN .Die Berliner Arbeitnehmer werden immer seltener krank, halten aber nach wie wie vor den bundesdeutschen Rekord in punkto Fehltage.

BERLIN .Die Berliner Arbeitnehmer werden immer seltener krank, halten aber nach wie wie vor den bundesdeutschen Rekord in punkto Fehltage.Der AOK-Pressestelle Berlin zufolge blieben von Januar bis August diesen Jahres durchschnittlich 5,2 Prozent der beschäftigten Versicherten krank zuhause, gegenüber 5,6 Prozent im Jahr zuvor und 6,9 Prozent im Jahr 1996 In Westdeutschland betrug der Krankenstand 1997 4,3 Prozent und ein Jahr davor 5,2 Prozent.

Dabei gibt es zwischen den Branchen krasse Unterschiede in der Zahl der Fehltage.Deutschlandweit kamen städtische Betriebe wie Straßenreinigung und Müllabfuhr 1997 auf durchschnittlich 35 Krankheitstage je Mitarbeiter, bei Banken und Versicherung waren es dagegen nur zehn Tage.Im Schnitt gab es in den westlichen Bundesländern 18 Krankheitstage, in den östlichen 17, meldet der Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BKK).

Daß Berlin mit 27 Tagen je Pflichtmitglied an der Spitze liegt, hat nach BKK-Angaben vor allem strukturelle Gründe.Jürgen Wittke vom Unternehmerverband Berlin und Brandenburg erklärt, daß wegen der besonderen Witschaftsstruktur zu Mauerzeiten die Zusammensetzung der Unternehmen anders sei.Beispielsweise seien mehr Leute im öffentlichen Dienst beschäftigt.Der jetzige Strukturwandel führe zur Normalisierung, sei aber längst noch nicht abgeschlossen.

Entscheidende Ursache für den allgemeinen Rückgang der Fehlzeiten ist nach Ansicht Dieter Pienknys vom Deutschen Gewerkschaftssbund, Landesbezirk Berlin und Brandenburg, die Massenarbeitslosigkeit.Die Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes wirke disziplinierend, so Pienkny.Dabei sieht er die Gefahr, daß viele Arbeitnehmer Krankheiten verschleppen.Das könnte sich auf Dauer rächen, auch für die Unternehmer, warnt Pienkny.

Der zweite wichtige Faktor ist nach seiner Ansicht ein Trend zur Ursachenforschung in den Unternehmen.Der Gewerkschafter nennt das Beispiel Berliner Stadtreinigung (BSR).Deren Pressesprecherin Sabine Thümler weist auf einen Strauß von Maßnahmen hin, den Krankstand zu senken.Erster Punkt sei eine verbesserte Motivation der Mitarbeiter.Zum Beispiel habe der Betrieb die Gruppenarbeit bei Straßenreinigern eingeführt."Jede Gruppe hat ein eigenes Revier und teilt sich Arbeit, Urlaub und Technikeinsatz ein", so Frau Thümler."Dadurch haben die Arbeitnehmer mehr Eigenverantwortung und sehen in ihrer Arbeit einen Sinn." Desweiteren führe die BSR "Krankenrückkehrgespräche".Neben einer verbesserten Motivierung gehöre es aber auch zum Konzept, "Blaumacher" zu entlassen.Außerdem führe die Stadtreinigung eine Reihe gesundheitlicher und sozialer Maßnahmen durch.So gebe es eine Schuldner- und Alkoholberatung und einen Wettbewerb, um die niedrigste Zahl an Arbeitsunfällen.Durch dieses Paket ist es dem Unternehmen gelungen, den Krankenstand von 10 bis 11 Prozent 1995 auf jetzt sechs bis sieben Prozent zu senken.

Die Gesetzesänderung zum Krankengeld ist für Wittke vom Unternehmerverband ein wichtiger Grund.Am 1.Oktober 1996 hatte die Bundesregierung die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall von 100 auf 80 Prozent gekürzt.Obwohl die meisten Branchen per Tarifvertrag in ihren Betrieben eine 100 prozentige Lohnfortzahlung festgeschrieben haben, beeinflusse das neue Gesetz praktisch alle Unternehmen."Keine tarifliche Regelung hat es völlig ausgeblendet", sagt er.

CHRISTIAN PANTLE

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