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Hier rennt keiner weg. Der Lauf, an dem Häftlinge aus allen Berliner Gefängnissen teilnehmen, findet im Oktober in der Haftanstalt Plötzensee statt.

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Berlin bekommt 10-Kilometer-Lauf für Häftlinge: Immer an der Wand lang

Berlins Gefangene suchen ihren Meister – beim ersten Lauf von Häftlingen. Gerannt wird 10 Kilometer, nur innerhalb der Mauern. Bei der Organisation hilft jemand, der sich damit auskennt: Horst Milde, Gründer des Berlin-Marathons.

Das weltläufige Berlin mit seinem Marathon und seinen vielen Weltrekorden bekommt nun noch einen kleinen, aber ganz besonderen Lauf dazu. Am 10. Oktober können Gefangene aus allen Berliner Vollzugsanstalten in Plötzensee beim „Berliner 10-Kilometer-Knäste-Lauf“ teilnehmen. Es ist die erste Laufveranstaltung in Berlin in einem Gefängnis. Mehr als ein Jahr Vorbereitung steckt darin, und durchgeführt wird der Lauf mit einer Sorgfalt, als ob es sich um eine internationale Meisterschaft handeln würde.

Dass sich Gefangene mit sich und anderen laufend messen dürfen, hängt auch mit Horst Milde zusammen, dem Gründer des Berlin-Marathons. 40 Jahre nach dem ersten Marathon im Grunewald hilft er bei der Organisation seines ersten Gefängnislaufs. „In Plötzensee gibt es ja zweimal in der Woche ein Lauftraining, da bin ich mal mitgelaufen“, erzählt Milde. „Ein Häftling war so schön langsam wie ich, da konnte ich ihn zwischendurch fragen, ob er nicht auch mal gerne an einer Veranstaltung teilnehmen will.“

Die Atmosphäre beim Lauftraining hat Milde so beeindruckt, dass er sich bei der Senatsverwaltung für Justiz für einen Lauf einsetzte. „Mit meinem Namen renne ich zum Glück nicht nur offene Türen, sondern Wände ein“, sagt Milde. Jetzt ist Justizsenator Thomas Heilmann der Schirmherr des Laufs. „Laufen ist ja ein Sport, den im Prinzip jeder machen kann. Sie haben auch als Einsteiger schnell Erfolgserlebnisse. Da lag es auf der Hand, das gerade in der Marathonstadt Berlin auch einmal hinter Anstaltszäunen zu machen“, sagt Heilmann.

Aus jeder der acht Berliner Vollzugsanstalten dürfen bis zu zehn Läufer teilnehmen. Von außerhalb kommen noch einmal 20 Läufer, die gegen eine Spende starten. „Wir machen seit Jahren sehr gute Erfahrungen mit unseren anstaltsübergreifenden Fußballturnieren. Da sind auch regelmäßig externe Mannschaften dabei. Der Austausch ist für beide Seiten interessant“, sagt Heilmann.

Die Strecke in Plötzensee wurde nach allen Regeln der internationalen Leichtathletik vermessen. John Kunkeler, der auch für die Strecke des Berlin-Marathons verantwortlich ist, hat den Kurs abgesteckt. Gelaufen werden zehn Runden à 1000 Meter. „Einmal quer über den Rasensportplatz, aber ansonsten über Beton oder Asphalt innerhalb des Anstaltsgeländes“, sagt Kunkeler. „Es gibt Kampfrichter des Berliner Leichtathletik-Verbandes. Wenn also ein Rekord gelaufen würde, wäre der auch gültig.“

In den 80er Jahren war ein Strafgefangener mit einem Begleiter beim Berlin-Marathon gestartet und angekommen. In Darmstadt wird regelmäßig ein Marathon in der Justizvollzugsanstalt organisiert, und Olympiasieger Dieter Baumann trainierte schon mit Gefangenen. Die Veranstaltung in Berlin passt gut in die Entwicklung des Laufens, den Sport immer mehr auch zur Förderung der seelischen Gesundheit einzusetzen. Experten berichten von einer ausgleichenden Wirkung auf die Strafgefangenen, Aggressionen, wie manchmal beim Fußball, blieben aus. Wer am 10. Oktober gewinnt, hat auf jeden Fall gezeigt, dass er eine ausgezeichnete Ausdauer hat. Und wenn er mag, kann er sich noch erster Berliner Gefängnismeister nennen.

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