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Berlin: "Berlin? Berlin!": Nicht mehr als eine Kulisse

Was machen Berliner Teenager? Nicht viel Überraschendes.

Was machen Berliner Teenager? Nicht viel Überraschendes. Verlieben sich, haben Liebeskummer, schwärmen für Popstars, Pferde, Klassenkameraden. Sind abwechselnd zu Tode betrübt oder himmelhochjauchzend. Nachzulesen ist das in "Berlin? Berlin!", einem Band mit Kurzgeschichten und Gedichten, in dem vorwiegend junge Autoren über das Erwachsenwerden berichten. Das Erwachsenwerden in Berlin.

Na, wenn dem schon ein ganzes Buch gewidmet wird, dann muss das bestimmt anders sein als das Erwachsenwerden in, sagen wir, Gummersbach. Davon geht zumindest der Verlag aus: "Wir haben ausschließlich junge Autoren schreiben lassen, die in Berlin leben oder dort geboren wurden, sozusagen authentische Stimmen des Zeitgeistes", erläutert man im Ravensburger Verlag. Ist also der Geist des junger Berliners zeitiger dran als der des jungen Gummersbachers?

Nö, stellt sich heraus. Die Berlinerin Nikki ist in der Geschichte "Der Untergang von Berlin und seine Überlebenden" genauso angenervt von ihrer Mutter wie es wahrscheinlich weltweit jede andere Nikki in derselben Situation auch wäre. Und Ingo, ein paar Deziliter Hormonüberschuss im Blut, kämpft am Märchenbrunnen gegen seine Zuneigung zu einem Jungen, wie es auch der Gymnasiast aus Meckenheim bei Bonn am Brunnen vor dem Tore täte. Berlin ist hier höchstens Kulisse.

"Junge Erwachsene zwischen 12 und 20 Jahren" will der Ravensburger Verlag mit dem Berlin-Buch erreichen. Pro Jahr bringt er rund 500 Kinder- und Jugendbücher auf den Markt. Gerne gibt man hier sehr jungen Autoren die Möglichkeit fürs Debüt - was den Texten in "Berlin? Berlin!" leider manchmal anzumerken ist. Sprachlich sind die Autoren nicht immer sicher - und offenbar der Ansicht, sie seien Popliteraten, wenn sie alles kleinschreiben.

Und doch finden sich beim Blättern auch sehr hübsche und manchmal sogar wirkliche Berliner Geschichten. Wie Tanja Dückers "Villa Verde" über das Leben in einer Groß-WG in Mitte oder Anja Tuckermanns "U-Bahnlinie 7", eine Beobachtung schräger Stadtgestalten, die ins Beklemmende abrutscht, als Nazis die Bahn besteigen: "Sie brüllen, stampfen, schwitzen mit erhobenen Rechten. Und sie lachen. Hört auf!, sagt eine junge blonde schwarz bekleidete Stimme. Hört auf!"

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