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Update

Berlin-Besuch zu Ende: Papst Benedikt: Muslime sind Teil Deutschlands

Der Berlin-Besuch des Papstes ist zu Ende. Am Freitagmorgen hob Benedikt XVI. nach Erfurt ab. Zuvor hatte er sich zu Gesprächen mit muslimischen Verbänden getroffen. Die Nacht verbrachte er am Südstern.

Papst Benedikt XVI. hat am Freitagvormittag seinen 24-stündigen Berlin-Besuch beendet und ist in Richtung Erfurt aufgebrochen. Das katholische Kirchenoberhaupt stieg auf dem Flughafen Berlin-Tegel in ein Flugzeug der Flugbereitschaft der Bundeswehr. Gegen 10.45 Uhr soll er in Erfurt von Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) begrüßt werden.

Nach einem Besuch im Mariendom steht im Augustinerkloster die mit Spannung erwartete Begegnung mit Vertretern des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sowie ein ökumenischer Gottesdienst auf dem Programm. Am Nachmittag will der Papst mit dem Hubschrauber zur Wallfahrtskapelle Etzelsbach zu einer Marianischen Vesper fliegen.

Kurz vor seinem Abflug aus Berlin hatte Benedikt XVI. bei einem Treffen mit Vertretern des Islam zum gemeinsamen Einsatz von Katholiken und Muslimen für mehr soziale Gerechtigkeit aufgerufen. Als „Menschen des Glaubens“ könnten sie einen Beitrag leisten für den Aufbau einer besseren Welt, sagte das katholische Kirchenoberhaupt laut Redemanuskript am Freitag bei einer nicht öffentlichen Begegnung in Berlin.

Gläubige beider Religionen könnten ein wichtiges Zeugnis geben für den Schutz der Familie und die Ehrfurcht vor dem Leben „in jeder Phase seines natürlichen Verlaufs“. Allerdings bleibe die Notwendigkeit, „für die Wirksamkeit unserer Taten im Dialog und in der gegenseitigen Wertschätzung zu wachsen“.

Der Papst betonte ferner, dass Muslime längst zur bundesdeutschen Realität gehörten: „Die Anwesenheit zahlreicher muslimischer Familien ist seit den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zunehmend ein Merkmal dieses Landes geworden.“ Er rief dazu auf, „beständig daran zu arbeiten, sich gegenseitig besser kennenzulernen und zu verstehen“.

An der Begegnung in der Apostolischen Nuntiatur nahmen neben Kirchenfunktionären unter anderen Repräsentanten der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB), des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) und der Schiiten teil. Der Zentralratsvorsitzende Aiman A. Mazyek hatte im Vorfeld des Treffens einen Austausch auf Augenhöhe gefordert. Er halte die Spannungen zwischen Muslimen und katholischer Kirche, die der Papst mit seiner Regensburger Vorlesung vor fünf Jahren ausgelöst hatte, noch nicht für vollkommen ausgeräumt.

Die Nacht verbrachte der Papst in der Nuntiatur in der Lilienthalstraße. Als er nach der Messe im Olympiastadion gegen 21 Uhr in der vatikanischen Botschaft eintraf, demonstrierten am nahe gelegenen Südstern noch rund 300 Menschen und machten Musik. Ihr Motto: „Schlaflos in Kreuzberg“. Mit Soundsystem und Musikinstrumenten wollten sie Benedikt XVI. um den Schlaf bringen. Auch einige Böller flogen, eine Polizistin wurde durch den Wurf eines Feuerwerkskörpers leicht verletzt. Ein Demonstrant wurde vorübergehend festgenommen. Darüber hinaus blieb der Protest bis Redaktionsschluss weitgehend friedlich. Zuvor hatten sich dort am frühen Abend rund 30 als Hexen verkleidete Frauen versammelt. Xenia Fitzner, eine der Hexen, sagte: „Der Papst hat die Moderne verschlafen, deshalb singen wir Hexenlieder um den Papst um den Schlaf zu bringen.“

Lesen Sie auf Seite 2: Wie die Anwohner auf die Sperrungen reagierten

Die Anwohner in der Lilienthalstraße schimpften schon, da war der Papst noch gar nicht in sein Quartier eingekehrt. Fathi Dabak etwa. Er stand am Donnerstagvormittag vor seinem Pizzaservice und meckerte über all die Sicherheitsvorkehrungen in seinem Kiez: Sein Motorrad dürfe er nicht vor seinem Laden parken, die Laufkundschaft bleibe aus. Und wenn er eine Pizza in die Sperrzone ausliefern möchte, müsse er erst seinen Ausweis vorzeigen und dann würde ihn ein Polizist bis zur Haustür begleiten. „Das ist doch übertrieben“, sagte Dabak.

Die Lilienthalstraße, in der die Nuntiatur liegt, war am Donnerstag komplett gesperrt. Schon seit Montag durften Anwohner dort weder ihre Autos parken noch ihre Fahrräder abstellen. Etliche Polizeiautos standen gestern in der Straße, die Eingänge waren abgeriegelt und wurden von Polizisten bewacht. Am Vormittag stellten Polizisten dann auch entlang der Straße Hasenheide Absperrgitter auf. Wer reinwollte in die Sperrzone, der musste sich als Anwohner ausweisen. Ein älterer Herr, der dort mit seinem Hund Gassi gehen wollte, aber nicht hineingelassen wurde, mochte das partout nicht begreifen. „Seh’ ich so aus, als hätte ich ’ne Bombe dabei“, schnauzte er einen Beamten an und stapfte empört davon.

Am Nachmittag gegen 14.30 Uhr suchte der Papst dann zum ersten Mal sein Gästezimmer in der Nuntiatur auf – um sich auszuruhen. Als die Kolonne von 60 Fahrzeugen in die Lilienthalstraße einbog, konnte der Papst sehen, was einige Bewohner von seinem Besuch halten: „Willkommen im Gottesstaat“ oder „You’re not welcome“ stand auf Plakaten, die von Balkonen hingen. Einige Anwohner beschwerten sich außerdem, dass sie die Sperrzone weder betreten noch verlassen durften, als der Papst die Nuntiatur kurz nach 16 Uhr wieder verließ und sich in Richtung Reichstag aufmachte.

Diese Transparente dürften somit wohl auch die Stimmung vieler Einzelhändler im Kiez wiedergegeben haben. Traudel Janz etwa hatte für die Sicherheitsvorkehrungen wegen des Papstbesuchs wenig Verständnis. Ihr gehört ein Friseursalon in der Lilienthalstraße, am Donnerstag musste sie ihren Laden schließen. Dabei sei das ihr umsatzstärkster Tag, sagte sie und kündigte an: „Ich werde für eine Entschädigung kämpfen.“

Die Bäckerei Babylon hingegen, die gleich um die Ecke liegt, öffnete regulär. Es fehle an Laufkundschaft, sagte eine Mitarbeiterin. Dafür kämen an diesem Tag viele Polizisten auf eine Tasse Kaffee vorbei. Das Einzige, was sie störe, so die Mitarbeiterin, sei, dass ihr Arbeitsweg erschwert würde. Sie sei extra mit dem Rad gefahren, musste aber in der Sperrzone absteigen und schieben. „Da hätte ich zu Fuß gehen können.“ (mit dpa)

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