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Der Haupteingang des Helios-Klinikums Berlin-Buch.

© Tobias Kleinschmidt dpa

Berlin-Buch: Ärger in Stasi-Klinik: Krankenakten lagen frei rum

Agenten, Stasi-Leute, Sicherheitskräfte: Ihre Akten lagen ungeschützt in einem Krankenhaus in Berlin. Der Betreiber wendet sich nun an 25.000 Betroffene.

Es war ein Zufallsfund – weil Einbrecher sich Zutritt in ein stillgelegtes Klinik-Gebäude in Buch (Berlin-Pankow) verschafft haben, das einst zur Staatssicherheit gehörte. Nun wendet sich das Helios Klinikum Berlin-Buch in großen Zeitungsanzeigen wie am Mittwoch im Tagesspiegel an die Öffentlichkeit.

Was war geschehen? Nach dem Einbruch wurde das seit 2007 stillgelegte Gebäude am 15. Januar untersucht. Das sogenannte „Waldhaus“ gehört derzeit der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM). Bei der Untersuchung des Gebäudes in der Hobrechtsfelder Allee nach dem Einbruch stießen die Verantwortlichen auf einen alten Aktenschrank – darin lagen noch Patientenakten. Noch unklar ist, ob auch Akten gestohlen wurden. Es handelt sich nach Angaben der Berliner Datenschutzbeauftragten Maja Smoltczyk um Unterlagen von 25.000 Menschen.

Die Stasi ließ in dem Gebäude ihre Agenten behandeln

Helios weist betroffene Patienten nun darauf hin, besonders achtsam zu sein. In der Bekanntmachung heißt es: „Alle Betroffenen werden gebeten, besonders aufmerksam auf unerwartete Kenntnis von Informationen bei Dritten zu achten, die im Zusammenhang mit den entsprechenden Krankenhausbehandlungen stehen könnten und uns über entsprechende Auffälligkeiten zu informieren.“

In dem Gebäude war einst das Krankenhaus des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) untergebracht. Dort wurden Stasi-Mitarbeiter und Agenten behandelt, aber auch Sicherheitskräfte aus afrikanischen DDR-Freundesstaates. 2011 hatte das Helios Klinikum Berlin-Buch das Gebäude übernommen, 2007 wurde es geräumt. Dabei sind offenbar die Patientenakten übersehen und zurückgelassen worden.

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Nach Angaben des Klinik-Unternehmens betreffen die Unterlagen orthopädische und unfallchirurgische Eingriffe, die Betäubungsmitteldokumentationen und damals im Krankenhaus beschäftigte Mitarbeiter. „Trotz sorgfältig getroffener Maßnahmen wurde offensichtlich bei der Übergabe des Objektes an die BIM im Jahr 2007 die dortige Aufbewahrung der Unterlagen nicht zur Kenntnis genommen“, teilt Helios nun mit.

Diese Anzeige veröffentlichte das Helios Klinikum Berlin-Buch am Mittwoch im Tagesspiegel.
Diese Anzeige veröffentlichte das Helios Klinikum Berlin-Buch am Mittwoch im Tagesspiegel.

© axf

Nach dem bisherigen Stand und den Angaben des Unternehmens handelt es sich bei den gefundenen Akten um drei OP-Bücher. Darin seien die Operationen von rund 6.000 Patienten aufgelistet, die in den Jahren 1962 bis 1979 im Waldhaus operiert worden sind. Daneben lagen zwei Bücher zur Aktendokumentation aus den Jahren 1967 bis 1976 in dem Gebäude rum. Hinzu kommen 27 Aktenordner mit Fotokopie von OP-Protokollen aus den Jahren 1991 bis 1999.

Es handelt sich nach Auskunft des Helios Klinikums jedoch nicht um vollständige Patientenakten. In den Unterlagen seien lediglich operative Eingriffe aufgelistet – allerdings mit Namen und Geburtsdaten der Patienten, ebenso die Diagnosen und die behandelnden Ärzte. Die Unterlagen seien auch „unbefugten Dritten zur Kenntnis gelangt“. Zudem können „nicht ausgeschlossen werden, dass Unterlagen aus dem Objekt entwendet wurden und weitere unbefugte Dritte Einsicht in die Unterlagen nehmen konnten“.

Gemeinsam mit der BIM habe das Klinikum alle „zur Sicherung der betreffenden Unterlagen erforderlichen Maßnahmen getroffen“. Auch die Polizei sei informiert worden, die BIM werde Anzeige erstatten. Daneben sei der Vorfall Berlins Datenschutzbeauftragte Smoltczyk gemeldet worden. Die Unterlagen seien in Abstimmung mit Smoltczyk vorerst in das Archiv des Helios Klinikums Buch überführt worden. Jetzt wird wegen des Verdachts auf einen Verstoß gegen den Datenschutz ermittelt.

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