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In der Charlottenburger Kita Girasoles-Sonnenblumen werden die Kinder wohl zukünftig getrennt betreut.

© Arno Burgi/dpa

Berlin-Charlottenburg: Die Zweiklassen-Kita

Das volle Angebot nur, wenn genug gezahlt wird: Ein Kita-Träger in Berlin-Charlottenburg setzt Eltern unter Druck. Die Verwaltung schaltet sich ein.

Dieser Fall sorgt für Empörung: Eine deutsch-spanische Kita in Charlottenburg setzt Eltern unter Druck, ihrem Förderverein beizutreten und hohe Beiträge zu zahlen. Wenn nicht, so droht die Kitaleitung, dann würden die Kinder der nichtzahlenden Eltern von den anderen getrennt betreut und von zahlreichen Angeboten ausgeschlossen werden.

Ein solches Vorgehen ist nicht erlaubt. Die Kita-Aufsicht hat sich eingeschaltet, nachdem sich mehrere betroffene Eltern dort beschwert hatten. Noch in dieser Woche soll es ein Gespräch mit der Kitaleitung geben, sagte eine Sprecherin der Senatsjugendverwaltung.

"Die Kinder erhalten in der Kita weder Frühstück, noch Nachtisch, Vesper und Nachmittagssnacks"

Es geht um die Kita Girasoles-Sonnenblumen in der Sophie-Charlotten-Straße. 202 Kinder besuchen die Einrichtung und werden dort von deutsch- und spanischsprachigen Erziehern betreut. Die „B.Z.“ hat das Schreiben der Kitaleitung veröffentlicht: 120 Euro oder ermäßigt 108 Euro monatlich sollen die Eltern demnach an den neuen Förderverein zahlen. 89 Prozent der Eltern seien beigetreten, elf Prozent „fehlen leider noch“, heißt es dort. Wenn diese nicht beitreten, sei man gezwungen, „eine neue nicht bilinguale Gruppe im Sportraum oder in der Bibliothek zu eröffnen“.

Für Kinder dieser Gruppe sollen dann alle Zusatzleistungen entfallen, und das heiße: „Die Kinder erhalten in der Kita weder Frühstück, noch Nachtisch, Vesper und Nachmittagssnacks. Auch Handtücher, Zahnputzbecher, Malkittel, Sabberlätzchen, Feuchttücher, Taschentücher und Bettlaken werden nicht mehr von der Kita gestellt.“ Für diese Gruppe würden dann zwei neue Erzieherinnen eingestellt, und falls diese wegen Krankheit ausfallen, gebe es keinen Ersatz, „so dass notfalls keine Betreuung stattfinden kann“. Auch das Mittagessen werde für diese Kinder nicht mehr frisch gekocht, sondern von einem Caterer warmgehalten geliefert.

Das Vorgehen der Kita verstoße gegen geltende Bestimmungen, so die Senatsjugendverwaltung

Um das schmutzige Geschirr müssten sich die Erzieherinnen kümmern, „die damit noch weniger Zeit für die Kinder haben werden.“ Die Leitung der Kita war auf Anfrage für eine Stellungnahme bis Redaktionschluss dieser Ausgabe nicht erreichbar. „Es ist in keiner Form akzeptabel, in einer Kita eine Zweiklassen-Gesellschaft einzurichten“, sagt die Sprecherin der Senatsjugendverwaltung. Das Vorgehen der Kita verstoße gegen geltende Bestimmungen. Kitas sind seit August für alle Kinder gebührenfrei und seit September gibt es neue Regeln für Zuzahlungen von Eltern.

Danach können Kitas maximal 90 Euro für zusätzliche Angebote von den Eltern nehmen – aber nur, wenn diese das wünschen. In diesem Betrag sind 30 Euro für Frühstück und Vesper enthalten. Angebote mit Zuzahlung müssen der Senatsjugendverwaltung gemeldet werden, Eltern können diese wieder kündigen, und die Vergabe eines Kitaplatzes darf nicht davon abhängig gemacht werden, ob Eltern Zusatzbeiträge zahlen. Fördervereine sind zwar zulässig, aber, betont die Sprecherin der Jugendverwaltung: „Eine Mitgliedschaft muss freiwillig sein.“ Ein Förderverein müsse die Kita als Ganzes fördern, und nicht nur einzelne Kinder. Bei Verstoß gegen diese Regeln drohen Kürzungen oder sogar der Entzug der Betriebserlaubnis.

FDP hält die Obergrenze für Kita-Zuzahlungen für verfassungswidrig

Corinna Balkow vom Landeselternausschuss Kita (LEAK) sagt, ihrer Kenntnis nach handele sich bei dem Vorgang in der Kita Girasoles um einen Einzelfall. Allerdings sieht sie die Zuzahlungsregelung kritisch. „Wir hätten einkommensabhängige Elternbeiträge und dafür keine Zuzahlungen gerechter gefunden“, sagt sie.

Die FDP hält die Obergrenze für Kita-Zuzahlungen für verfassungswidrig und will, wie berichtet, eine Normenkontrollklage im Berliner Abgeordnetenhaus beantragen.

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