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Wo ist nochmal die Hupe? Zwei Formel-Autos, zwei Tourenwagen und zwei Flugzeugkanzeln stehen den Kunden offen.

© dpa/Carstensen

Berlin-Charlottenburg: Mydays eröffnet neue Erlebniswelt im Bikini Berlin

Pilot – das ist für viele noch immer ein Traumberuf. Der Eventanbieter Mydays lockt sie in seine neue Welt der Renn- und Flugsimulatoren ins Bikini Berlin.

Von Christian Hönicke

Hans-Joachim Stuck steigt aus und grinst. „Das ist schon geil“, sagt die Rennfahrerlegende und blickt auf seine Hände, „ich bin richtig durchgeschüttelt.“ Der Präsident des Deutschen Motorsport-Bundes (DMSB) hat gerade ein paar Runden im Formel-1-Rennwagen gedreht – mitten in Berlin. Nicht auf der Avus oder auf dem Tempelhofer Feld, sondern im zweiten Stock des Bikini-Hauses. Dort wurde am Mittwoch das neue „Mydays Erlebniswerk“ eröffnet, ein kleiner Traum für große Jungs voller Rennauto- und Flugzeugsimulatoren.

Mydays ist im Geschäft der sogenannten Erlebnisgeschenke aktiv, bisher vorwiegend als Vermittler, die Bandbreite reicht vom Candlelight-Diner über Quad-Fahrten bis zum Bungee-Springen. „Die gefragtesten Geschenke haben dabei stets mit Fahren, Fliegen und Fallen zu tun“, sagt Mydays-Geschäftsführer Thorsten Schwartz. „Da haben wir überlegt, selbst als Veranstalter einzusteigen.“

Das Erlebniswerk auf der Dachterrasse des Bikini-Hauses bezeichnet Schwartz als sein „Baby“. Auf den 750 angemieteten Quadratmetern wurden knapp 3000 virtuelle PS untergebracht, verteilt auf zwei Flugzeuge und vier Autos. Einen mittleren siebenstelligen Betrag hat das Equipment gekostet, das echte Rennwagen und Cockpitnachbauten umfasst. Fahrten und Flüge werden ab 79 Euro pro Person und Stunde verkauft – nicht billig, aber immerhin günstiger als echte Eventflüge und -fahrten, die für ein paar Stunden schnell ein paar Tausend Euro kosten können.

„Wir wollen weitere Standorte aufbauen“

Mydays preist seine virtuelle Fortbewegungswelt am Zoo als in dieser Form einmalig an, aber das soll nicht lange so bleiben. „Wir wollen weitere Standorte aufbauen“, sagt Geschäftsführer Schwartz. München, Frankfurt am Main, Köln, Düsseldorf und Hamburg, auch Österreich und die Schweiz sind im Gespräch.

Von der Einrichtung her passt sich die Berliner Simulationsboutique dem Leitbild des Bikini an, das die urbane Smartschicht ansprechen will. Statt Benzingeruch und Ölflecken gibt es Designermöbel, stylische Drinks und ein Eventrestaurant, das auf „High-End-Hotdogs“ setzt. Obwohl das Designkaufhaus bisher mit diesem Konzept hinter den hohen Erwartungen zurückgeblieben ist, geht der neue Mieter von einem schlagenden Erfolg seiner Idee aus, archaische Männerträume in ein hippes Ambiente zu transplantieren. Die Vorbuchungszahlen seien gut, sagt Geschäftsführer Schwartz, „der zentrale Standort ist ein wichtiger Faktor für uns“. Er verweist auf den tollen Blick auf Zoo, Affenhaus und Gedächtniskirche. Ex- und Interieur sind durchaus strategisch ausgewählt, sie sollen nämlich auch Frauen ansprechen – schließlich kaufen sie häufig entsprechende Gutscheine für ihre Partner.

Zielgruppe Männer

Die Zielgruppe selbst ist klar definiert: männlich, zwischen 25 und 45 Jahre alt. „Studien zeigen, dass Flugzeugpilot und Rennfahrer noch immer unter den Top 5 der Männertraumberufe liegen“, sagt Mydays-Sprecherin Eva-Maria Mueller. Neben Kleingruppen setzt die Münchner Firma bei der Erfüllung der Männerträume auf Junggesellenabschiede mit Stil und Firmenevents. Ein Autohersteller hat sich bereits mehrere Tage reserviert, er ist als strategischer Partner an Bord und sieht das Engagement auch als innerstädtische Werbeplattform. Neben zwei Tourenwagen wurden auch zwei vermeintliche Formel-1-Wagen in das Penthouse geschafft. Bei denen sieht der Kenner zwar, dass es sich um eher frei stilisierte Nachbauten handelt. Sie stehen dafür auf Stelzen, werden durch Motoren bewegt und schütteln bei Bodenwellen oder Unfällen.

„Wir sind keine Spielhölle“

Die eingesetzte Simulationssoftware ist dagegen handelsüblich und Computerracern als „rFactor 2“ bekannt. Sie stellt die Rennaction auch auf heimischen Bildschirmen realistisch dar, im Bikini können zwei Fahrer gegeneinander antreten. Vorher gibt es eine Einweisung durch echte Piloten – die ist im Zweifel auch nötig, denn trotz frei einstellbarem Schwierigkeitsgrad hat selbst ein Grand-Prix-Held und Le-Mans-Sieger wie Hans-Joachim Stuck durchaus seine Mühe, den Wagen auf der Strecke zu halten. „Wir sind keine Spielhölle“, sagt Schwartz, „wir wollen den Kunden das Gefühl geben, dass sie wirklich im Cockpit sitzen.“

Für die Flugsimulatoren wurden laut Schwartz Kanzeln von Airbus und Boeing von einem kanadischen Spezialanbieter 1:1 nachgebaut, „das macht sonst eigentlich nur Lufthansa“, sagt Thorsten Schwartz. Dabei wurden auch Originalteile wie Steuerungshebel verwendet. Angeflogen werden können dank der Software „ProSim“ 24 000 Flughäfen in aller Welt. Für nostalgische Berliner interessant: Sogar das gute alte Tempelhof ist ansteuerbar. Auch TXL ist dabei und soll es auch nach eventueller Schließung des realen Vorbilds bleiben. Solange es die Simulationswelt am Zoo gibt, können Berliner also weiter ab Tegel fliegen. Zumindest virtuell.

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