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Berlin: Berlin hat den Dreh raus

Noch vor zehn Jahren galt die Stadt unter Filmfirmen als hartes Pflaster. Das hat sich grundsätzlich geändert

Die Megaphon-Stimme dröhnt streng über den Kurfürstendamm: „Hätte ich bloß nichts gesagt.“ Etwas läuft nicht so, wie Regisseur Dominik Graf es will. Die Filmpassanten stellen sich in Position, in den Autos werden die Motoren gestartet. Blechveteranen, deren Namen man kaum noch kennt, ein DKW-Transporter von 1957, ein Borgward, ein Büssing-Doppeldeckerbus von 1964, und auch ein alter Spottvers kommt wieder zu Ehren: „Wer den Tod nicht scheut, fährt Lloyd.“

Schauspieler Max Riemelt hat noch Pause, später wird er als Siggi, die Hauptfigur in „Der Rote Kakadu“, das Antiquitätengeschäft Leo Spik betreten – ein DDRBürger Anfang 1961, aus Dresden in den goldenen Westen gereist, um am Kurfürstendamm klammheimlich Meissener Porzellan zu verkaufen.

Dreharbeiten auf dem Ku’damm? Der Boulevard gesperrt? Manuela Stehr, „Kakadu“-Produzentin und Geschäftsführerin bei der Berliner Produktionsfirma X Filme, war selbst überrascht, wie leicht das über die Bühne ging. Gewiss, nach „Good bye, Lenin!“ spürt sie eine „Grundsympathie“ gegenüber ihrer Firma, bei den für Drehgenehmigungen zuständigen Behörden und der Bevölkerung. Aber es muss sich offenbar grundsätzlich etwas geändert haben am Drehort Berlin: Nie habe es einen Zweifel daran gegeben, dass alle sehr kooperationsbereit seien.

Das war vor zehn Jahren noch ganz anders. Berlin galt in Filmkreisen als schwieriges Pflaster, der Weg zur Dreherlaubnis als mühsamer Slalom durchs dornenreiches Behördengestrüpp. „Das hat sich wesentlich geändert“, lobt Produzentin Regina Ziegler. Etwas anderes hätte sich Berlin als Hauptstadt auch nicht leisten können. In anderen Bundesländern bekomme man ja auch jedes gewünschte Motiv. Mittlerweile gebe es zentrale Anlaufpunkte bei Problemen: die im Medienboard Berlin-Brandenburg angesiedelte Filmcommission und bestimmte Leute in der Senatskanzlei. Aber in der Regel brauche man die nicht. Sie organisiere sich die Genehmigungen am liebsten selbst. Die niedrigen Berliner Gebühren – nur 51,12 Euro für den Ku’damm-Dreh, zuzüglich etwas über 1000 Euro für entgangene Parkgebühren – findet Regina Ziegler nicht ungewöhnlich. Das sei überall so. Teuer seien vor allem Innendrehs – Private lassen sich Filmarbeiten gut bezahlen.

Die erwähnte Filmcommission sieht sich als Schnittstelle zwischen Politik, Behörden, Motivgebern und den Produzenten von Spiel- und TV-Filmen, Musikvideos oder Werbefilmen – eine Vermittlerin, wenn es hakt, doch veranstaltet man auch „Sensibilisierungsseminare“. Rund 40 Drehs gebe es täglich in Berlin, dreimal so viele wie vor zehn Jahren. Hier wie auch in der Senatskanzlei freut man sich über das gute Klima, das den Drehwilligen entgegengebracht wird. „Die Mentalität hat sich geändert“, stellt Senatssprecher Michael Donnermeyer fest. Der Bedarf an einer Task Force für Problemfälle, wie es das ihm zugeordnete Medienreferat darstelle, habe „sehr nachgelassen“. Das Loblied auf Berlin wird auch im Studio Babelsberg gesungen. Für den Jackie-Chan-Film „In 80 Tagen um die Welt“ wurde im Vorjahr der Gendarmenmarkt umgebaut, in diesem Jahr wurde für „The Bourne Supremacy“ mit Matt Damon der Alexanderplatz gesperrt. „Die Berechenbarkeit von Drehorten ist in Berlin außerordentlich groß“, fasst Sprecher Felix Neunzerling zusammen. Damon hatte auch im alten Hotel Cumberland am Ku’damm gedreht, das nun dem „Roten Kakadu“ als Kulisse dienen wird. Damons Hoteldekoration hätte die Oberfinanzdirektion, die das Haus seit Jahr und Tag verkaufen will, am liebsten behalten. Das Haus ließe sich so leichter vermarkten. Es ging leider nicht: Die Kulissen waren nur geliehen.

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