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S-Bahnhof Witzleben (Messe Nord/ICC): Tagelang baggerten die Bauarbeiter die Treppen zwischen Bahnsteig und Stadtautobahn ab. Das Foto entstand von der Fußgängerbrücke.

© André Görke

Berlin-Historie: Die Bahn kommt - mit der Abrissbirne

Ob Witzleben, Pankow oder Friedenau: Eisenbahn-Relikte der Vergangenheit verschwinden – nicht immer rechtmäßig. In Potsdam soll eine Ruine hingegen wieder reaktiviert wird.

Potsdamer Bahnhof: weg. Görlitzer Bahnhof: weg. Anhalter Bahnhof: Nur der spärliche Rest vom Portikus steht noch. Stettiner Bahnhof: Bis auf den bescheidenen Rest des einstigen Vorortbahnhofs und das Empfangsgebäude für die unterirdische S-Bahn: verschwunden. Berlin hat schon viele seiner einstigen Eisenbahnbauten verloren. Weitere sind in jüngster Zeit dazu gekommen.

WITZLEBEN Die S-Bahn-Station heißt seit 2002 Messe Nord/ICC. Dort halten die Züge der Ringbahn. Daneben liegt ein weiterer, verwilderter Bahnsteig – versperrt durch ein Gitter, auf dem Schilder warnen: „Aussteigen verboten“ oder „Vorsicht! Absturzgefahr“. An ihm hielten bis 1944 Züge, die von der Stadtbahn abbogen und bis Westend fuhren. Hier hielten auch die ersten elektrischen S-Bahnen; auf dem benachbarten Ringbahnsteig kamen sie elf Wochen später an. Nach dem Krieg wurden die Zugänge zum „Stadtbahnsteig“ in beiden Empfangsgebäuden zugemauert. Jetzt hat die Bahn auch die maroden Treppen zum Bahnsteig abreißen lassen. Sie seien baufällig und nicht mehr betriebssicher gewesen, sagte ein Bahnsprecher. Der nicht genutzte Bahnsteig ist aber weiter vorhanden.

POTSDAM-PIRSCHHEIDE Einst nannte er sich Hauptbahnhof, jetzt ist die Station Pirschheide in Potsdam eine Ruine, in der aber noch Züge halten – auf einem von sechs Gleisen. Treppenaufgänge sind zugemauert und beschmiert; das Gebäude für Fahrgäste unzugänglich. An den oberen Bahnseigen des Außenrings sind die Gleise so verlegt worden, dass dort keine Züge mehr halten können. Sie sollen zurück in ihre frühere Lage; dann würden hier auch die Züge zum Flughafen BER halten. Falls der Bahnhof so lange durchhält.

GLEISDREIECK Auch am Gleisdreieck ist in den vergangenen Monaten ein Relikt der Bahn-Vergangenheit verschwunden: die Reste des einstigen Ringbahnviadukts, auf dem S-Bahnen vom Ring zum Potsdamer Bahnhof und zurück auf den Ring fuhren. 1944 wurde er nach Bombenschäden im Bahnhof stillgelegt. Ein Unternehmen, das die Flächen gekauft hat und dort bauen will, hat den Abrissbagger kommen und die Reste des Viadukts beseitigen lassen. Dabei war die Anlage rechtlich immer noch Bahngelände, die Jahrzehnte nicht genutzte Viaduktstrecke war nicht entwidmet worden. Das auch solche Flächen verkauft werden, sei üblich, sagte ein Bahnsprecher. In der Regel erfolge die Entwidmung erst nach dem Verkauf. Das für Bahnflächen zuständige Eisenbahn-Bundesamt (EBA) erklärte, für „bahnfremde Nutzungen“ sei grundsätzlich die Kommune zuständig. Bahnfremde Nutzungen seien möglich, wenn sie die besondere Zweckbestimmung der Bahnanlage berücksichtigen. In diesem Fall sind die Anlagen nun aber verschwunden. Der Abriss müsse vom EBA sanktioniert werden, erklärte die Verkehrsverwaltung.

WILMERSDORF Auf den Gleisen des Güterbahnhofs Wilmersdorf in Friedenau rangieren schon lange keine Züge mehr. Gleise sind entfernt, im vergangenen Jahr hat auch das Stellwerk, das erst mit dem Bau des Tunnels für die Stadtautobahn errichtet worden ist, dran glauben müssen. Weil auf dem Gelände Wohn- und Gewerbebauten entstehen sollen, steht auch die mehr als hundert Jahre alte einstige Güterhalle vor dem Abriss.

RUNDLOKSCHUPPEN Sie gelten als etwas ganz Besonderes bei Bahnanlagen – die so genannten Rundlokschuppen. Während die Drehscheibe gewöhnlich vor den Hallen liegt, befindet sie sich bei den Rundlokschuppen im Inneren. Weltweit gibt es nur noch wenige dieser Schuppen; gleich zwei davon stehen in Berlin. Genau genommen deren Reste. Seit Jahren lässt die Bahn die Raritäten in Pankow und Rummelsburg verfallen. Irgendwann werden sie wohl von allein einstürzen.

ZEHLENDORF Einen zunehmend verfallenden Bahnsteig gibt es auch am S-Bahnhof Zehlendorf neben dem Bahnsteig der S-Bahn. Früher stoppten hier die Züge der Stammbahn zwischen Potsdam und Berlin. Beim Wiederaufbau der Wannseebahn 1985 wurde auch der Nachbarbahnsteig mit saniert, aber nie genutzt. Wenn’s dabei bleibt, dürfte er bald verschwinden.

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