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Hubertus Knabe, ehemaliger Vorstand und Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen, soll sexuelle Belästigung geduldet haben.

© Paul Zinken/dpa

Update

Stasiopfer-Gedenkstätte: Berlins CDU kann sich im Fall Knabe nicht entscheiden

Die Berliner FDP fordert einen Untersuchungsausschuss zum Fall Hubertus Knabe, die CDU zeigt sich uneins. Hat Burkard Dregger die Fraktion noch im Griff?

Die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus legt sich weiter nicht fest, ob sie einen Untersuchungsausschuss zur Entlassung von Hubertus Knabe unterstützen soll oder nicht. Nachdem die FDP-Fraktion unter ihrem Vorsitzenden Sebastian Czaja den Antrag vor knapp zwei Wochen angekündigt hatte, beschäftigte sich am Montagabend der CDU-Fraktionsvorstand erneut mit der Fragestellung.

Ergebnis: Eine klare Positionierung für oder gegen den Ausschuss steht weiter aus, stattdessen verlangen die Mitglieder des Fraktionsvorstands die unverzügliche Beantwortung aller schriftlichen Anfragen zu dem Thema. Darüber hinaus soll den Abgeordneten der CDU-Fraktion auf ihren Antrag hin umfassend Akteneinsicht in der Angelegenheit gewähren werden. Lapidar hieß es weiter: „Die CDU-Fraktion nimmt die gemeinsame Initiative von AfD und FDP zur Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zur Kenntnis.“ Ein Seitenhieb in Richtung FDP: Diese hatten den Antrag allein eingebracht, die AfD hatte lediglich ihre Zustimmung nagekündigt.

Über den Ablauf der Sitzung des Fraktionsvorstands wiederum liegen dem Tagesspiegel unterschiedliche Darstellungen vor. Während einige der Anwesenden von einer durch Dregger erzwungenen Abstimmung zum Schutze von CDU-Landeschefin Monika Grütters sprechen, wollen andere eine intensive aber ergebnisoffene Debatte erlebt haben. An dieser sollen sich alle anwesenden Vorstandsmitglieder beteiligt haben, am Ende stand das im Konsens gefundene Ergebnis.

Abstimmung eng mit Grütters verknüpft

Dregger selbst sprach am Dienstag von einer „offenen Diskussion“ und einem „breiten Konsens“. Er habe keine Entscheidung vorwegnehmen wollen, hieß es in der Erklärung weiter.

Das Thema ist für die CDU deshalb brisant, weil die Abstimmung für oder gegen den Ausschuss eng mit CDU-Landesvorsitzenden Monika Grütters verknüpft wird. Diese hatte in ihrer Rolle als Kulturstaatsministerin die Entlassung Knabes unterstützt. Dass sie sich damit an die Seite des Linken Kultursenators Klaus Lederer stellte, stößt einigen Christdemokraten - gerade an der Basis - bitter auf.

Weil Dregger und Grütters bereits unmittelbar nach Bekanntwerden des FDP-Antrags eine Unterstützung für einen Untersuchungsausschuss zum Fall Knabe ausgeschlossen hatten, wären beide im Fall der Zustimmung einzelner CDU-Abgeordneter düpiert.

Unterdessen hat sich mit der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) einer der 40 Mitgliedsverbände der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) zu Wort gemeldet. In einem der Redaktion vorliegenden Schreiben an CDU-Fraktionschef Burkard Dregger kritisiert VOS-Bundesgeschäftsführer Hugo Diederich, dass sich die CDU bislang nicht für eine Unterstützung des Ausschusses ausgesprochen hatte.

"Wir wollen keinen aalglatten SED-Kultursenator, wir wollen Antworten"

"Dies können wir als ehemals Betroffene absolut nicht verstehen", schreibt Diederich mit Blick auf die fraktionsinternen Diskussionen. "Wir als Betroffene können nicht verstehen, weshalb Dr. Knabe gehen musste. Bisherige verbale Antworten stellen uns nicht zufrieden. Wir wollen keinen aalglatten SED-Kultursenator, wir wollen Antworten. Dies kann nur durch einen Untersuchungsausschuss erfolgen", so Diederich weiter.

Unklar ist, ob die Position der VOS über den eigenen Verband hinaus Unterstützer hat. Der von Diederich geleitete Verein war in den vergangenen Jahren durch den Verdacht auf Untreue in die Schlagzeilen geraten und zwischenzeitlich nicht mehr Mitglied der UOKG. Innerhalb des Dachverbandes gelten die VOS-Mitglieder als Rechtsaußen, Insider sprechen von "einem klaren Feindbild Linkspartei".

Dieter Dombrowski (CDU), Vorsitzender der UOKG, wollte sich zum Vorgehen der VOS nicht äußern. "Wir haben 40 Mitgliedsverbände, da ist es nicht zulässig, Initiativen einzelner Verbände zu kommentieren", erklärte der Vize-Präsident des Brandenburger Landtages. Auch in der Frage, ob ein Untersuchungsausschuss zur Entlassung von Hubertus Knabe angebracht sei, hielt sich Dombrowski bedeckt.

- In einer früheren Version dieses Artikel hieß es, der CDU-Fraktionsvorstand habe Burkard Dregger die Gefolgschaft in der Frage eines Untersuchungsausschusses verweigert. Das ist nicht korrekt. Eine klare Positionierung steht weiter aus.

Zum Nachlesen: Der Fall Knabe

+++ Rechtsstreit beendet: Knabe geht endgültig und einigt sich mit der Gedenkstätte Hohenschönhausen. Alle Details stehen hier.

+++ "Ich kann keine Intrige erkennen": Marianne Birthler über die Stimmung in der Gedenkstätte Hohenschönhausen und die Rolle des Ex-Chefs Hubertus Knabe. Das ganze Interview.

+++ Sexismus war seit Jahren in der Stasi-Gedenkstätte Thema: Wie schwer der Birthler-Bericht Knabe belastet, steht hier.

+++ Freie Mitarbeiter befürworten Abberufung von Hubertus Knabe. Warum?

+++ Berlins CDU-Landeschefin Monika Grütters über den Fall Knabe: "Hässliche Einblicke"

+++ Von Belästigung betroffene Frauen melden sich in der Debatte um Sexismus in der Gedenkstätte

+++ "Ich habe meine Mitarbeiterinnen immer fair behandelt" - die Erklärung von Hubertus Knabe.

+++ Die Entlassung von Hubertus Knabe: War es eine Intrige, ein Politikum oder die richtige Entscheidung? Eine Rekonstruktion.

+++ Berlins Kultursenator Lederer und Staatsministerin Grütters weisen die Kritik zurück: Die Entlassung des Chefs der Stasiopfer-Gedenkstätte sei "keine Strafaktion".

+++ Der ehemalige Leiter der Stasiopfer-Gedenkstätte musste wegen Sexismusvorwürfen gegen seinen Vize gehen. Jetzt gerät er selbst unter Verdacht

+++ Sieben Frauen erheben schwere Vorwürfe gegen den Vize-Chef der Stasi-Gedenkstätte: Belästigung und struktureller Sexismus.

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