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Ein Mann in Mönchskutte demonstriert am Samstag in Berlin vor dem Kanzleramt.

© dpa

Berlin: Hunderte Abtreibungsgegner demonstrieren vorm Kanzleramt

Vor dem Kanzleramt haben sich am Samstag an die 2000 Abtreibungsgegner versammelt, um gegen Abtreibung zu demonstrieren - doch auch Befürworter sind gekommen.

Sechs Mädchen stehen in einer Reihe am Zaun des Kanzleramts. Sie halten Plakate hoch. „Inklusion statt Selektion“ steht auf einem drauf. Was das bedeute? Das wüssten sie nicht so genau, die hätte ihnen die Leute in den grünen Westen in die Hand gedrückt. Die gehören zum Veranstalter, dem Bundesverband Lebensrecht. Abtreibungsgegner. Sie haben viele Plakate verteilt.

Vor dem Kanzleramt haben sie am Samstag eine Kundgebung organisiert. Redner auf der Bühne sprechen vom unbedingten Wert des Lebens, davon, dass jeder Mensch eine Chance haben müsse, das Licht der Welt zu erblicken und dass keiner das Recht habe, dies einem anderen zu verwehren. Die Selbstbestimmung einer Schwangeren ende da, wo das Leben eines ungeborenen Menschen betroffen sei. Das Alter der Demonstranten ist gemischt – vom Jugendlichen bis zum Rentner –, katholische Priester haben sich unter die 2000 Abtreibungsgegner gemischt.

Eine Mutter kommt mit ihrem Kind vorbei: „Wenn das passiert, was die wollen, hat die Sechzehnjährige, die ungewollt schwanger wird, bald überhaupt keine Chance mehr.“ Ihr Mann sagt: „Die braucht Unterstützung und nicht Moralisierung.“ Zwar sei man auch für den Schutz des Lebens – „aber wenn eine Frau vergewaltigt wird, darf sie nicht dazu gezwungen werden, das Kind auszutragen. Es muss eine freie Entscheidung bleiben.“

Martin Lohmann, Chef eines katholischen Fernsehsenders, ist der Organisator der Veranstaltung. Er ist auch der Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht – und auch einer der Redner. „Liebe Freunde des Lebens“, begrüßt er die Demonstranten. „Wir wollen ein Zeichen setzen für das Leben“, sagt Lohmann und spricht von „einem heiligen Auftrag.“ Gegendemonstranten bezeichnet Lohmann als „Feinde“, es sei eine Unkultur, dass sie „unsere Wahrheit“ nicht achten.

Demonstranten halten am Samstag in Berlin vor dem Kanzleramt Kreuze und Transparente gegen Abtreibung. Mehrere hundert Demonstranten sind dem Aufruf christlicher Gruppen gefolgt, um mit einer Demonstration unter demMotto "Marsch für das Leben" gegen Abtreibung zu protestieren.
Demonstranten halten am Samstag in Berlin vor dem Kanzleramt Kreuze und Transparente gegen Abtreibung. Mehrere hundert Demonstranten sind dem Aufruf christlicher Gruppen gefolgt, um mit einer Demonstration unter demMotto "Marsch für das Leben" gegen Abtreibung zu protestieren.

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Unter anderem wegen solcher Äußerungen war es im Vorfeld der Kundgebung zu Auseinandersetzungen über den Ort für die Abschlussveranstaltung gekommen. Eigentlich wollten die Abtreibungsgegner dafür den Berliner Dom nutzen. Das Domkirchenkollegium hatte aber nach internen Diskussionen entschieden, den Dom nicht zur Verfügung zu stellen – das Ereignis sei zu politisch, die Themen zu komplex und zu sensibel. Auch wolle man sich damit ausdrücklich von anderen Positionen Lohmanns distanzieren – wie der Ablehnung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften oder zur „Pille danach“ nach einer Vergewaltigung. Der Demonstrationszug im Anschluss an die Kundgebung – ein Schweigemarsch – endet deswegen im Lustgarten.

Auch Abtreibungsbefürworter sind gekommen. Sie mischen sich, wo sie es können, unter die Demonstranten, pfeifen und halten eigene Plakate hoch: „Mein Leben gehört mir“, steht darauf. Sie sind der Meinung, dass sich jede Schwangere selbst über einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden soll. Die Abtreibungsgegner halten dagegen: Niemand werde einfach so schwanger, es sei immer eine bewusste Entscheidung – zumindest eine, der man sich bewusst sein müsse. Eine junge Frau, die dem Treiben kurz vom Straßenrand zuschaut, sagt: „Wer schwanger ist, muss dazu stehen. Aber das kann man nicht verordnen. Am Ende muss das meine freie Entscheidung bleiben.“

Stefan Kuhfs

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