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Berlin: Berlin in der Krise: Die SPD will am 23. September wählen lassen

Nach dem Bruch der Großen Koalition deutet alles auf schnelle Neuwahlen hin. Die SPD kündigte gestern an, am nächsten Donnerstag im Abgeordnetenhaus einen Antrag auf baldige Selbstauflösung des Parlaments einzubringen.

Nach dem Bruch der Großen Koalition deutet alles auf schnelle Neuwahlen hin. Die SPD kündigte gestern an, am nächsten Donnerstag im Abgeordnetenhaus einen Antrag auf baldige Selbstauflösung des Parlaments einzubringen. Über die Selbstauflösung könnte dann, so SPD-Chef Peter Strieder, das Parlament in einer Sondersitzung Ende Juli oder Anfang August abstimmen. Binnen acht Wochen müssten dann Neuwahlen stattfinden. Als Termin visieren die Sozialdemokraten den 23. September an. Der Regierende Bürgermeister Diepgen erklärte jedoch am Abend, es stehe noch nicht fest, dass es Neuwahlen geben wird.

Zum Thema Online Spezial: Das Ende der Großen Koalition Anfang vom Ende: Die Finanzkrise in Berlin TED: Regierungsbeteiligung der PDS vorstellbar? Fototour: Die Bilder der Krise Für die Selbstauflösung bedarf es einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament. Der Regierende Bürgermeister und CDU-Chef Eberhard Diepgen unterstrich, dass sich die CDU nicht grundsätzlich gegen Neuwahlen und damit auch die Auflösung des Parlaments sperren werde. Da die SPD ein Bündnis mit der PDS anstrebe, könnten Neuwahlen sinnvoll sein, sagte Diepgen. CDU-Fraktionschef Frank Steffel ist bereit, mit den Vorsitzenden der anderen drei Parlamentsfraktionen über eine vorzeitige Beendigung der Wahlperiode zu sprechen. Das wird voraussichtlich am Montag geschehen. Steffel appellierte an die SPD, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die CDU habe die Koalition nicht aufgekündigt, sagte er im ARD-"Brennpunkt". Sie sei bereit, mit der SPD gemeinsam die Probleme zu lösen.

Wer bis zum Wahltermin das Land Berlin regiert, blieb vorläufig offen. SPD-Chef Strieder will Diepgen in einem Vier-Augen-Gespräch bewegen, als Regierender Bürgermeister sofort zurückzutreten. Der CDU-Politiker schloss seinen Rücktritt jedoch aus. Die SPD habe die Koalition verlassen, daraus müsse sie die Konsequenz ziehen. SPD-Fraktionschef Wowereit sagte daraufhin dem Tagesspiegel, er habe "kein Problem, in meiner Fraktion die Abwahl Diepgens durchzubringen". Der Regierende Bürgermeister werde nicht mehr lange im Amt bleiben. Die SPD drohte mit einem Misstrauensvotum für den Fall, dass sich die CDU der Selbstauflösung des Parlaments verweigert. Dann würde auch die PDS mitmachen.

Sollte Diepgen durch ein Misstrauensvotum gestürzt werden, wollen die Sozialdemokraten am 16. Juni mit den Stimmen von PDS und Grünen ihren designierten Spitzenkandidaten Wowereit für eine Übergangsphase zum Regierungschef wählen. Eine Übergangsregierung habe einzig die Aufgabe, Neuwahlen vorzubereiten, sagte Wowereit. Diepgen forderte im Gegenzug die SPD-Senatoren auf, ihre Ämter zur Verfügung zu stellen. "Das erfordert die politische Kultur." Sollten die Sozialdemokraten aus den Ämtern scheiden, würde er die Aufgaben den verbleibenden CDU-Senatoren anvertrauen. Für den Fall, dass die SPD im Senat bleibt, kündigte Diepgen "Mehrheitsentscheidungen" der CDU-Regierungsmitglieder an. Auf diese Weise könnte zum Beispiel ein Nachtragshaushalt beschlossen werden: "Unseren Beschluss würden wir dann dem Parlament vorlegen."

Die Grünen wollen sich mit dieser ungewissen Situation nicht zufrieden geben. Auf ihrer Fraktionssitzung beschlossen sie gestern, ein Misstrauensvotum gegen den Regierenden Bürgermeister anzustreben. "Wir werden dies aber noch mit SPD und PDS abstimmen", sagte Grünen-Fraktionschef Wolfgang Wieland. Am Sonntag tagt ein ausserordentlicher Parteitag der SPD. Die geschäftsführenden Vorstände der Partei und der Fraktion haben dem Koalitionsbruch, den die SPD-Spitzen herbeigeführt hat, bereits zugestimmt. Jetzt müssen die Delegierten entscheiden. Mit einer breiten Mehrheit für das Ende der Koalition und Neuwahlen wird gerechnet.

Eine Neuauflage der Großen Koalition werde es nicht geben, kündigte SPD-Chef Strieder bereits an. "Berlin braucht eine neue Politik mit neuen Mehrheiten." Auch die Grünen haben für Sonntag einen Sonderparteitag einberufen. Sie wollen dort über die neue politische Situation und Eckpunkte einer rot-rot-grünen Zusammenarbeit beraten. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Steffel warf dem ehemaligen Koalitionspartner SPD "Wählerbetrug und Wählertäuschung" vor. Die Union sei kampfbereit und stehe geschlossen hinter Diepgen. Der Frage, ob der CDU-Landeschef und Regierende Bürgermeister Diepgen bei Neuwahlen erneut als CDU-Spitzenkandidat antrete, wich Steffel jedoch aus. "Diepgen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Nummer 1 der Berliner CDU". Vom SPD-Kollegen Wowereit zeigte sich Steffel "menschlich sehr enttäuscht". Die Stimmung in der Union bezeichnete er als "befreit".

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