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In der Kritik. In einem Gutachten kommt die Arbeit der Berliner Jobcenter schlecht weg. Bemängelt wird vor allem die Intransparenz.

© Kitty Kleist-Heinrich

Berlin: Jobcenter in der Kritik: Gutachten vermisst gesamtstädtisches Konzept

Studie kritisiert die Leistungsvergabe durch die Berliner Bezirke. Außerdem fehle es an einer Steuerung durch den Senat. Sozialsenatorin Dilek Kolat will diese Aufgabe jetzt übernehmen.

In großer Runde werden am Mittwoch die Geschäftsführer der zwölf Berliner Jobcenter, die Sozialstadträte aus den Bezirken, die Chefs der drei Arbeitsagenturen mit Sozialstaatssekretärin Barbara Loth zusammenkommen, um darüber zu beraten, wie die Arbeit der Jobcenter verbessert werden kann. Anlass ist ein Gutachten der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt), in dem die kommunal verantworteten Bereiche schlecht wegkommen. Vor allem bemängelt die Studie, dass ein gesamtstädtisches Konzept fehle und Prozesse vielfach nicht transparent sind. Zudem wird die Steuerung durch die Senatsverwaltung als schlecht bewertet. In den Jobcentern, die von Bezirken und Arbeitsagenturen getragen werden, ist die Kommune für Kosten der Unterkunft zuständig sowie sozial-integrative Leistungen wie Schuldnerberatung, psychosoziale Betreuung und die Suchtberatung. Die Zahlung von Arbeitslosengeld II sowie die Wiedereingliederung in Arbeitsmarkt gehört in den Aufgabenbereich der Bundesagentur für Arbeit.

Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) sieht das Problem, dass die Bezirke bei den sozial-integrativen Leistung bislang unterschiedlich verfahren. „Es fehlt an Transparenz“, sagt Kolat. Daran werde man jetzt als Konsequenz aus der Studie arbeiten müssen. Auch wenn es die Bezirke seien, die die Leistungen erbringen müssten, werde ihr Haus die Steuerungsaufgabe übernehmen. Die sozial-integrativen Aufgaben seien in vielen Fällen die Voraussetzung dafür, dass Menschen wieder Fuß auf dem Arbeitsmarkt fassen können. Nicht thematisiert werden in dem Gutachten die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und Initiativen.

Eine Aufsicht durch das Land wird zudem kompliziert dadurch, dass die Fachaufsicht für diese Fragen eigentlich bei der Senatsverwaltung für Soziales liegt. Diese wollte sich gestern noch nicht dazu äußern, da das Gutachten bisher nicht öffentlich ist.

Für Sabine Bangert, Arbeitsmarktexpertin der Grünen, ist das Ergebnis der Studie nicht überraschend. Dass die Arbeit der Jobcenter nicht rundlaufe, sei ja schon seit Jahren bekannt. Sie fordert jetzt Konsequenzen beim Senat. „Auf jeden Fall muss in der Arbeits- oder der Sozialverwaltung eine Koordinierungsstelle eingerichtet werden“, sagt Bangert. Dies hätte schon lange geschehen sein müssen. Sibyll Klotz (Grüne), Sozialstadträtin aus Tempelhof-Schöneberg, vermisst ohnehin schon lange eine gesamtstädtische Arbeitsmarktpolitik des Senats.

Die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit will sich zu dem Gutachten weiter nicht äußern. „Es ist ein Gutachten von der Kommune für die Kommune.“ Allerdings kommt sie in der Expertise vergleichsweise gut weg. Das Zielvereinbarungssystem der Bundesagentur werde „eher neutral bis positiv bewertet“.

Dennoch besteht Handlungsbedarf auch in Bereichen, die in der Zuständigkeit der Arbeitsagenturen liegen. So sind nach wie vor viele Leistungsbescheide der Jobcenter mangelhaft. Jede zweite Klage vor dem Sozialgericht ist erfolgreich. Im vergangenen Winter verabredeten Jobcenter, Sozialgerichte und Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) eine Initiative, Bescheide klarer zu fassen und eine mündliche Anhörung im Widerspruchsverfahren einzuführen, um so die Zahl der Klagen um rund ein Viertel zu reduzieren.

Die Berliner Jobcenter betreuen rund 318 000 Haushalte. Gut 572 000 Menschen sind in der Stadt von Hartz-IV-Leistungen abhängig.

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