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Berlin: Berlin kommt in Mode

Neben kreativen Designern etabliert sich jetzt die Bekleidungsindustrie – mit Messen, Modezentren und neuen Schauräumen

Die Modebranche erobert die Mitte Berlins: Die internationale Fashion-Messe „Premium“ baut direkt am Potsdamer Platz ein lang gestrecktes Zelt auf, in dem sich von Freitag bis Sonntag Händler, Designer und Bekleidungshersteller treffen, um sich die Kollektionen für den kommenden Sommer anzuschauen. Bisher fand die „Premium“ ausschließlich im U-Bahn-Tunnel unter dem Potsdamer Platz statt. Insgesamt zeigen 380 Modemarken ihre neuesten Entwürfe.

Dass sich die Berliner Modebranche längst nicht mehr verstecken muss, zeigen die zahlreichen Veranstaltungen des Wochenendes. Neben der „Premium“ finden mit der „Bread & Butter“ und der „Durchreise Preview“ zwei weitere Modemessen für Fachbesucher statt. Für ein angemessenes Rahmenprogramm sorgen Modenschauen wie der „Walk of Fashion“ oder die „Beck’s Fashion Experience“.

Nach Ansicht von Hans W. Coenen, Veranstalter der „Durchreise“ und Chef des Mode Centers Berlin, hat die Bread & Butter eine Sogwirkung in die Stadt ausgelöst. Berlin habe jetzt im Vergleich zur deutschen Modemetropole Düsseldorf wieder eine Chance, sagt Coenen. Bei der Bread & Butter zeigen 500 Aussteller, darunter internationale Topmarken wie Boss, Strenesse oder Puma, ihre Kollektionen. 50000 Fachbesucher aus aller Welt erwarten die Organisatoren. Mit dem Kauf des ehemaligen Siemens-Kabelwerks in Spandau zu Beginn des Jahres haben sie gezeigt, dass sie langfristig mit dem Modestandort Berlin rechnen.

Mit Mode lassen sich in Berlin auch nach dem Wochenende Geschäfte machen. Mehrere Immobiliengesellschaften planen die Ansiedlung von „Showrooms“, in denen Modeunternehmen ihre Produkte Einzelhändlern und Einkäufern von Handelskonzernen präsentieren können. So soll in unmittelbarer Nähe zum Kaufhaus des Westens das „Haus Tauentzien“ zu einem Modezentrum umgebaut werden. Der Immobilienunternehmer Anno August Jagdfeld will aus dem „Tacheles“ an der Oranienburger Straße einen Ort für junge Mode machen: Läden und Büros für Modemarken, die auf der Premium und der Bread & Butter ausstellen.

Auch die Stadt Berlin hat endlich erkannt, dass sich die Modebranche zu einem Wirtschaftsfaktor für die Stadt entwickeln kann. Vor wenigen Monaten hieß es bei der Wirtschaftsförderung Berlin noch, die Modebranche habe nicht das Potenzial, ein „harter Wirtschaftsfaktor“ zu werden. Inzwischen bemüht sich die Wirtschaftsverwaltung stärker um die Branche. „Mode ist eine wirtschaftliche Chance für Berlin. Wir wissen, dass wir jetzt etwas tun müssen, weil sich das Zeitfenster irgendwann wieder schließt“, sagt Tanja Mühlhans, Branchenexpertin in der Senatsverwaltung für Wirtschaft.

Mühlhans schlägt vor, zusammen mit Modeschulen eine kaufmännische Weiterbildung speziell für Designer zu entwickeln. Der Senat sei mit internationalen Handelskonzernen im Gespräch, die sich für Berlin interessieren. In Zukunft sollen zudem die verschiedenen Berliner Institutionen wie die Wirtschaftsförderung, die Berlin Tourismus Marketing und die Senatsverwaltung enger zusammenarbeiten, um das Thema Mode besser nach außen zu kommunizieren. Auch wenn das Thema Mode mehr Beachtung findet, konkrete Projekte gibt es bisher nicht. Die Wirtschaftverwaltung hilft bei der Ansiedlung und Senator Harald Wolf hat für ein Nachwuchsprojekt auf der „Premium“ die Schirmherrschaft übernommen.

Die Unterstützung der Stadt kann die Branche trotz der erfolgreichen Messeveranstaltungen gut gebrauchen. Modekonzerne wie Hugo Boss oder Escada kann Berlin nicht aufweisen. Stattdessen tummeln sich mehr als 300 kleine Modeateliers mit einem bis fünf Mitarbeitern. Um den Standort weiterzuentwickeln, versuchen die Modeunternehmer zum einen, die Kräfte der kreativen Berliner Modeszene zu bündeln und zum anderen, Unternehmen mit internationalem Renommee in die Stadt zu holen.

Jörg Wichmann versucht das mit dem „Berlinomat“. Das Geschäft in der Frankfurter Allee in Friedrichshain soll nicht nur die Produkte von 100 Berliner Designern an hippe Modeliebhaber verkaufen, sondern auch als Showroom für das Fachpublikum dienen. Wichmann geht es darum, mit dem Verkauf das Überleben der kleinen Designermarken zu sichern. „Wenn einige von ihnen mittelfristig Mitarbeiter einstellen können, um noch wettbewerbsfähiger zu werden, ist das ein wünschenswerter Nebeneffekt“, sagt Wichmann.

Dass Berlin nur mit internationaler Beteiligung in Wettbewerb mit Städten wie Paris, New York und Mailand treten kann, glaubt dagegen Norbert Klauser. Der Inhaber einer der größten Vertriebsagenturen für Deutschland, Österreich und die Schweiz weiht an diesem Sonnabend einen 1100 Quadratmeter großen Showroom in der Wallstraße in Mitte ein. Seine alten Räume in Düsseldorf gibt er dafür auf.

Als Vertriebsagentur verkauft Klauser die Produkte der Modeproduzenten an Einzelhändler und Einkäufer großer Warenhäuser. In Berlin will er seine 27 Modemarken nun Einkäufern aus Europa, Japan und Amerika anbieten. Noch ist er der einzige Mieter in der über 8000 Quadratmeter großen frisch sanierten Immobilie – aber er ist sicher, dass er schon bald Nachbarn bekommt.

In Berlin will Klauser den europaweiten Vertrieb für einige seiner Kollektionen bündeln. Auch die Nähe zu Osteuropa spielte bei der „durchaus kaufmännischen“ Entscheidung für Berlin eine Rolle. „Auch wenn es hier mit Street-, Sportswear und Jeans anfing: Jetzt muss die hochwertige Mode mit Schauen dazukommen. Denn nur mit Design kann man Berlin als Modestandort langfristig etablieren“, sagt Klauser.

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