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Vor dem Brandenburger Tor werden Zuschauer die Läufer anfeuern.

© Arne Immanuel Bänsch/dpa

Berlin-Marathon: Nummer 28489 - zum ersten Mal dabei

18 Kilometer liegen vor ihr wie ein schwarzes Loch: Eine Angestellte bei der Polizei läuft ihren ersten Marathon. Deshalb hat sie sich Motivation organisiert.

Sie muss ganz rechts laufen, das ist wichtig. Sie darf doch diese Punkte nicht verpassen, das geht nur, wenn sie direkt am Rand der Straße bleibt. Den einen Punkt kennt sie nicht, sie weiß nur so viel: Irgendwo rechts am Straßenrand stehen ihre Eltern.

Den zweiten Punkt kennt Franziska Mehlitz sehr gut. Goebenstraße, bei Kilometer 20, da steht ihre Trainingskollegin vom TSV Tempelhof-Mariendorf, in Laufklamotten, aber ohne Startnummer. Die Kollegin hat sich nicht offiziell angemeldet für den Marathon, sie gliedert sich einfach ein ins Feld der Massen – was wohl nicht regelkonform ist. Doch Franziska Mehlitz braucht sie. Die Kollegin muss sie aufbauen, sie muss ihr Mut machen, sie muss dafür sorgen, dass die andere durchhält. 42,195 Kilometer, eine verdammt lange Strecke, wenn man nie länger als 24 Kilometer gelaufen ist. 24 Kilometer, mehr hat Franziska Mehlitz am Stück nie bewältigt. 18 Kilometer liegen vor ihr wie ein schwarzes Loch.

Powergel für Sportler

Die 33-jährige Angestellte bei der Polizei absolviert ihren ersten Marathon. Und weil sie Angst vor diesem Unbekannten hat, schiebt sie alles weg, was ihre Ängste bestätigen könnte.

Die einzigen Informationen, mit denen sie sich befasst hatte, beziehen sich auf die Ernährung. Wenn es warm ist, solle sie schon vor dem Marathon viel trinken. Irgendjemand erzählte ihr, es sei ganz vernünftig, vor dem Rennen irgend so ein Powergel zu konsumieren. „Powergel?“, sagt Franziska Mehlitz mit einem Blick, als müsste sie eine undefinierbare Flüssigkeit trinken. „Na ja, ich weiß nicht.“

Die Sportlerin ist auch keine, die alle Zeiten im Kopf hat, die ständig auf diese Apps starrt, auf denen alle möglichen Daten gespeichert sind. 2017 lief sie ihren ersten Halbmarathon. Andere würden ihre Premierenzeit präsentieren wie eine Trophäe. Franziska Mehlitz muss erst mal in ihrem Handy suchen. 2:49 Stunden. „Lief super“, sagt sie.

Ein Tattoo als Belohnung

Angefangen hat sie mit fünf Kilometern, beim Sonntagslauf in Dollgow, Brandenburg. Ist erst ein paar Jahre her. In Dollgow ist sie aufgewachsen, da leben ihre Eltern, da gibt’s jeden Sonntag diesen Lauf. Sie wohnt inzwischen in Marzahn, trat in einen Laufverein ein, stieß über eine Freundin auf den TSV Tempelhof-Mariendorf und trainiert jetzt dienstags in Tempelhof, im Bosestadion. Das zweite Vereinstraining absolviert sie bei ihrem anderen Klub, dazu Solo-Training.

Wenn sie durchkommt beim Marathon, dann gönnt sie sich ein zweites Tattoo: das Bild eines Laufschuhs auf die Haut ritzen. Ein Fahrrad als Tattoo besitzt sie bereits, das Rad hat symbolische Bedeutung. Franziska Mehlitz hat zweimal Fahrradurlaub gemacht. Jeweils 600 Kilometer hat sie bewältigt.

Aber erst einmal heißt es schön rechts bleiben heute. Ihre Eltern werden schon frühzeitig erkennen, wann sie auftaucht. Es gibt ja die App, auf der man einen Läufer verfolgen kann. Nummer 28489 – das ist Franziska Mehlitz.

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