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Das Magnus-Haus am Kupfergraben in Berlin-Mitte.

© Thilo Rückeis TSP

Berlin Mitte: Aufstand der Architekten gegen Siemens

Berlins Architektenverbände rufen zum Boykott des Wettbewerbs von Siemens für einen Neubau am Magnus-Haus auf, das "Konzernrepräsentanz" werden soll.

Erst der Streit um den Kaufpreis für das denkmalgeschützte Ensemble, jetzt ein offener Brief gegen die Pläne für einen Anbau auf dem Grundstück in bester Lage von Mitte. Die Gestaltung einer „Konzernrepräsentanz“ für Siemens trifft auf starken Widerstand: In einem offenen Brief an ihre Kollegen haben alle namhaften Berliner Vereinigungen von Architekten und Ingenieure und der Landesdenkmalrat zum Boykott des Wettbewerbs für einen Neubau am barocken Bauwerk aufgerufen – ob sie nun als Teilnehmer oder Jury-Mitglied gefragt sind.

Der letzte barocke bürgerliche Stadtpalais ist gefährdet

Das Magnus-Haus sei das „letzte Beispiel eines barocken bürgerlichen Stadtpalais in Berlin-Mitte“. Und „ein Glücksfall“ dazu, weil es mit den „dazugehörigen Gartenarealen“ ein Musterbeispiel für den Städtebau Berlins im 19. Jahrhundert, dessen Spuren in der Folgezeit nahezu vollständig aus dem Stadtbild gelöscht wurden. „Einige zur Teilnahme aufgeforderten Büros und Preisrichter haben bereits verzichtet und abgelehnt“, heißt es in dem Schreiben weiter. Denkmalbehörden und Landesdenkmalrat hätten öffentlich gegen eine Bebauung des Grundstückes Stellung bezogen. Durch eine „gemeinsam vertretene klare Haltung könnte die Bauherrin, die Siemens AG, möglicherweise zum Umdenken bewegt werden“, so die Unterzeichner.

Siemens zufolge soll nur der Parkplatz bebaut werden

Bei Siemens kann man die Aufregung nicht ganz verstehen, schließlich habe niemand die Absicht, den barocken Garten zu bebauen. Lediglich ein Parkplatz solle weichen. "Es besteht bisher lediglich Klarheit über die geplante Nutzfläche in Höhe von 1.800 Quadratmetern in einem drei- stellenweise viergeschossigen Bau", so Sprecher Michael Friedrich. Der Neubau werde also deutlich niedriger als die Umgebungsbebauung des Magnus-Hauses. Die konkrete Ausgestaltung soll im Rahmen eines Architektenwettbewerbs ermittelt werden. Details hierzu stehen noch nicht fest. "Gerade in Berlin, dem Gründungsstandort von Siemens, haben wir eine große historische Bausubstanz, mit der wir besonnen umgehen", so der Sprecher weiter. Insbesondere in Siemensstadt und mit der Behrenshalle des Gasturbinenwerks in Moabit. Darin spiegelten sich die Geschichte und der Stellenwert von Siemens in und für Berlin. Zugleich sind dies Zeugnisse für große Architektur und ihre lebendige Gegenwart. Zu diesem verantwortungsvollen Umgang gehört ein intensiver Dialog mit der Verwaltung, mit Fachgremien und Öffentlichkeit auch in Denkmalschutzfragen. "Selbstverständlich gilt dies auch im Kontext mit dem Magnus-Haus".

Wowereit hatte Verwaltung aufgefordert, die Genehmigung zu erteilen

Dass es überhaupt zu der heftigen Kontroverse kam, liegt wohl daran, dass der damalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) die Senatsverwaltung für Bauen in einem Brief aufgefordert hatte, die Bauvoranfrage positiv zu entscheiden. Dieser Aufforderung folgte der damalige Bausenator Michael Müller und wischte damit die Vorbehalte des Denkmalschutzamtes in Mitte sowie des Landesdenkmalrates einfach vom Tisch. Auch Mittes Baustadtrat Carsten Spallek stimmte den Plänen zu. In einer "Abwägung" hätten den wirtschaftlichen Interessen des Landes an der Einrichtung einer Hauptstadtrepräsentanz durch Siemens schwerer gewogen als die Bedenken der Denkmalschützer gegen den geplanten Neubau.

Opposition spricht von "politischem Baurecht"

Die Opposition spricht deshalb von einem „politischen Baurecht“, so Andreas Otto von den Grünen. "Der Senat und Siemens wären gut beraten zu prüfen, ob nicht auch ein anderer Standort infrage kommt". Weil inzwischen bereits eine Genehmigung erteilt sie, habe Siemens allerdings rechtlich eine starke Position. Mindestens müssten allerdings die "barocke Gärten öffentlich zugänglich bleiben".

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