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Die Bahn veranstaltet den ersten Wettbewerb vier verschiedener Reinigungsroboter.

© Thilo Rückeis

Berlin-Mitte: Reinigungsroboter-Wettbewerb am Berliner Hauptbahnhof

Die Deutsche Bahn testet autonome Reinigungsroboter – mit einem Parcours aus Ketchup, Cola und Mayonnaise.

Den Dreck mussten sie extra im Supermarkt kaufen, weil der Hauptbahnhof immer so sauber ist. Das wiederum ist dem unermüdlichen Einsatz der Reinigungsleute zu verdanken, die Tag für Tag und vor allem Nacht für Nacht hier unterwegs sind. Also schleppt der für die Verschmutzung zuständige Kollege die Tüte mit Ketchup, Mayonnaise, Cola, Milch, Zuckerrübensaft und Flips durchs Untergeschoss zu „dieser eindrucksvollen Veranstaltung“, zu der Bahnhofsmanager Thomas Hesse die Weltpresse am Dienstagmittag willkommen heißt.

Bei der Veranstaltung handelt es sich um die „Automated Cleaning:Challenge“, an der nicht nur der Doppelpunkt innovativ ist, sondern auch das Teilnehmerfeld: An der schwarz-gelb gestreiften Startlinie aus Klebeband stehen vier der smartesten Schrubber, die der Markt zu bieten hat. Oben grau und unten neongrün der CR 700 des Ulmer Startups Adlatus, daneben hüfthoch, knallrot und rund wie eine aufgeblasene Propangasflasche der RA 660 Navi von Cleanfix aus der Schweiz, gefolgt vom ebenda gefertigten, etwas höher bauenden Taski Swingobot 2000 in BSR-orange.

Und schließlich der blaugraue Hefter RoBot vom Chiemsee, der wie ein Hybrid aus Minikehrmaschine und Aufsitzrasenmäher wirkt. Aber – und darauf kommt es an: Der Fahrersitz bleibt leer. Die für die Reinigung zuständige Bahntochter DB Services will gemeinsam mit dem konzerneigenen Innovationsbrüter DB Mindbox die unbemannte Räumfahrt serienreif machen. Nicht, um Jobs wegzurationalisieren, wie ein Bahnsprecher betont, sondern um das Personal auf die Problemzonen zu fokussieren, statt es stumpfsinnig auf großen, leeren Flächen herumfahren zu lassen.

Roboter die mit Aufzügen kommunizieren

„Den Gewinner erwartet eine zweijährige Testphase mit der DB“, verkündet Steve Leffs, Chief Information Officer von DB Services, während vor ihm die Kollegen eine Trikolore aus Cola, Milch und Ketchup auf dem Granitboden arrangieren. Künftig sei es denkbar, „dass Roboter mit Aufzügen kommunizieren, um selbst die Etage zu wechseln“, malt er die Perspektive aus. Für den Hauptbahnhof mit seinen vielen Etagen wäre das allerdings ein Schreckensszenario, wenn zu Kinderwagenschiebern, Rollkoffersenioren und Rollifahrern auch noch der Bürstensmartie in den Aufzug drängt.

Während der Adlatus an den Start geschoben wird, landet eine Taube in der Schweinerei und illustriert so einen weiteren Aspekt der Sauberkeit. Dann schrubbt die Maschine los, beäugt von Fachleuten mit Klemmbrettern, verfolgt von Kameras. Unbeirrt von den Menschen zieht er seine Bahn auf dem Parcours, auf dem er sich – nach vorherigem Einmessen – anhand der Fixpunkte wie Fahrplantafeln, Säulen und Geländer orientieren kann. Auch die koffergroße Kiste in seinem Weg umschifft er sicher.

Wir haben uns mit Achim Strauß, dem Sprecher der Deutschen Bahn, getroffen und uns die Roboter etwas genauer angeschaut:

Nur den Mayo-Klecks dahinter überlässt er den nachfolgenden Bewerbern. Der Cleanfix kümmert sich darum, erweist sich aber als hypersensibel: Nachdem ihn fünf Mann umringt haben – im wahren Bahnhofsleben wären das am ehesten ältere technikaffine Herren, die sich von ihren Gattinnen losgerissen haben –, dreht er sich so oft um sich selbst, dass er leicht schräg weiterputzt, also um etwa zehn Grad verdreht. Ineffizient, aber ungefährlich, sagen alle Beteiligten: Die radar-, laser- und kamerabasierten Sensoren machen die Geräte auch absturzsicher. Die sind außerdem so programmiert, dass sie nicht selbstständig über unbekanntes Terrain fegen, sondern bei Orientierungsverlust stehen bleiben und um Hilfe blinken oder ihrem Herrchen eine SMS schicken.

Nach einer Stunde sind Ketchup & Co. getilgt

„Die größte Schwierigkeit ist, wenn Roboter bedrängt werden“, sagt der Vater des Swingobot, dessen Schützling jetzt seine Runden dreht und ebenfalls elegant die Passanten umkurvt. Der Herr des Adlatus nennt als Mangel, dass es noch keinen brauchbaren Sensor gebe, der die Sauberkeit kontrolliere.

Etwas konstruktionsbedingt Beunruhigendes hat der RoBot, dessen leerer Sitz nach abgeworfenem Fahrer aussieht. Außerdem ist er als einziger so programmiert, dass er keinen Abstand hält, sondern auch Kanten von Hindernissen – bei denen es sich auch um Schuhe handeln kann – poliert. Aber nur sachte.

Nach einer Stunde sind Ketchup & Co. getilgt. Die Jury mit den Klemmbrettern äußert sich zufrieden, aber vage: Erst mal müssen sie intern Bilanz ziehen. Die Herren der Roboter, die schon seit dem Morgen im kalten Untergeschoss zugange sind, stürzen sich dankbar auf die heiße Suppe. Leider ohne zu kleckern.

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