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Muslime nehmen an einem Freitagsgebet teil.

© Sven Hoppe/dpa

Berlin-Moabit: So trotzt Berlins liberale Moschee dem Hass

Im Vorraum steht ein Security-Mann, Fotos sind tabu. Das Beten in der Berliner Ibn-Rushd-Goethe-Moschee geht weiter - Gäste sind willkommen.

Am Ende einer Wiesenzunge, dem kleinen Tiergarten, in Alt-Moabit stehen die backsteinernen Gebäude der Johanniskirche. Nach einem Regenschauer ist der Himmel wieder aufgeklart. Um das Gelände herum ist es ruhig. Dass sich hier die vieldiskutierte liberale Ibn-Rushd-Goethe-Moschee befindet, wissen einige Anwohner gar nicht. „Das ist doch eine Kirche, da müssen Sie sich geirrt haben“, sagt einer. Kein Wunder, dass sie auf dem Gemeindegelände niemand vermutet. Schließlich ist die Moschee obendrein gut versteckt. Ist man durch den Rundbogen über den üppigen Hof gelaufen, steht man erst mal vor verschlossener Tür.

Wer in die Moschee will, muss klingeln und warten, bis eine Stimme hineinbittet. Der kleine Raum über Gemeindesälen, in denen sich Konfirmanden treffen, genießt international Aufmerksamkeit. Mitte Juni wurde die Moschee dort mit viel medialer Aufmerksamkeit eröffnet.

Zur Sicherheit mit Security

Seitdem hagelt es neben Zuspruch aus unterschiedlichen Ecken der Welt Hasskommentare. Aber was passiert hier eigentlich während eines gewöhnlichen Freitagsgebets?
In Vorraum steht ein Security-Mann, der Gäste bittet, die Taschen zu öffnen. „Ist zu Ihrer eigenen Sicherheit. Sie haben sicher gehört, was los ist.“ Seyran Ates, die Gründerin, erreichten über 100 Morddrohungen. Weil sich auch andere bedroht fühlen, seien Fotos tabu – Gäste indes willkommen.

Von denen gibt es viele. Ates spricht mit indischen Vertretern einer Menschenrechtsorganisation und einem Integrationsminister Englisch. Später kommt eine internationale Studierendengruppe. Zwischen den Fenster des 90 Quadratmeter großen Raumes stehen Vasen mit langen Gräsern, in einem Regal Turnschuhe, Spiele und Koran-Ausgaben.

Während Ates über Religionsfreiheit spricht, stemmt ein Polizeibeamter neben ihr die Hände in die Hüften. Für den kleinen Raum hat sie mutig gekämpft. Ihre Mission: Eine Moschee, in der Sunniten, Schiiten und Aleviten nebeneinander beten – Männer und Frauen.

Gelegenheit zum gemeinsamen Beten

Hektisch werden Teppiche ausgerollt. „Wer macht den Ruf?“, fragt einer. „Wenn sich jemand waschen will, ist jetzt die letzte Gelegenheit“, sagt ein anderer. Die rund 15 Gäste nehmen an den Rändern Platz. Zu den Teppichen begeben sich weniger als die Hälfte. „Ich habe den Leuten gesagt, sie sollen fernbleiben, wenn sie sich unsicher fühlen“, sagt ein Prediger. „Ein Gebet kann erst stattfinden, wenn Sicherheit von Körper und Seele gewährt ist.“ In seiner Predigt bedankt er sich später bei den Sicherheitskräften.

Bevor es losgeht, erklärt er den Gästen, dass das Beten zu den fünf Säulen des Islam gehört, gemeinsames Beten „verdienstvoller“ sei. Während des Gebets bewegen sich die Körper dann fast synchron. Das Gebet soll Muslime auf der ganzen Welt vereinen. Vorschreiben will die Gemeinde aber nichts: Dass Schiiten die Hände mal anders halten als Sunniten, sei in Ordnung. Ein zweiter Prediger erzählt, dass er ein Mädchen ermutigt habe, trotz der Periode am Gebet teilzunehmen, anders als traditionell üblich.

Die Bewegungen enden für Zuschauer abrupt: „Das Gebet ist zu Ende, wir können sprechen, lachen, locker sein.“

Ein Mann aus Köpenick steckt einem Prediger seine Nummer zu, will das Beten lernen. „Ich hab nicht gefragt, bist du Jude, bist du Christ“, sagt dieser und erklärt, Beten sei gut für die Gelenke – so wie Yoga. „Wir zeigen ein anderes Gesicht des Islam, neben dem Terror“, sagt er. Um eine Frau, die durch die Tür tritt, weht Zukunftswind: Mit ihrer Handy-App richtet sie sich ohne zu zögern gen Mekka aus. Als wollte sie zeigen, dass das, was hier passiert, doch nicht so ungewöhnlich ist.

Das Gebet beginnt am Freitag um 13 Uhr, Alt-Moabit 24, 10559 Berlin.

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