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Rückzug. Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum hört auf.

© dpa

Berlin nach Ulrich Nußbaum: Jetzt kommt es auf die Disziplin an

Die Berliner SPD schuldet Nußbaum Dank. Denn mit seinem Rückzug als Finanzsenator macht er den Weg frei für alle drei SPD-Kandidaten, künftig im Senat ihr Bestes zu geben. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Bleiben will er doch, Ulrich Nußbaum, bald gewesener Finanzsenator dieser Stadt. Die Faszination war am Anfang schon groß, sie hat für ihn nie abgenommen, jetzt ist sie so, dass er sich hier neuen Aufgaben stellen will. Was aus seinem Mund klingt, als hätte er schon etwas Neues. Ja, Berlin, diese Metropole, widerspenstig, spröde, wundervoll, zieht noch jeden in ihren Bann. Nur wenige verbannt sie. Nußbaum hat das gerade noch vermieden.

Denn wer das vermeiden will, muss mit den Zeitläufen hier umzugehen lernen. „Kann man nicht meckern“ ist das höchste Lob, und darum, dass wirklich nicht zu sehr über ihn gemeckert wird, musste Nußbaum zuletzt schon auch arg kämpfen. Das dritte Jahr hintereinander – in insgesamt sechs Jahren – einen Überschuss erwirtschaftet zu haben, klingt als Bilanz zwar sehr gut. Und seinen Anteil daran hat Nußbaum mit seiner Finanzbehörde gewiss. Aber es waren halt auch die Umstände, glückliche und andere, sprudelnde Steuereinnahmen, gute Konjunktur insgesamt, die Bereitschaft von Firmen, sich auf ein Unternehmen Berlin mit ungewissem Ausgang einzulassen.

Gleichviel, was zählt, ist unterm Strich, und das ist gut so. Mehr wäre für diesen Finanzsenator in jedweder neuen Konstellation nicht möglich gewesen, weniger immer, denn beliebt gemacht hat sich Nußbaum politisch nur bei seinem Förderer und Schutzschild Klaus Wowereit und bei vielen Berlinern durch seine alerte, leichtfüßige, scheinbar kommunikative Art. Die Kehrseite kennenzulernen, war keinem zu raten.

Aber der Neue, der kann nachhaltig denken, planen, arbeiten

Jetzt ist Nußbaum noch nicht ganz weg, doch wirkt es wie ein Rücktritt. Am 11. Dezember ist für ihn im Senat aber Schluss, seine Gegner werden auf ihn anstoßen und aus ihren Gründen auf einen Neuanfang setzen. Tatsächlich ist der möglich, eben weil die Finanzen so gut sind, bis auf die vermaledeiten Schulden, um die sich aber mal der Bund kümmern muss mit einer großen Lösung. Neuanfang: ein verheißungsvolles Wort. Schon Nußbaum wollte ihn möglich machen, bot Wowereit immer an, er solle ihm sagen, wofür er das Geld haben will, für welches Projekt, dann würde er es ihm besorgen. Ja, ein Projekt, ein großes, das einen Bürgermeister überdauert – das wär’s. Und das ist jetzt wieder ein Thema, nachdem Wowereit nicht mehr mehr will und nach dem 11. Dezember auch nicht mehr kann. Aber der Neue, der kann. Kann nachhaltig denken, planen, arbeiten. Eine Landesbibliothek war als Plan immer zu klein. Ein Museum der Moderne wäre da schon besser, das aber nur mal so am Rande.

Der Neue, das ist das nächste Stichwort. Dafür schuldet die SPD Nußbaum wirklich bleibenden Dank: Mit seinem Rückzug macht er den Weg frei für alle drei, im Senat ihr Bestes zu geben, Michael Müller, Jan Stöß, Raed Saleh. In welcher Konstellation auch immer, die drei könnten alles das, was gerade im Angebot ist, Regierender, Stadtentwicklung, Finanzen. Für die Sozialdemokraten wäre das schon auch ein Segen; denn Kabinettsdisziplin hat nicht nur als Wortbestandteil die Disziplin. Die bekäme den Genossen hier ganz gut; und es bekäme auch ihrem Ruf im Bundesgebiet und bei den Bundesgenossen besser. Die CDU als Partner wäre womöglich auch zur Dankbarkeit bereit: indem sie weiter brav koaliert und sich wie die SPD im Senat renoviert. Man hört da ja von allen Seiten immer mal wieder so einiges.

Berlin, du Widerspenstige. Du Wundervolle. Die Stunde naht, da sich der zeigen wird, der es mit dir aufnehmen will.

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