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Hoch hinaus in Neukölln: So sieht der Siegerentwurf für den Hotelturm „Estrel Tower“ an der Sonnenallee aus.

© Simulation: Barkow Leibinger Architekten

Berlin-Neukölln: Baubeginn des Estrel-Tower verschoben

2015 könnte der Bau losgehen, hieß es 2014. Inzwischen gibt niemand mehr eine Prognose für den Estrel-Tower in Neukölln ab. Bauherr und Bezirk streiten sich um eine Brücke.

Das größte Hotel Deutschlands ist es schon, bald soll es auch das höchste werden. Das Estrel in Neukölln expandiert, soll doppelt so groß werden wie bisher, doch das Bauen hat noch gar nicht angefangen. 2015 könnte es losgehen, hoffte Hotelchef Ekkehard Streletzki 2014, als der Sieger-Entwurf für den 175 Meter hohen Turm präsentiert wurde. 2015 hieß es dann, 2016 könnten die Bagger rollen. Inzwischen gibt niemand mehr eine Prognose ab.

„Da aktuell die Zufahrt für Baufahrzeuge zum Ausbau der A100 über unser Grundstück verläuft, ist mit den derzeitigen Gegebenheiten die Einrichtung einer weiteren Großbaustelle nicht möglich“, erklärt Hotel-Sprecherin Miranda Meier. Das verwundert, denn der Bau der A 100 ist langfristig geplant, eine Kollision der Baustellen wäre vorhersehbar gewesen. Das Hotel liegt unmittelbar an der im Bau befindlichen Autobahntrasse von Neukölln nach Treptow.

„Mögliche Beeinflussungen der beiden Baumaßnahmen können in den bauzeitlich erforderlichen Ankerkonstruktionen der Baugruben liegen“, erklärt Matthias Tang, Sprecher der Senatsverkehrsverwaltung, die für den Bund die Autobahn-Verlängerung realisiert. Außerdem hätten die „Bauphasen“ an der künftigen Anschlussstelle Sonnenallee verändert werden müssen, wegen „Mehrbedarfs“ bei der Verlegung neuer Leitungen. Was eigentlich bedeutet: Zwei Großbaustellen nebeneinander vertragen sich schlecht. Zwischen dem Estrel und der Verkehrsverwaltung soll es allerdings einen förmlichen Vertrag zwecks guter Baustellen-Nachbarschaft geben.

Die Brücke wirkt wie ein Bremsklotz

Mindestens so kompliziert wie die Lage vor Ort sind allerdings die Verhandlungen über eine Industriebahn-Brücke, die das Estrel gerne erhalten würde, als schnelle Verbindung zwischen dem bestehenden und dem künftigen Estrel-Hotel. Die Brücke ist eigentlich eine tunnelartige Unterquerung der Sonnenallee. Senat und Bahn würden sie am liebsten abreißen, um Unterhaltskosten zu sparen. Doch das Estrel hat die stillgelegten Gleisanlagen bereits gekauft. Ohne Brücke wäre das Investment erheblich entwertet. Die strittige Frage, wer künftig für Unterhaltung und Sanierung der Brücke aufkommen soll, wirkt wie ein riesiger Bremsklotz auf das Projekt.

Die Brücke hat nach Angaben des Neuköllner Baustadtrats Jochen Biedermann (Grüne) auch verhindert, dass der bereits im Juli 2016 verabschiedete Bebauungsplan rechtskräftig werden konnte. Der Senat habe den B-Plan beanstandet und zur Überarbeitung ans Bezirksamt zurückverwiesen. Auch der städtebauliche Vertrag zwischen Bezirk und Estrel sei wegen der Brücke noch nicht unterschriftsreif. Immerhin: Weitere Hürden für das größte Bauprojekt des Bezirks seien derzeit nicht bekannt, versichert Biedermann.

Lompscher findet das Hochhaus fehl am Platz

Er unterstütze das Projekt ausdrücklich, was man von der neuen Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) nicht sagen kann. Sie hatte sich kritisch zum Solitär an der Peripherie der Innenstadt geäußert. Mit einer städtebaulich sinnvollen Planung von Hochhäusern habe das nichts zu tun. Allerdings will Lompscher das besonders von der SPD geförderte Projekt nicht stoppen.

Streletzki hat in der Stadt viele Bewunderer. An dieser ehemals trostlosen Ecke Neuköllns einen Hotel-Kosmos mit 1125 Zimmern plus großem Messe- und Veranstaltungszentrum ins Laufen gebracht zu haben, gilt als das Meisterstück des Unternehmers. Der Kongresstourismus in der Stadt wächst weiter. Bislang kannibalisieren sich die landeseigene Messegesellschaft und der private Hotelbetreiber nicht.

Mit zusätzlich 814 Zimmern und einer dritten Kongresshalle würde Streletzki aber den Druck erhöhen, über die Zukunft des derzeit als Flüchtlingsunterkunft genutzten ICC nochmal genauer nachzudenken. Sonst finden große Kongresse bald nur noch in Neukölln statt.

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