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Lichterloh. Brandstiftungen gegen Autos hatten etwas nachgelassen, werden aber wieder zahlreicher. Bereits 150 gab es in diesem Jahr, darunter die acht Serientaten aus Oberschöneweide.

© imago/Christian Mang

Berlin-Oberschöneweide: Es brennt im Kiez

Eine Serie von Brandstiftungen verunsichert die Bewohner von Oberschöneweide. Acht Autos gingen in Flammen auf, der Grund ist rätselhaft.

Seit knapp zwei Wochen brennen auffällig häufig Autos in Oberschöneweide. Die Brandserie konzentriert sich auf die Straßen um den Waldowplatz. Eine ruhige und grüne Wohngegend, aber nun sind viele Anwohner verunsichert, breitet sich Angst aus im Kiez.

Die Menschen haben verschiedene Theorien über den Hintergrund der Taten. Was auffällig ist: Viele der betroffenen Wagen hatten polnische Kennzeichen. Eine Studentin hat hier schon rassistische Angriffe erlebt, die Brandserie könnte damit zu tun haben, meint sie nun. Ein aus Holland stammender Anwohner – „aber ich habe nichts gegen Ausländer“ – vermutet eher einen Zusammenhang mit den Flüchtlingen im Kiez. Seit sie da seien, gebe es immer wieder Probleme. Für zwei Mitarbeiter eines Kindergartens kommen auch Gentrifizierungsgegner als Täter infrage.

Auf dem Hof von Automechaniker Thomas Migel hatte es Montagfrüh drei Autos getroffen, einen Renault, einen Mercedes und einen Audi. Einer der Wagen hatte ein französisches Kennzeichen, die anderen beiden waren noch nicht angemeldet. „Die Besitzer stehen nun mit nichts da.“ Für Migel kommt der Täter weder aus der linken noch der rechten Szene. „Eher ein kranker Typ. Einer, der Feuer mag. Wie heißt das noch ...? Ein Pyromane.“

Luxusschlitten sind nicht betroffen

Die Polizei nennt diese Fakten: Die erste Tat ereignete sich am 20. Mai. Seitdem wurden acht Pkw angezündet. Es traf überwiegend Klein- und Mittelklassewagen – keine Luxusschlitten. Zum Teil waren es in Polen zugelassene Wagen, die anderen hatten Berliner Kennzeichen – und eben einer mit französischem. Der Köpenicker SPD-Abgeordnete Tom Schreiber kennt das Gerücht unter Anwohnern, dass es Rechtsextremisten sein könnten. Zu belegen ist das nicht, Drohungen soll es nicht gegeben haben, auch Bekennerschreiben wurden nicht veröffentlicht. Zudem wurden im März und April zwei Autos und ein Motorrad an anderen Stellen von Treptow-Köpenick angezündet. Ein Zusammenhang mit der aktuellen Serie erscheint unwahrscheinlich, heißt es.

Bislang wurden die Taten von einem Brandkommissariat des Landeskriminalamtes bearbeitet – die Polizei geht also nicht von einer politisch motivierten Straftat aus. Allerdings hat sich am Mittwoch der Staatsschutz eingeschaltet, ob es möglicherweise doch ein politisches Motiv gibt. Dass es sich bei den Brandstiftungen in diesem Teil von Oberschöneweide um eine Serie handelt, hat die Polizei längst erkannt. Dem Vernehmen nach sind nachts Zivilstreifen unterwegs, auch Funkzellenabfragen und eine Videoüberwachung sind vorstellbar. Bestätigen wollte die Polizei das nicht.

Festnahmen gab es keine

„Feuerteufel“ hat es immer wieder gegeben, vor Jahren waren es vermutlich zwei Täter parallel, die in Hellersdorf zündelten. Einer in Kellern, einer in Containern auf der Straße. Beide Serien endeten nach Dutzenden Taten aus unbekannten Gründen. Festnahmen hat es nicht gegeben. Als ein Motiv für Pyromanie, also die Lust am Feuer, gilt der Wunsch „in die Zeitung“ zu kommen, also quasi berühmt zu werden. In der Kriminalistik ist bekannt, dass Serienbrandstifter zu fast 90 Prozent sogenannte „Nahraumtäter“ sind, die im eigenen Kiez oder dem eigenen Haus Feuer legen.

Noch beliebter als Autos sind für viele Brandstifter Kinderwagen in Hausfluren. Einer brannte in der Nacht zu Mittwoch in der Spandauer Streitstraße. Auch die beiden schlimmsten Feuer der vergangenen Jahre waren so entstanden: 2005 hatte ein strafunmündiges Kind in der Moabiter Ufnaustraße mit Streichhölzern gespielt, neun Menschen starben. Das Feuer aus der Neuköllner Sonnenallee 2011 mit drei Toten wurde nie aufgeklärt.

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