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Schon fast alle Ateliers im Haus sind verkauft.

© Mike Wolff

Berlin-Oberschöneweide: Zu Besuch im neuen Atelierhaus von Bryan Adams

Bryan Adams hat in Oberschöneweide Künstlerstudios im Industriestil gestaltet. Alicja Kwade war die Erste, die sich hier einrichtete.

Die großen Findlinge draußen vor dem Atelier von Alicja Kwade warten noch auf ihren Eintritt in die Kunstwelt. Die kleineren Steine drinnen befinden sich schon in der Metamorphose. Jeder Stein erhält ein gespiegeltes Gegenstück, in Bronze gegossen, dazwischen stehen Platzhalter aus Pappe. Erste Entwürfe für die neue Werkgruppe „Be-Hide“ aus der Produktion des „Team Kwade“, das in Oberschöneweide sein Zuhause gefunden hat, mit exklusivem Blick auf die Spree.

Alicja Kwade ist die erste Künstlerin, die ihre Kunstproduktion im neuen Atelierhaus von Bryan Adams eingerichtet hat. Kwade ist gerade ungemein erfolgreich, ihre Werke touren durch ganz Europa, viele Ausstellungen laufen parallel. Deshalb hat die Berlinerin mit polnischen Wurzeln gleich die gesamte Spreeseite des Hauses in Beschlag genommen, zwei Hallen für die Werkstatt und weitere Räume für Küche, Teambesprechungen und das Büro.

Fotos könnten die Aura des Kunstwerks stören

Für den Tagesspiegel öffnet Studioleiterin Caroline Heinzmann kurz die Hallen, Fotos sind allerdings nicht erlaubt. Bilder vom Entstehen eines Kunstwerks könnten später dessen Aura stören. Sie habe nicht viel Zeit, sagt Heinzmann, „gleich kommen die Franzosen“, eine Delegation aus Tours zur Vorbereitung einer weiteren Ausstellung im Februar.

Übergroße Transportkisten stehen hochkant, am Boden liegen gebogene Stahlrahmen aus der Gravitas-Ausstellung in den Pariser Tuilerien, weiter hinten Baumstämme und Äste. Zwei junge Künstler arbeiten an Werktischen, schleifen und modellieren. Nebenan macht Sascha, Architekt und Projektleiter, gerade eine Pause. Er lobt die Räume, sie böten gutes Licht und die richtige Mischung aus Privatsphäre und Offenheit.

Industriecharme in Oberschöneweide: das neue Atelierhaus von Bryan Adams
Industriecharme in Oberschöneweide: das neue Atelierhaus von Bryan Adams

© Mike Wolff

Das mit der Privatsphäre ist an den meisten Tagen kein Problem, nur wenige Besucher verirren sich unter der Woche nach Oberschöneweide. Der Stadtteil ist ein Kunstquartier im Werden. Kwade ist neben Jorinde Voigt und Olafur Eliasson der dritte prominente Zuzug aus der Berliner Kunstszene. Eliasson baut die aus einer späteren Dekade stammende, wenig sympathisch wirkende „Betonhalle“ für seine Zwecke um. Ob Adams in seinem Nebenjob als Fotograf noch dazustößt, ist derzeit eher unwahrscheinlich, sagt sein Vertrauter Peter Hoppe, der das Atelierhaus vermarktet. Adams habe einfach zu viele Konzertauftritte und zu wenig Zeit.

Die Käufer sollen gut zueinander passen

Der kanadische Musiker hatte sich 2013 eine alte Produktionshalle auf dem ehemaligen Industriegelände der AEG gesichert. Zunächst hieß es, er wolle sich ein Fotostudio einrichten und befreundete Künstler einladen, Ateliers zu mieten. Inzwischen ist klar, dass die 16 unterschiedlich großen Hallen und Maisonette-Ateliers an Interessenten verkauft werden, die mit Adams eigentlich nichts zu tun haben, aber gut zueinander passen sollen. Mit den Planungen habe sich Adams bewusst Zeit gelassen, erzählt Hoppe, um mit den Londoner Architekten über Entwürfe, Materialien und Fenstergrößen zu diskutieren.

Herausgekommen ist eine ungeschminkte Industriekulisse – vier historische Hallen aus gelbem Backstein, eingefasst in unterschiedlich dimensionierte und moderne graue Betonquader. Die Innenräume sind bis auf Eisentreppen und hölzerne Galerien im Rohzustand belassen, so werden sie an die Käufer übergeben, die den weiteren Ausbau übernehmen. Die alten Industriehallen, Baujahr 1910, sind in drei Segmente unterteilt worden, der Mittelteil dient als Innenhof.

Wohnen dürfen die Künstler in ihren Ateliers nicht

Eine Werbeagentur will noch einziehen, ein großes Architekturbüro und ein Musikproduzent. Fast alle 16 Raumeinheiten sind bereits vergeben. Wer hier arbeitet, darf auch mal ein paar Nächte in seinem Atelier verbringen, dauerhaftes Wohnen ist allerdings nicht erlaubt. Hoppe hat selber eine schmale Fläche gekauft, an der Ecke zur Spree, hier künden breite Schiebetüren von einer geplanten Nutzung als Café. Doch bis dahin dürfte es noch etwas dauern. Hoppe hat die Räume temporär an einen Grafiker und eine Designerin vermietet, die hier auch Ausstellungen planen.

Beleben soll sich das Atelierhaus, wünscht sich der Immobilienunternehmer, und Besucher nach Oberschöneweide locken. Das wünschen sich auch die Macher des Industriesalons, die nebenan die Industriegeschichte der AEG präsentieren, dito die Mitarbeiter des Café Schöneweile im ehemaligen Pförtnerhäuschen der Transformatorenwerke und die weniger bekannten Künstler, die schon länger in Oberschöneweide arbeiten und regelmäßig ausstellen. Wenn Bryan Adams auch das letzte Atelier seines Hauses einem anderen Künstler oder Kreativunternehmer überlassen sollte, droht das Kunstquartier trotzdem nicht in Vergessenheit zu geraten.

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