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Auch Kinder suchen gerne spannende Lektüre in Berliner Stadtteilbibliotheken. Wie hier in Friedenau.

© picture alliance / dpa

Berlin-Prenzlauer Berg und Schöneberg: Datenschutz schränkt Bibliotheksbetrieb ein

Ehrenamtliche Mitarbeiter zweier Berliner Bibliotheken haben keinen Zugriff mehr auf wichtige Informationen. Schuld daran ist eine ältere Datenschutzbestimmung, auf deren Einhaltung Berlins oberster Datenschützer nun plötzlich pocht.

Im Jahr 2007 wurde sie geschlossen, einige Monate später neu eröffnet. Im Sommer 2013 galt es, mehrere tausend Bücher vor einer angeordneten Zwangsaussonderung zu retten: Der Betrieb der Kurt-Tucholsky-Bibliothek in Prenzlauer Berg ist alles andere als geruhsam. Und jetzt gibt es neuen Ärger vom Amt.

Seit 2008 betreibt der Verein „Pro Kiez Bötzowviertel“ in Kooperation mit dem Bezirksamt Pankow die Stadtteilbibliothek und rettete sie damit vor der endgültigen Schließung. Weil öffentliche Gelder für Hauptamtliche fehlten, sprangen Ehrenamtliche ein. „Wir wollten immer, dass die Bibliothek wieder hauptamtlich betrieben wird“, sagt Uta Egerer von Pro Kiez. Bis heute führt der Verein die Bibliothek allerdings in Eigenregie. Im Verbund Öffentlicher Bibliotheken Berlins (VÖBB) ist das ein Sonderstatus, der die Ehrenamtlichen immer wieder vor Probleme stellt.

Keinen Zugriff auf Nutzerdaten

Das aktuelle Problem heißt Datenschutz. Seit Februar können die Ehrenamtlichen nicht mehr auf die digitalen Nutzerdaten zugreifen. Vieles, was in einer Bibliothek zur Tagesordnung gehört, ist jetzt nicht mehr möglich. Ursache ist eine Datenschutzbestimmung, die es zwar schon immer gegeben hat. Neu ist aber, dass Berlins Datenschutzbeauftragter Alexander Dix plötzlich darauf pocht, diese konsequent einzuhalten.

So können seit Februar abgelaufene Ausweise nicht mehr verlängert werden, die Barbezahlung von Überziehungsgebühren ist nicht mehr möglich und Kinder werden unverrichteter Dinge wieder nach Hause geschickt. Das gleiche Schicksal teilt die Thomas-Dehler-Bibliothek in Schöneberg, auch sie wird ehrenamtlich betrieben.

Qualifikation von Ehrenamtlichen nicht nachprüfbar

Berlins oberster Datenschützer Alexander Dix begründet seine Initiative mit der Gesetzeslage. „Aus Datenschutzgründen dürfen Ehrenamtliche nicht auf die berlinweite Datenbank mit den Nutzungsdaten aller Bibliothekskunden zugreifen.“ Anders als bei Hauptamtlichen sei die entsprechende Qualifikation bei bürgerschaftlich Engagierten nicht nachprüfbar.

Pankows Kulturstadtrat Torsten Kühne (CDU) sagt dazu, die Tucholsky-Bibliothek habe sich in den vergangenen sechs Jahren in einem rechtlichen Graubereich befunden: „Seit klar war, dass automatische Ausleihterminals installiert werden, drängte der Datenschützer immer bestimmter auf die Einhaltung der Vorgaben.“ An den Automaten können Leser eigenständig Bücher ausleihen, ihr Nutzerkonto verwalten und fällige Gebühren per Karte zahlen. Vorausgesetzt, die Geräte funktionieren.

Verein lädt zum Einwohner-Forum

Klaus Lemmnitz, Vorstand von Pro Kiez, erzählt von genervten Lesern und Bibliotheksmitarbeitern, die sich den Mund fusselig reden. „Erklären Sie mal den Leuten, dass sie ihren Ausweis in einer andern Bibliothek des Verbunds verlängern müssen.“ Vor allem für Grundschulkinder oder mobil eingeschränkte Senioren ist das ein Problem. Für diesen Mittwoch lädt Lemmnitz mit seinem Verein zum Einwohner-Forum ein. Ganz oben auf der Tagesordnung steht die Frage, wie die Bibliothek dauerhaft gesichert werden kann.

Datenschützer Dix hält die Einschränkungen für den Bibliotheksbesucher für akzeptabel: „Wenn sich die ehrenamtlichen Mitarbeiter nicht mehr um die Ausstellung von Ausweisen kümmern müssen, haben sie viel mehr Zeit für Service und Beratung.“

Der Verein Pro Kiez Bötzowviertel lädt am 25. März um 19.30 Uhr zum Einwohner-Forum in der Aula der Kurt-Schwitters-Schule, Bötzowstraße 11, ein. Diskutiert wird über den Erhalt der Kurt-Tucholsky-Bibliothek, aber auch über das Zusammenleben und Bauvorhaben im Kiez.

Lea Albring

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