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Razzia bei Islamisten. Am 25. Februar verbot Innensenator Geisel die Gruppierung Jamaatu Berlin.

© Paul Zinken/dpa

Update

Berlin prüft Abschiebung militanter Islamisten: Mitglieder von „Jamaatu Berlin“ sollen zurück in Heimatländer

Die Fanatiker von Jamaatu Berlin bleiben auch nach dem Verbot des Vereins gefährlich. Und die Internetpräsenz der Gruppierung ist noch nicht komplett beendet.

Von Frank Jansen

Nach dem Verbot der militant islamistischen Vereinigung „Jamaatu Berlin“ alias „Tauhid Berlin“ prüft die Senatsinnenverwaltung, ob die nicht-deutschen Mitglieder der Gruppe in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden können.

„Mit Blick auf die schwerwiegenden Tätigkeiten im Rahmen des Vereins“ sei es eine Selbstverständlichkeit, Abschiebungen zu prüfen, sagte Innenstaatssekretär Torsten Akmann im Verfassungsschutz-Ausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses am Mittwoch. Damit befasse sich die „AG ExtrA“. Das ist die in der Innenverwaltung angesiedelte „Arbeitsgruppe Extremistische Ausländer“, die bei radikalisierten Migranten aufenthaltsrechtliche Konsequenzen auslotet.

Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte Jamaatu Berlin am 25. Februar nach dem Vereinsrecht verboten. Die Gruppierung glorifizierte im Internet die Terrormiliz „Islamischer Staat“ und begrüßte islamistische Anschläge wie den Mord an dem französischen Lehrer Samuel Paty. Jamaatu propagierte zudem die Tötung von Juden.

Das Verbot wurde mit einer großen Razzia kombiniert, in Berlin und Brandenburg waren 850 Polizisten im Einsatz. Sieben Mitglieder von Jamaatu waren bereits in der salafistischen Fussilet-Moschee aktiv, die von Geisel im Februar 2017 verboten worden war.

In der Gebetsstätte in Moabit hatte sich häufig auch der Attentäter Anis Amri aufgehalten, zuletzt nur Stunden vor seinem Angriff mit einem gekaperten Truck auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz. Dass die sieben Jamaatu-Mitglieder auch Amri gekannt haben, sei nicht auszuschließen, sagte Akmann.

Video des Anführers weiter im Internet abrufbar

Etwa die Hälfte der knapp 30 Mitglieder von Jamaatu Berlin habe „verschiedene Staatsangehörigkeiten“, sagte der Staatssekretär. Nach Informationen des Tagesspiegels handelt es sich um Personen aus der Türkei und aus arabischen Ländern.

Ein Mitglied von Jamaatu warb in der Gruppe dafür, in der Türkei ein strenggläubiges Wohnprojekt aufzuziehen. Der Mann gehörte auch zu den einstigen Besuchern der Fussilet-Moschee.

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Unterdessen scheint es Probleme zu geben, die Internetpräsenz von Jamaatu Berlin alias Tauhid Berlin komplett zu beenden. Recherchen des Tagesspiegels ergaben, dass bei Youtube, einer Tochterfirma des Google-Konzerns, noch ein Video des Anführers der Gruppierung abrufbar ist.

Beim Suchbegriff „Tauhid Berlin“ wird ein knapp vierminütiger Film angezeigt, in dem Jarrah B. alias „Abu Umar“ über die Praxis des „tekfir“ redet. Mit „tekfir“ ist die Ausgrenzung von Muslimen gemeint, die angeblich nicht fromm genug sind und deshalb zu Ungläubigen erklärt werden.

Die einstige Website von Jamaatu Berlin ist hingegen bei Youtube nicht mehr zu finden. Warum das Videoportal den Film von Abu Umar weiter zeigt, bleibt offen. Auf eine Anfrage des Tagesspiegels antwortete Google Germany am Mittwoch relativ schnell und fragte nach der Webadresse des Videos.

„Erwarten von Telegram und Youtube, dass sie ihrer Verantwortung nachkommen“

Weiter zugänglich ist auch ein Jamaatu-Kanal beim Messengerdienst Telegram. Im Kanal findet sich reichlich islamistische Hetze, der letzte Eintrag stammt allerdings vom Oktober 2020. Telegram reagierte auf eine Anfrage des Tagesspiegels nicht.

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„Wir erwarten von Telegram und Youtube, dass sie ihrer Verantwortung nachkommen und die eigenen Vorgaben konsequent und zeitnah umsetzen“, sagte der Sprecher der Innenverwaltung, Martin Pallgen, nach der Sitzung des Verfassungsschutzausschusses. In zwei Schreiben sei Telegram zur Löschung des Kanals aufgefordert worden. Der Messengerdienst habe jedoch nicht reagiert.

Telegram schreibt über sich selbst, terroristische Bots und Kanäle würden blockiert. Auch Google betont sein Engagement gegen Extremismus.

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