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Blumen im Sonnenschein. In Reinickendorf ist nicht alles so friedlich, wie es auf dem Parkplatz der Asylbewerber-Notunterkunft scheint.

© Nantke Garrelts

Berlin-Reinickendorf: Streit um Notunterkunft für Asylbewerber

Auf dem Gelände der Karl-Bonhoeffer Nervenklinik wohnen seit Freitag etwa 100 Asylbewerber. Der Bezirk fühlt sich vom Landesamt übergangen und weist in einem Rundbrief an die Anwohner die Verantwortung von sich.

Zwei kleine Mädchen spielen im Sonnenschein auf der Wiese vor dem Haus mit den überdimensionalen Plastikblumen. Vögel zwitschern, auf der Koppel schnauben die Pferde, die zu der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik gehören. Auf der anderen Straßenseite steht ein junger Mann verwirrt in der Einfahrt und zeigt auf einen ausgedruckten Stadtplan, der ihm die Route zu seinem neuen Zuhause zeigen soll. Mehdi Hayei heißt der Iraner, der seit zwei Monaten in Deutschland lebt. Als sie den Neuankömmling sieht, springt die zwölfjährige Dragana von der Mauer vor dem Haus und nimmt ihn unter ihre Fittiche.

Ein Schreiben vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) verschafft Hayei Zutritt zu dem gelben Klinkerbau, in dem seit vergangenem Freitag etwa einhundert Asylbewerber in ehemaligen Verwaltungsräumen wohnen. „Es ist schon ganz gut hier“, sagt Dragana, die sich mit ihrer fünfköpfigen Familie ein Zimmer teilt. „Nur ein bisschen weit weg von der Stadt.“ Wie viele der etwa 100 Bewohner wohnte die serbische Familie vorher in der Wilmersdorfer Straße. Dort entsteht nun ein Hotel.

Als „Zwangsmaßnahme“ bezeichnet Baustadtrat Martin Lambert (CDU) die Belegung von Haus Nr. 25 auf dem Klinikgelände. In einem Rundbrief an die Reinickendorfer Anwohner vom 3. Mai betont er, dass der Bezirk der Ansiedelung von Asylbewerbern nicht zugestimmt habe; das hätten alleine das Lageso und der landeseigene Klinikkonzern Vivantes, dem das Gebäude gehört, ausgehandelt. „Eine Anfrage vonseiten des Lageso zu dem Gebäude lag uns nicht vor“, sagt Lambert. Das Lageso widerspricht Lamberts Version.

Bereits am 22. April habe man mit ihm über das Gebäude gesprochen, am 24. dann ein Infoschreiben an die Anlieger geschickt. „Als wir nach Wochen keine Antwort vom Bezirk hatten und die Leute schon in die Obdachlosigkeit oder zu Verwandten schicken mussten, haben wir Vivantes benachrichtigt“, sagt Silvia Kostner. Sie verweist darauf, dass besonders die Bezirke Reinickendorf und Steglitz-Zehlendorf mit Plätzen für Asylbewerber sehr sparsam seien, obwohl akuter Platzmangel herrscht.

„Das Problem ist, dass wir keine eigenen Liegenschaften haben“, kontert Lambert. „Mit dem Heim im Marie-Schlei-Haus haben wir in einer Entfernung von 50 Metern jetzt etwa 500 Asylbewerber konzentriert.“ In der vergangenen Woche hatte der Bezirk die Umnutzung des ehemaligen Pflegeheims am Eichborndamm erlaubt. Dass jeder Bezirk in der Pflicht sei, Flüchtlinge aufzunehmen, sei nicht die Frage, so Lambert. Ihn ärgert vor allem die mangelnde Kommunikation mit den Anwohnern - deshalb auch der Brief, um die Anwohner zu informieren.

Unter den Nachbarn ist die Stimmung gespalten. Einige hundert Meter von seinen neuen Nachbarn entfernt regt sich Martin Otte auf: „Berlin sollte erst mal Wohnungen für uns schaffen.“ Alexander Repke nimmt es gelassener. Der 72-Jährige erinnert sich an die vielen Menschen, die nach dem Krieg nach  Berlin kamen: „Wir waren doch alle mal Flüchtlinge.“

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