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Das STEMO - ein Rettungsfahrzeug - Stroke-Einsatz-Mobil für verbesserte Schlaganfallversorgung ist ein Gemeinschaftsprojekt von Charitè und Berliner Feuerwehr.

© Doris Spiekermann-Klaas/TSP

Berlin schafft Stemos ab: Rot-Rot-Grün streicht Schlaganfall-Rettungswagen

Es gebe keinen Nachweis dafür, dass die Patienten durch die speziellen Einsatzwagen bessere Chancen hätten. Die Charité zeigt sich erschüttert.

Berlin schafft die Rettungswagen für Schlaganfallpatienten wieder ab. Bislang gibt es drei Stroke-Einsatz-Mobile, kurz „Stemo“, ein Berliner High-Tech-Projekt, gestartet im Jahr 2011, das inzwischen weltweit Nachahmer findet. Die Fahrzeuge sind mit Computertomographen, Mini-Laboren und Telemedizin ausgestattet. Jetzt entschied der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses im Zuge der Beratungen des Doppelhaushaltes 2020/21, das Projekt einzustellen.

Zum Jahreswechsel ist für die drei Wagen, die sieben Mal täglich im Einsatz sind, Schluss.

Im Etatentwurf des Senats waren drei Millionen Euro für Einsatz und Betrieb veranschlagt. Immerhin 12.000 Berliner erleiden jedes Jahr einen Schlaganfall. Doch auf Antrag der rot-rot-grünen Koalition im Ausschuss wird der Posten gestrichen.

Zur Begründung hieß es von Wolfgang Albers, dem gesundheitspolitischen Sprecher der Linke-Fraktion: Es gebe keinen Nachweis dafür, dass Schlaganfallpatienten in Berlin durch die Stemo bessere Chancen hätten. Auch die Führung der Feuerwehr ist gegen den Weiterbetrieb. Sie verweist auf hohe Betriebskosten, die Anfälligkeit der Fahrzeuge, Personalausfälle und die fehlende Finanzierung durch Krankenkassenverbände.

Auf ihrer Internetseite schreibt die Feuerwehr: „Bei der Versorgung eines Schlaganfalls zählt jede Minute. Die Herausforderung besteht darin, möglichst frühzeitig zu erkennen, ob die Symptome des Patienten von einem Gefäßverschluss oder einer Blutung verursacht werden.“

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Dies sei mit dem Stemo am Einsatzort möglich – ebenso die sofortige Behandlung. Folgen wie Sprachstörungen oder Lähmungen könnten minimiert werden. Doch nun stellte Stefan Poloczek, ärztlicher Leiter beim Rettungsdienst der Feuerwehr, fest: Es gebe keine Hinweise, dass die bei einem Blutgerinsel nötige Behandlung, die Thrombolyse, im Stemo besser ist.

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Der Zeitvorteil sei gering

Viel zu wenige Patienten würden erreicht. Der Zeitvorteil sei gering, das Ziel – Überleben oder geringere Behinderung – werde langfristig nicht erreicht. Es sei machbar, den Zeitvorteil der Stemo „mit weniger finanziellem Aufwand“ zu erreichen.

Der Deal mit der Feuerwehr lautet: Die freien Mittel sollen in neue Rettungswagen für die Feuerwehr investiert werden. CDU-Fraktionschef Burkard Dregger kritisierte mit Blick auf die alternde Bevölkerung: „Rot-Rot-Grün setzt leichtfertig das Leben und die Gesundheit Tausender aufs Spiel.“ Ex-Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) erklärte: „Tausenden Schlaganfallpatienten konnte geholfen werden, und zudem ist die Charité mitten in einem Forschungsprojekt. Ein schwarzer Tag für die Wissenschaftsstadt Berlin.“

Die Charité als medizinischer Betreiber reagierte erschüttert: „Die Evaluation ist noch nicht abgeschlossen, sodass das gar keine aussagefähige Bewertung vorliegen kann“, sagte Heinrich Audebert vom Centrum für Schlaganfallforschung dem Tagesspiegel. Es habe Einigkeit mit der Innenverwaltung und der Feuerwehr bestanden, dass die Evaluation noch abgeschlossen werden müsse.

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