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Peter, du coole Sau. Seeed spielen wieder in Berlin – Tickets gibt’s leider schon lange nicht mehr.

© afp

"Berlin, so dreckig und grau": Vier Tage Heimspiel für Peter Fox und Seeed

Sänger Pierre Baigorry alias Peter Fox und seine Band Seeed besingen Berlin schmissig, schmachtend, schnodderig. Ab 22. August hat die Kult-Band aus der Hauptstadt ein viertägiges Heimspiel in der Wuhlheide. Ein perfekter Anlass also, um sich die besten Textzeilen und ihren ganz besonderen Charme für uns genauer anzusehen.

Ab heute spielen Seeed vier Konzerte in der Freilichtbühne Wuhlheide, alle Abende sind ausverkauft. Am Dienstag gab es zum Warmwerden einen spontanen Gig im Yaam-Klub, wo die Karriere der Band begann. Wie kaum jemand anderes haben Sänger Pierre Baigorry alias Peter Fox und seine Mitstreiter das Lebensgefühl der Stadt in schmissige Zeilen gepresst. Hier erzählen wir, was uns diese Texte bedeuten.

Guten Morgen, Berlin, du kannst so hässlich sein, so dreckig und grau.

(Schwarz zu Blau, Peter Fox)

Es passt jeden Morgen. Wenn ich vom Dröhnen der tiefer gelegten Autos geweckt werde. Wenn ich vor die Tür trete und da wieder jemand einen Sperrmüllhaufen abgeladen hat. Wenn ich im Hinterhof an den überquellenden Mülltonnen vorbeimuss, um mein Rad zu holen, das irgendwer umgeschmissen hat. Aber während ich die Sonnenallee entlangradele und mich über die vierzehn immer roten Ampeln, die Zweite-Reihe-Parker und die nervige Stadt ärgere, spüre ich, wie sehr ich es mag, dieses schöne hässliche Berlin. Leonie Langer

Yau, die Nacht ist vorbei, die bösen Geister sind weg. Ich kipp' dich aus’m Bett und mach Kaffee, der tote Tanten weckt. Sind schön angezeckt, löschen unsern Brand mit Sekt. Wir fahr´n an Strand – das Leben fiebert, wir haben uns angesteckt.

(Aufsteh’n, Seeed)

Wer nachts alles mitnimmt, will morgens alles liegen lassen, vor allem sich selbst. Schnell zum See, sonst kühlt das Leben ab. Berlin, ein Fieber, das dich aus dem Bett zwingt. Peter Fox hält das Thermometer und reimt Zeilen, die tote Tänzer wecken. Kaffee und Kontersekt gibt’s an jeder Ecke to go – und mit den bösen Geistern wird dann am Abend wieder getanzt. Dominik Bardow

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Früher ging’s in Berlin um Panzer und Raketen. Heute lebe ich im Osten zwischen Blümchentapeten.

(Dickes B, Seeed)

Ich lebe zwar nach wie vor im Westen, aber darum geht es gar nicht. Ost und West spielen keine Rolle mehr. Die Grenzen sind verwischt, die Zeiten von Krieg und Beklemmungen vorbei. Wir sind frei, wir sind friedlich, uns geht's gut – das spricht für mich aus diesen Zeilen. Und auch der anschließende Satz passt bestens zum neuen Berliner Lebensgefühl: „Ich kümmer mich nicht allzu sehr um Taler und Moneten.“ Axel Gustke

Mach mal nicht auf Drama hier, ich knack dich wie ein Schalentier. Häkel dir ’n roten Teppich. Vor mir ist 'ne Pfütze, mach 'ne Brücke, mach dich für mich dreckig.

(Zucker, Peter Fox)

Hauptstadt der Singles. Getrennt, zueinander gefunden, verliebt, hin und weg. Immer wieder das gleiche Spiel. Dazu pulsieren Peter Fox und Seeed aus den Boxen. Schenk mir mal ein Lächeln, oder hast du schiefe Zähne? Gebt nicht auf, Berliner! Deine Augen machen blingbling und alles ist vergessen. Annette Kögel

Die Glotze glüht, du inhalierst den Dreck, die Nachrichten sind schlecht, du schießt dich weg, wartest ab, bis irgendwas passiert, erwartest, dass der Messias kommt.

(Deine Zeit, Seeed)
Den Text kann man auf alles anwenden, aber besonders einfach auf Berlin, liegt ja alles zwischen den Zeilen: das faule, das kaputte, das selbstmitleidige, aber pervers entspannte Berlin. Beispiele? Kennt ja jeder. Aber eigentlich ist das gar nicht der Punkt, sondern die sanfte, kluge, ironische Aufforderung aufzustehen, wat zu tun! Aus Spaß und Leidenschaft - so wie Seeed und Peter Fox. Und der Groove ist sowieso einfach geil! Armin Lehmann

Du bist nicht schön und das weißt du auch. Dein Panorama versaut. Siehst nicht mal schön von Weitem aus.

(Schwarz zu Blau, Peter Fox)
Urlaub. Und tschüss Berlin, du Nervensäge. Eine Woche Herrlichkeit: Stockholm. Prachtbauten. Meeresbuchten bis in die City, perfekte Schlösser, getrimmte Gärten. Schön, schön. Nach ein paar Tagen ebbt die Verliebtheit ab. Bisschen viel Perfektionismus, nichts zum Verbeißen, nichts zum Festkrallen. Stockholm, du bist nur gut für eine Affäre. Hallo Berlin, du Unperfekte, wie siehst du denn heute wieder aus? Nervst vom ersten Moment an, aber bleibst spannend. Bist was fürs Leben – wenn man dich ab und zu mal verlassen darf. Susanne Leimstoll

Frust kommt auf, denn der Bus kommt nicht.

(Schwarz zu Blau, Peter Fox)

Sauwetter, Schneeregen. Die übervolle Einkaufstüte reißt an einem Arm, am anderen die kleine Tochter. Wir sind pitschnass, stehen an der Haltestelle: kein Bus nirgends. Ungeduldig und genervt gucken wir, gucken und warten. Da singe ich laut die Zeile von Peter Fox. Die Frau neben mir lacht laut los. Tanja Buntrock

Von Neukölln bis rauf zum Ku'damm macht er den Affen und ihr wollt Zugaben. Ein Primat muss kein’ Beruf ha’m, ein Stadtaffe muss die Stadt im Blut ha’m.

(Stadtaffe, Peter Fox)

Berlin, lieb es oder hass es! Und wenn du es liebst, dann gehörst du zu den Stadtaffen. Kreaturen, die sich an einem Ort wohlfühlen, der voll ist und stinkt – und die dort ohne Grund feiern. Auch wenn sie traurig sind. Marie Rövekamp

Die Berliner Luft im Vergleich zu anderen Städten bietet leckersten Geschmack, allerbeste Qualitäten, um Paraden zu feiern und exklusive Feten – die Massen sind jetzt da, es hat sie niemand drum gebeten!

(Dickes B, Seeed)

Höchste Beachtung verdient die Schlusszeile. War gar nicht Wolfgang Thierse, der mit dem Schwaben-Bashing angefangen hat. Sven Goldmann

Und der Mond scheint hell auf mein Haus am See, Orangenbaumblätter liegen auf dem Weg. Ich hab’ 20 Kinder, meine Frau ist schön. Alle komm'n vorbei, ich brauch nie rauszugehen.

(Haus am See, Peter Fox)

Und irgendwann kommt ihr alle wieder, ihr Speckgürtelpendler und Großstadtidyller. Dann sehen wir uns dort, wo die Stadt kocht. Wenn nicht, komm’ ich mal raus zu euch – aber nur für ein verkürztes Wochenende. Robert Ide

...UND SONST?

Die Ärzte und Toten Hosen haben schon ihre Konzerte an der frischen Luft gespielt, jetzt sind Seeed dran. Und wer kommt sonst noch in diesem Sommer? Am Sonntag dirigiert Daniel Barenboim in der Waldbühne, am 5. September kommt Elton John. Einen Tag vorher ist noch ein Superstar in Westend – nebenan, im Olympiastadion: Am 4. September führt hier Roger Waters sein „The Wall“-Spektakel auf. Am 6. und 7. September gastiert auf dem Flughafen Tempelhof wieder das Berlin Festival, u. a. mit Blur, Björk und den Pet Shop Boys. In der Wuhlheide spielen am 7. September Pur. Auch in der Zitadelle geht es noch weiter – am Freitag mit Jamie Cullum und Xavas eine Woche später. Zum „Taschenlampenkonzert“ werden am 14. September etwa 15 000 Kinder und Erwachsene in der Waldbühne erwartet.

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