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Berlin: SPD-Fraktion will dem Finanzsenator Grenzen ziehen

Der Streit um den Golf-Club Wannsee brachte das Fass zum Überlaufen: Dieser bekam von Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin im Alleingang einen neuen Pachtvertrag. Nun soll das Abgeordnetenhaus bei Vermögens- und Finanzgeschäften zusätzliche Rechte erhalten.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Versuch von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), sich für Vermögens- und andere Finanzgeschäfte mehr Freiraum zu verschaffen, stößt auch in der eigenen Fraktion auf Widerstand. Der neue Pachtvertrag für den Golf-Club Wannsee über 99 Jahre, den Sarrazin während der Sommerferien abschloss, hat wohl das Fass zum Überlaufen gebracht. Heute will die SPD-Abgeordnetenhausfraktion darüber reden, wie die Rechte des Parlaments in solchen Fragen erweitert – und nicht etwa eingeschränkt – werden können.

„Wenn Landesgrundstücke verkauft oder in Erbpacht vergeben werden, brauchen wir ein Selbstbefassungsrecht des Abgeordnetenhauses“, fordert die Vorsitzende des Vermögensausschusses, Dilek Kolat (SPD). Bisher benötigt Sarrazin nur dann die Zustimmung des Parlaments, wenn der Wert der Immobilie über fünf Millionen Euro oder deutlich über dem Verkehrswert liegt. Das Golfgelände hatte der Senator im Alleingang für drei Millionen Euro verpachtet. Das stieß bei CDU und Grünen, aber auch bei SPD und Linken auf herbe Kritik.

Rot-Rot will deshalb durchsetzen, dass künftig jedes Vermögensgeschäft vom Parlament begutachtet werden kann, wenn dies die Haushälter mehrheitlich wollen. Möglicherweise wird auch die Wertgrenze, ab der ein Verkauf zustimmungspflichtig wird, herabgesetzt. Dafür muss die Landeshaushaltsordnung (LHO) geändert werden. Der Senat will die LHO ohnehin reformieren, um „nicht mehr zeitgemäße Vorschriften“ oder Regelungen, „die sich nicht bewährt haben“, abzuschaffen. Aber jetzt könnte es Sarrazin passieren, dass diese Reform nicht in seinem Sinne verläuft. Und das gilt nicht nur für Immobiliengeschäfte.

Denn Sarrazin will auch öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) für Bauvorhaben erleichtern und verstößt damit gegen einen SPD-Grundsatzbeschluss. Demnach sind ÖPP-Projekte nur dann erlaubt, wenn sich die öffentliche Hand die entsprechende Investition auch aus normalen Haushaltsmitteln leisten könnte. An dieser Hürde war 2007 die Sanierung von 15 Schulen mit Hilfe privater Finanziers gescheitert. Von ihrer restriktiven Haltung will die SPD nicht abrücken.

Auch mit dem Vorschlag, sogenannte Sale-and-lease-back-Geschäfte in der Haushaltsordnung zu verankern, wird Sarrazin scheitern. Das Prinzip ist einfach: Öffentliche Gebäude oder anderes Vermögen wird an einen privaten Investor verkauft und sofort wieder gemietet. Das bringt Geld in die Kasse, schränkt aber die Verfügungsgewalt über das Vermögen ein. Der SPD-Wirtschaftsexperte Jörg Stroedter und SPD-Finanzsprecher Stefan Zeckenfels sehen dafür „in der Fraktion keine Mehrheit“. Auch der Rat der Bürgermeister äußert in einer Stellungnahme „erhebliche Bedenken“.

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