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Berlin: Berlin steht als deutsches Reiseziel an erster Stelle

Nach der Vereinigung der Stadt sah es fast so aus - aber das Interesse der Touristen hat doch nicht nachgelassen, im Gegenteil. Sieht man von den leicht rückläufigen Besucherzahlen Anfang der 90er Jahre einmal ab, ist der Besucherandrang kontinuierlich gewachsen.

Nach der Vereinigung der Stadt sah es fast so aus - aber das Interesse der Touristen hat doch nicht nachgelassen, im Gegenteil. Sieht man von den leicht rückläufigen Besucherzahlen Anfang der 90er Jahre einmal ab, ist der Besucherandrang kontinuierlich gewachsen. "Unsere Stadt könnte nur mit Badetourismus noch mehr Gäste gewinnen", meint Bernd Buhmann, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Berlin Marketing Gesellschaft (BTM). Da er aber weiß, dass man weder die Ostsee näher an die Stadt rücken noch die Spree zur Meeresbucht vergrößern kann, gibt er sich mit den bestehenden Besucherzahlen zufrieden. Und die sind nun wirklich erfreulich. Seit 1994 haben sie sich von jährlich gut drei Millionen auf 3,6 Millionen gesteigert.

Berlin steht damit als deutsches Reisziel an erster Stelle. Jeder fünfte Tourist, so heißt es, entscheide sich aufgrund des vielfältigen kulturellen Angebots für Berlin und keine andere Stadt. Wer sich angesichts dieses positiven Trends zu wundern beginnt, da er im Hinterkopf immer noch das Klagen der Hoteliers über leerstehende Betten hat, muss sich klar machen: Die Zahl der Betten wächst schneller als die der Touristen. 1995 verfügte Berlin noch über 45000 Betten, bis ins Jahr 2002 sollen es 60000 sein, was einem Zuwachs von einem Drittel entspricht. "Es ist unwahrscheinlich, dass auch die Besucherzahl ein derartiges Plus erfährt", gibt Buhmann zu bedenken. Vor allem die Politik zieht. Besonders deutlich zeigte sich das bei der Eröffnung des Reichstages im April. Im Vergleich zum Vorjahresmonat wurde eine Steigerung von 17,9 Prozent erzielt. "Das hat einen enormen Schub für die Besucherentwicklung der Stadt gebracht", freut sich Hans Peter Nerger, Geschäftsführer der BTM, noch nachträglich. Dass die Stadt auch zukünftig ein "Mekka für Neugierige" sein wird, davon geht Buhmann aus. "Viele erhoffen sich eben, Gerhard Schröder Pfeife rauchend im Reichstag zu sehen." Auch drei Monate nach der Eröffnung stehen täglich noch 4000 Personen vor dem Reichtagsgebäude Schlange. Buhmann geht von jährlich 300 bis 500 000 zusätzlichen Gästen durch den Regierungsumzug aus, denn außer den "Neugierigen" sei ja auch mit mehr Staatsgästen und Abgeordneten zu rechnen, und sei es nur in Form von Wahlkreisreisen.

Bei den ausländischen Touristen sind nicht alle Nationalitäten gleich stark vertreten. Am treuesten sind immer noch die Amerikaner. Für Buhmann ist dieses Ergebnis besonders überraschend, da die Anreise so lang ist. Dicht hinter den US-Bürgern liegen die einheimischen Touristen. Auch die Engländer bekunden starkes Interesse.

Viele kämen aus "Nostalgiegründen", weil etwa Verwandte die Stadt noch aus dem zweiten Weltkrieg kennen. Dementsprechend oft wird nach dem verschütteten Hitler-Bunker, der irgendwo zwischen Topographie des Terrors, Brandenburger Tor und Potsdamer Platz verschüttet liegt, gefragt. Die Top-Ten-Liste der Sehenswürdigkeiten führen nach wie vor Reichstag, Brandenburger Tor und Potsdamer Platz an. Trotzdem differiert die Interessenlage von Nationalität zu Nationalität.

Haben sie die Hauptattraktionen mit der Kamera eingefangen, sind die Japaner vor allem gespannt auf architektonische Highlights und haben für klassische Musik stets ein offenes Ohr. Letzteres bestätigte sich bei Classic-Open-Air am Gendarmenmarkt. Die Bauten von Arata Isozaki stehen für die Japaner auf der Checkliste ganz oben. Die Italiener hingegen sind ganz hingerissen von der Arbeit des Architekten und Landsmannes Renzo Piano. Ansonsten interessieren sie sich aber eher für die Rubrik "Life-Style". Buhmann versteht darunter die Club-Szene, vor allem die "junge Szene", Kneipen-Kultur, aber auch neue Trends in der Galerie-Branche. Italiener bewegten sich besonders gerne in Mitte und Prenzlauer Berg und entwickelten große Leidenschaft beim Shopping. Skurrile Sight-Seeing-Events seien allgemein sehr beliebt. Buhmann zählt dazu die Bunker-Tour und das Berliner Gruselkabinett. Bei den Asiaten stehe auch das Erotik-Museum am Bahnhof Zoo hoch im Kurs. "Über das Potenz steigernde Nashornpulver kichern sie ganz besonders", erzählt Lars Schwebskirchl vom Beate-Uhse-Shop ein Stockwerk tiefer.

Julia Rehder

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