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Berlin und Olympia: Ringen um die Reise

In China will die Landesregierung Flagge zeigen. Die Opposition ist dagegen. Ein Pro & Contra

Wie protestiert man richtig, wenn man Politiker in Berlin ist und in China olympische Spiele gefeiert werden: Bleibt man zu Hause und nennt das Boykott? Oder fährt man hin und „spricht die Frage der Menschenrechte an“, wie es so oft heißt?

Regierung und Opposition sind darüber gegensätzlicher Meinung, wie sich am Donnerstag im Abgeordnetenhaus deutlich zeigte: In einem gemeinsamen Antrag wollten CDU, Grüne und FDP den Senat auffordern, „keine Repräsentanten zu den Olympischen Spielen reisen zu lassen“. Den Antrag schmetterte die rot-rote Mehrheit ab – und brachte stattdessen ihren eigenen durch, in dem „alle offiziellen Vertreter des Landes“ aufgefordert werden, „bei allen Begegnungen im Zuge der Pflege von Städtepartnerschaften sowie anderen Auslandsaufenthalten weiterhin für Demokratie und Menschenrechte weltweit einzutreten“. Diese Position sollten Politiker ebenso deutlich machen wie Sport- und Wirtschaftsverbände.

Einen Teilerfolg hatte die Opposition schon erzielt: Nach ihrer Kritik wurde die Reise des Parlamentspräsidiums unter Walter Momper (SPD) abgesagt. Doch die Peking-Tour des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) und Sportstaatssekretär Thomas Härtel hält Rot-Rot schon deshalb für notwendig, weil Berlin in Peking für die Leichtathletik-WM 2009 werben müsse – immerhin das drittgrößte Sportereignis der Welt. Nach Auskunft der Innenverwaltung ist in Peking ein „Berlin-Abend“ geplant. Wowereit selbst bekräftigte am Donnerstag seinen Reiseplan. Zuvor hatte er es als „unlogisch“ bezeichnet, wenn Politiker die Athleten in China quasi allein ließen.

Nach Ansicht der Opposition haben Olympia und die Leichtathletik-WM nichts miteinander zu tun. FDP-Fraktionschef Martin Lindner ätzte im Parlament, die rot-roten Repräsentanten wollten doch nur ein wenig vom olympischen Glanz abbekommen und würden dafür den chinesischen Machthabern freiwillig „die Kulissen verschönern“.

Die meisten Landesregierungen planen keine Olympia-Reisen. Die Bundeskanzlerin fährt nicht; Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) mag allenfalls im Verlauf der Spiele die Sportler durch seine Anwesenheit moralisch unterstützen, verzichtet aber auf die Eröffnungsfeier. Spannend wird das Thema spätestens am 19. und 20. Juni: Wenn dann die Olympische Flamme durch Tibet getragen wird, bekäme der Senat Gelegenheit, Flagge zu zeigen – und zwar entweder die tibetische am Roten Rathaus, wie es die Opposition fordert. Oder „in geeigneter Weise (…) nach dem Vorbild der Partnerstadt Paris“, wie von der Koalition beschlossen. Dort hing am Rathaus ein Transparent mit dem Slogan: „Paris unterstützt die Menschenrechte auf der ganzen Welt“.

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