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Berlin vor dem 1. Mai: „Revolutionäre“ Demo darf am Leipziger Platz starten

Zunächst verbotener Ausgangspunkt überraschend von der Polizei genehmigt. Staatsanwälte drohen Randalierern mit bis zu zehn Jahren Haft

Die „Revolutionäre 1.Mai-Demo“ darf am Leipziger Platz starten. Dies erlaubte gestern völlig überraschend die Polizei. Bis gestern Mittag hatten die Behörden immer den Anhalter Bahnhof als Ausgangspunkt genannt, um mögliche Chaoten vom Einkaufszentrum Potsdamer Platz fernzuhalten. Wie der Einsatzleiter der Polizei, Jürgen Schubert, dem Tagesspiegel bestätigte, habe man den Leipziger Platz als Kompromiss akzeptiert, da der Anmelder der Demo im Gegenzug darauf verzichtet habe, mitten durch das Straßenfest in Kreuzberg zu demonstrieren. Die Autonomen hatten angekündigt, sich dies vor dem Verwaltungsgericht zu erstreiten. „Jetzt haben wir einen Kompromiss zwischen Demo-Anmelder und Festveranstalter“, sagte Schubert. Auch die Demo-Organisatoren bestätigten den Kompromiss. „Ein verhängnisvoller Deal“, kritisierte der innenpolitische Sprecher der CDU, Frank Henkel. Diese jetzt genehmigte Route gefährde unter anderem die Neubauten am Leipziger Platz, den Bundesrat und das Finanzministerium.

Ein 19 Jahre alter Steinewerfer von den Mai-Krawallen 2003 ist vom Landgericht am Mittwoch zu einem Jahr und vier Monaten Jugendhaftstrafe auf Bewährung verurteilt worden. „Die Tat ist per Videobeweis nachgewiesen, und zehn Steine und eine Flasche in die Menschenmenge zu werfen, ist kein Kavaliersdelikt“, begründete der Richter das Urteil. Als Auflagen erhielt der Jugendliche 160 Stunden gemeinnützige Arbeit und die Pflicht, sich am 30. April und 1. Mai 2004 und 2005 zweimal bei der Polizei zu melden.

Der Richter verhängte damit eine härtere Strafe als von Staatsanwaltschaft und Verteidigung gefordert. Sie hatten für ein Jahr Jugendstrafe auf Bewährung plädiert. Den starken Alkoholkonsum zur Tatzeit ließ der Richter nicht als mildernden Umstand gelten, wohl aber die Reue und den Willen zur Besserung. Die Videoüberwachung der Ausschreitungen in Kreuzberg hatten die Beamten auf die Spur des 19-jährigen Punk aus Eberswalde geführt. Sieben Wochen saß er in Untersuchungshaft.

Die Teilnahme an Krawallen zum 1. Mai kann Beteiligten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe einbringen. Das Werfen von Flaschen und Steinen gegen Polizeibeamte wird im Gesetz als besonders schwerer Fall des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gewertet (Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten bis fünf Jahren) oder als gefährliche Körperverletzung und besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs (jeweils Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten bis zehn Jahren), sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Das Anzünden von Autos ist laut Gesetz eine Brandstiftung (Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bis zehn Jahren).

Laut einer Übersicht der Staatsanwaltschaft zu den gewaltsamen Ausschreitungen vom 1. Mai 2003 erhielt jeder vierte Festgenommene einen Haftbefehl, sagte der Sprecher. Verurteilt wurde etwa ein 22-Jähriger zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung. Aber auch die Krawallmacher, die zunächst unerkannt blieben, waren nicht sicher. Von den etwa 30 mit Plakaten gesuchten Randalierern wurden 14 identifiziert. Darunter befand sich ein 26-Jähriger, der Ende Juli 2003 festgenommen und nach drei Monaten Untersuchungshaft zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

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