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Das traditionsreiche Winzerfest am gutbürgerlichen Rüdesheimer Platz ist ein Publikumsmagnet, gefällt aber nicht allen Anwohnern.

© imago/PEMAX

Berlin-Wilmersdorf: "Weinbrunnen" am Rüdesheimer Platz ist gerettet

Richter finden das langjährige Winzerfest nicht zu laut. Die Lärmschutzklage eines Nachbarn ist deshalb erneut und endgültig gescheitert.

Nach einem jahrelangen Rechtsstreit um den Lärm ist der traditionsreiche „Rheingauer Weinbrunnen“ in Wilmersdorf nun endgültig gesichert: Am Montag wies das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg die Klage eines Anwohners ab, der sich von dem Winzerfest am Rüdesheimer Platz gestört fühlt. Die Richter sahen keine „schädlichen Umwelteinwirkungen“.

Zum einen seien die Lärmgrenzwerte nicht überschritten worden, hieß es. Außerdem hätten „auch die sonstigen Umstände – nicht zuletzt die Herkömmlichkeit und die soziale Akzeptanz des ,Weinbrunnens’ – für die Zumutbarkeit der damit verbundenen Immissionen gesprochen“. Das Urteil ist rechtskräftig, eine Revision wurde nicht zugelassen.

Das Fest gibt es seit 50 Jahren

Weingüter aus dem Charlottenburg-Wilmersdorfer Partnerlandkreis Rheingau-Taunus schenken seit 1967 ihren Wein auf dem Platz aus, der im sogenannten Rheingauviertel liegt. Ursprünglich dauerte das Fest nur zwei Wochen, später waren es bis zu 20 Wochen. Offiziell gibt es 350 Plätze rund um eine Holzbude um den Schanktresen. Allerdings bringen viele Besucher eigene Gartenstühle mit oder setzen sich auf die Mauer am Siegfriedbrunnen (der ein echter Brunnen ist). Deshalb schätzt das Bezirksamt, dass an manchen Tagen bis zu 600 Weintrinker gleichzeitig bei dem Fest sind. Der Anwalt des Klägers sprach von bis zu 700.

Vor drei Jahren versuchte der Anwohner Peter S. mit einem gerichtlichen Eilantrag gegen das Bezirksamt als Genehmigungsbehörde, ein Verbot des „Weinbrunnens“ zu erreichen. Dieses Verfahren verlor er ebenso wie den späteren Prozess vor dem Verwaltungsgericht im Frühjahr 2016. Dabei wurde jedoch eine Berufung zugelassen, die nun das OVG beschäftigte. Anfang September verschafften sich die Richter bei einem Ortstermin selbst einen Eindruck.

Den Kläger stört besonders Lachen, Klatschen und „Gegröle“

Die Verhandlung drehte sich in teils kurioser Weise um zwei Lärmgutachten. Eines hatte der Bezirk in Auftrag gegeben, das andere der Kläger. Dieser trug vor, es werde oft „gelacht und geklatscht“, was zu „Impulsspitzen“ führen. In der Klageschrift ist auch von „Gegröle“ die Rede. „Das deckt sich nicht mit unserem Eindruck aus dem Ortstermin“, entgegnete eine Richterin. Ein Anwalt des Bezirksamts fügte hinzu, die meisten Gäste seien ältere Menschen, die sich in der Regel ruhiger verhielten als 20- bis 30-Jährige.

Zudem ging es um die Frage, inwieweit die Lärmgutachter andere mögliche Schallquellen berücksichtigt hatten. Beispielsweise rausche das Wasser des Siegfriedbrunnens ja durchaus hörbar, sagte die Richterin. Daraufhin mutmaßte S.: „Vielleicht kann man den Brunnen leiser oder lauter stellen.“ Das sei technisch unmöglich, erwiderte ein für die Anlage zuständiger Amtsmitarbeiter.

Als denkbare Lärmquelle wurden auch Nutzer einer Sitzbank ausgemacht, die nahe dem Balkon von Peter S. steht. Ebenso könne Vogelgesang in die Berechnungen der Fachleute eingeflossen sein. Der Kläger vertrat dabei die Ansicht, dass Vögel je nach Jahreszeit unterschiedlich laut trällern und zwitschern.

Auch andere Nachbarn sind genervt

Im Publikum saßen weitere Anwohner des gutbürgerlichen Rüdesheimer Platzes, die sich gegenüber dem Tagesspiegel über die „Dauerbelastung“ durch das Fest beklagten. Es beginnt jährlich im Mai und dauerte zuletzt – nach einer Verkürzung durch das Bezirksamt – noch 108 Tage. Während dieser Zeit ist täglich von 15 bis 22 Uhr geöffnet, der Ausschank endet um 21.30 Uhr.

„Seit 2010 kommen immer mehr Besucher“, sagte ein Ehepaar. Man habe schon vor zwei Jahren mit dem Bezirksamt gesprochen. Außer der reduzierten Veranstaltungsdauer habe sich aber wenig geändert. Nach 22 Uhr werde nebenan in der Grünanlage weitergefeiert und aus mitgenommenen Flaschen getrunken, kritisierten die Prozessbesucher. Sie selbst hätten auf eine Klage verzichtet, weil sie den „Weinbrunnen“ nicht verbieten, sondern nur auf ein verträgliches Maß beschränken lassen wollten.

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