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Das 1922 errichtete, denkmalgeschützte „Haus am Waldsee“. Rechts der wiederaufgebaute Seitenflügel mit Café im Parterre.

© Christoph Stollowsky

Berlin-Zehlendorf: Das Haus am Waldsee lädt zum Baustellenfest

Die Sanierung des Hauses am Waldsee ist beinahe beendet. Am Wochenende lädt das traditionsreiche Ausstellungshaus zum künstlerischen Baustellenfest.

Feuerrot leuchtet die Rinde der uralten Kiefern im Sonnenschein, geradeso, wie auf den Bildern der Berliner Impressionisten Max Liebermann, Lesser Ury oder Walter Leistikow, die allesamt fasziniert waren von den knorrigen Grunewald-Bäumen. Sanft fällt die Wiese von der Terrasse zum Waldsee ab, geschmückt mit Skulpturen.

Und gleich vorne, links, am Entrée des Anwesens an der Argentinischen Allee 30 in Zehlendorf, beugen sich die Äste der Apfelbäume unter der Last vieler Früchte. Ja, das ist ein zauberhafter Ort für Entspannung und Kreativität, perfekt als Kunsthaus und Wohlfühlprogramm, wären da nicht die Hammerschläge, kreischenden Bohrer und das große Gerüst an der Fassade.

Aber nun kommt die gute Nachricht: Nach vier Jahren Planung und 15 Monaten Bauzeit sind die Handwerker im „Haus am Waldsee“ im Endspurt. Die Generalsanierung des traditionsreichen Ausstellungshauses für zeitgenössische internationale Künstler, die in Berlin leben und arbeiten und weltweit agieren, soll im Spätherbst beendet sein. Auch der seit Juni 2017 wiederaufgebaute, nördliche Flügel der einstigen Industriellenvilla sei bis dahin gewiss fertig, verspricht die Leiterin des Hauses, Kunsthistorikerin Katja Blomberg. Dieser Gebäudeteil wurde im Weltkrieg zerstört und später abgetragen.

Vorbereitungen beim Haus am Waldsee
Vorbereitungen beim Haus am Waldsee

© Christoph Stollowsky

Damit sich kunstinteressierte Berliner ein Bild vom Fortgang der Arbeiten und dem künftigen, im Inneren teils neu gestalteten Gebäude machen können, lädt das „Haus am Waldsee“ vom kommenden Freitag bis Sonntag zum „Baustellen-Fest“ ein: mit Künstlergesprächen und mit Performances, die zum Fest und zur Wiedereröffnung geplant wurden. Da steht zum Beispiel am Ufer des Waldsees, der den Park im Rücken der Villa idyllisch einrahmt, ein merkwürdiges Metallgestänge.

Ein aufrechtes, drehbares Rohr mit seitlichen Düsen. Sein Schöpfer Markus Jeschaunig wird es noch in der Mitte des kleinen Sees installieren. Es soll herumwirbeln, Wasserwolken zerstäuben und einen regelrechten lokalen Zyklon simulieren – auch als Warnung vor dem drohenden Klimawandel.

Ob die nasse Performance schon zum Baustellen-Fest funktioniert, ist allerdings offen. „Wohl aber zur Wiedereröffnung des Hauses“, sagt Katja Blomberg. Und dann soll der Zyklon zwei Jahre lang dem Skulpturengarten, der beliebten Open- Air-Präsentation des Hauses, für Vorführungen erhalten bleiben.

Temporäre Installationen

Eher temporär sind die anderen Installationen. Mitten im Park lassen die Künstler Nezaket Ekici und Shahar Marcus gerade gläserne, von Metallrahmen eingefasste Wände im Kreis aufstellen. Dreizehn Performer mit Migrationshintergrund werden dahinter am Sonnabend ab 14 Uhr die selben Worte, jeweils in verschiedenen Sprachen, mit ihren Zeigefingern, die sie zuvor in Honig tauchen, auf die Scheiben schreiben. Und anschließend die Worte ablecken. Idee des „Honey Projects“: Sie nehmen die fremden Sprachen auf. Ein Zeichen für Toleranz und Miteinander.

Im Schatten hundert Jahre alter Bäume ist die „Kaschemme“ des Künstlers Bred Hwang indessen schon längst fertig. Eine begehbare Skulptur, sieht aus wie eine kleine hölzerne Wild-West-Bar mit Vorterrasse. Gebaut ausschließlich aus recycelten Teilen ausgeräumter Wohnungen. Am Wochenende dient die Kaschemme als Bar – mit Blick zum Park und See.

Und – last but not least – gibt es sogar eine Installation zum Aufessen, das sogenannte maritime Künstler-Bankett, gefertigt von Sonja Alhäuser. Rund hundert Gäste werden am Freitag im Park an einer langen Tafel kulinarische Figuren aus der Meereswelt verzehren. Leider ist dieses Vergnügen schon ausverkauft.

Außenlift für Senioren und Gehbehinderte

Nach den Planungen des Architektenteams Grundwald und Partner sollten die Grundsanierung sowie der Anbau im Juni dieses Jahres fertig sein, doch die Arbeiten verzögerten sich, auch die noch fehlende Feuertreppe wird als Grund genannt. Für Senioren und Gehbehinderte gibt es künftig einen Außenlift, im Dachgeschoss entsteht ein Atelierraum für Workshops. Heizung, Beleuchtung, Klimatechnik für die Ausstellungsräume – all das gehört zur Rundumerneuerung. Und im wiedererrichteten Seitenflügel des Hauses gibt es künftig eine Bibliothek, Büros sowie im Parterre ein Café – weitaus schöner als das bisherige Lokal im Hauptgebäude. Ein lichter Raum zum Garten, Künstler Tobias Rehberger wird hier ein 17 Meter breites Textilbild für die Wand anfertigen.

Das denkmalgeschützte Haus am Waldsee hieß einst „Villa Knobloch“, der jüdische Textilunternehmer Hermann Knobloch ließ es 1922 für sich errichten. In den frühen Vierzigern residierte dort die Reichsfilmkammer, seit 1946 dient die bezirkseigene Villa als Ausstellungsort - zuerst für Künstler, die zur NS-Zeit als entartet galten, später als renommiertes Haus für Gegenwartskunst. Bezuschusst wird es vom Land und Bezirk, Träger ist ein Verein, die Sanierung für drei Millionen Euro wurde großteils mit Lottogeldern bezahlt.

Seit Beginn der Arbeiten fand das „Haus am Waldsee“ Asyl im Bikini-Haus am Bahnhof Zoo. Der Shop für Ausstellungen und Künstlergespräche ist dort wohl noch bis zum Herbst geöffnet. Danach ist Katja Blomberg nicht mehr Chefin ohne Ausstellungshaus. Sie kann in ihre „Perle am Waldsee“ zurückkehren.

Das Programm zum Baustellen-Fest: www.hausamwaldsee.de

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