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Berlin: Berlin zieht an

Statistik 2012: Die Hauptstadt wächst rasant – und Brandenburg schrumpft am wenigsten im Osten.

Berlin/Potsdam - Die Hauptstadtregion ist dabei, Deutschlands demografischer Gewinner zu werden. Das geht aus den Statistischen Jahrbüchern 2012 für Berlin und Brandenburg hervor, die Ulrike Rockmann, Präsidentin des gemeinsamen Statistikamtes, am Mittwoch in Potsdam vorstellte. Danach hat Berlin, das 2011 erstmals mehr als 3,5 Millionen Einwohner zählte, schon länger die bundesweit höchste Zuwachsrate. Sie ist seit 2005 etwa höher als in Hamburg, München oder Köln. In Brandenburg wiederum sank die Einwohnerzahl erstmals knapp unter 2,5 Millionen. Doch das Land verzeichnet in Ostdeutschland mit Abstand den geringsten Bevölkerungsschwund – weil das Berliner Umland immer noch attraktiv ist für Familien, die es aus der Hauptstadt aufs Land zieht. So zogen 2011 zwar 63 400 Menschen aus Brandenburg weg, doch es kamen zugleich 61 500 Neu-Bewohner hinzu.

Brandenburgs „fette Jahre“, in denen zehntausende Berliner ins Umland zogen, sind allerdings schon eine Weile vorbei. Bis zur Jahrtausendwende hatte die Mark allein aus Berlin 135 000 Menschen gewonnen, Wegzüge in die Hauptstadt schon abgerechnet. Seit der Trendwende 2004 ziehen mehr Leute nach Berlin als weg. 2011 kamen 158 900 Neu-Berliner, 119 400 Berliner gingen. Inzwischen ist Normalität eingekehrt, hält sich der „grenzüberschreitende“ Verkehr der Umzugslaster zwischen Berlin und Brandenburg etwa die Waage: 2011 zogen 26 800 Berliner nach Brandenburg, 23 800 Märker nach Berlin.

Das Ungleichgewicht betrifft das Alter: Die Metropole zieht junge Leute an, die die Mark in den Randregionen in dramatischem Maße verliert. So konnte Berlin seit 2006 etwa 180 000 neue Einwohner registrieren, die zwischen 18 und 30 Jahre alt waren – während Brandenburg im selben Zeitraum 73 000 Menschen dieser Altersgruppe verlor, das entspricht etwa der Einwohnerzahl der Stadt Brandenburg an der Havel. Dieser gegenläufige Trend spiegelt sich deutlich in der Bevölkerungspyramide wieder. So steigt zwar das Durchschnittsalter der Bevölkerung in beiden Ländern, aber in Berlin nur langsam, in Brandenburg rasant. „Brandenburg altert schneller als Deutschland, Berlin langsamer“, so der statistisch belegbare Trend. Der Durchschnittsberliner ist heute 42,9 Jahre alt – 1990 waren es noch 39,1 Jahre. Brandenburgs Altersdurchschnitt stieg im selben Zeitraum auf 46 Jahre – sieben Jahre mehr als 1991 (37,6 Jahre). Die Lebenserwartung der Hauptstädter, 77,6 Jahre bei den Männern, 82,6 Jahre bei den Frauen, ist höher als in Brandenburg – wenn auch nur um ein paar Monate.

Die Statistik-Bücher gehen aber auch Aufschluss über soziale Kluften in beiden Ländern – über gut situierte Regionen und soziale Brennpunkte. Die Landkreise, in denen jetzt etwa das Nachtflug-Volksbegehren erfolgreich war, haben die höchsten Einkommen im Land. In Potsdam Mittelmark etwa hat fast jeder dritte der 96 000 Haushalte monatlich mehr als 2600 Euro netto in der Familienkasse, in Teltow-Fläming von 80 600 Haushalten jeder vierte. Zum Vergleich: Von den 44 000 Haushalten in der Prignitz haben ganze 5100 Haushalte – also nur jeder achte – monatlich mehr als 2600 Euro zur Verfügung. Ähnlich sieht es in Berlin aus: In Steglitz-Zehlendorf hat fast jeder dritte Haushalt mehr als 2600 Euro, in Spandau nur jeder fünfte.

Auch in anderer Hinsicht gleichen sich Großstädter und Landbevölkerung an – etwa beim immer späteren Heiraten. So heiratet der Berliner heute im Schnitt mit 39,4 Jahren, die Berlinerin mit 36,2 Jahren, zwei Jahre später als noch 2002. Die Brandenburger Zahlen sind fast identisch. So wagen, in Berlin wie in Brandenburg, geschiedene Männer mit 50 Jahren einen zweiten Eheversuch, Frauen etwa mit 47 Jahren. Thorsten Metzner

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