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Berlin zoologisch: Knieriem, Gorilla & Co.

Spätestens am 1. Juli wird Andreas Knieriem Chef von Zoo und Tierpark. Vier Jahre leitete er erfolgreich Hellabrunn. Aber zur Not operiert er auch mal seine Katze.

Wenn Andreas Knieriem durch seinen Münchner Tierpark Hellabrunn führt, hebt er immer wieder weggeworfene Verpackungen und Papier auf, die am Boden liegen, und entsorgt sie im nächsten Mülleimer. Muss der Zoodirektor höchstpersönlich den Müll einsammeln? „Das mache ich ganz automatisch“, sagt Knieriem. „Ich kann das nicht einfach liegen lassen.“ Eine Selbstverständlichkeit ist das für den 48-Jährigen, der spätestens zum 1. Juli dieses Jahres als neuer Leiter von Zoo und Tierpark in Berlin beginnen wird.

München hat ihn noch, Berlin wartet auf ihn. Warum geht Knieriem nach nur vier Münchner Jahren, die als höchst erfolgreich bewertet werden, schon weg von der Isar? „Hellabrunn ist ein Zoo von hoher regionaler Bedeutung“, sagt er. „Die Münchner und das Umland lieben ihn.“ Aber: „In Deutschland haben nur Zoo und Tierpark in Berlin nationale Bedeutung.“

Schon als Kind war Knieriem den Tieren und dem Zoo verfallen. „Wir haben zu Hause immer viele Tiere gehabt“, erzählt er. „Kaninchen, Katzen, Hunde.“ Er züchtete Fische, freute sich an den 50 verschiedenen Korallenarten im großen Salzwasserbecken. „Sehr zum Verdruss meiner Mutter hatte ich auch ein Spinnenterrarium.“

In den Zoo seiner Heimatstadt Duisburg ist er mit 13 Jahren „geschlüpft“, wie er sagt. Die Mitarbeiter nannten den Jungen das Zoo-Maskottchen. „Ich war Dauer-Praktikant“, erinnert er sich, „habe sauber gemacht, die Tiere beobachtet.“ Sogar einen Schlüssel für die Anlage hatte er, um eigenständig kommen und gehen zu können. „Seitdem mache ich fast nichts anderes als Zoo.“

Wenn Andreas Knieriem erzählt, meint man, in jedem Wort seine Leidenschaft zu spüren – für die Tiere, aber auch für den Zoo als Gesamtes, für die Menschen, die darin arbeiten. Er selbst lebt natürlich mit Frau und siebenjähriger Tochter auf dem Gelände von Hellabrunn, keine Frage. „Außerhalb vom Zoo würde ich nicht gut schlafen.“ Und er will sofort da sein, wenn etwas passiert. „Wir haben hier nachts gelegentlich ungebetene Gäste“, sagt Knieriem und deutet auf die nahe Isar. Dort wird immer gegrillt und gefeiert, wenn es das Wetter zulässt. Und Betrunkene steigen dann in den Zoo ein. „Ich will auch bei kranken Tieren da sein“, erzählt er, „oder etwa bei Elefantengeburten. Ich kann da auch mithelfen.“ Schließlich ist er gelernter Tierarzt.

Nach dem Abitur folgte das Studium der Tiermedizin – immer mit dem Ziel, beim Zoo zu arbeiten. Damals faszinierten ihn vor allem die Delfine als Meeressäuger, er promovierte über sie. Als dann im Aquarium sein 26 Jahre alter Doktorfisch starb, habe er geheult, erinnert er sich. Da war er schon ein gestandener Tierarzt. „Aber es tat mir echt leid für den Fisch.“

Kürzlich musste er die eigene Katze operieren. Es bestand Lebensgefahr – das Tier hatte einen langen Faden geschluckt. Spätabends machte er sich ans Werk, die Operation glückte. „Ich war selbst erstaunt, wie ich das so distanziert und gut hinbekommen hatte.“

In Hellabrunn hat Knieriem einiges auf den Weg gebracht, worauf er stolz ist. „Die Giraffen waren im alten Haus auf 80 Quadratmetern“, erinnert er sich, „das war eine der schlechtesten Haltungen in Deutschland.“ Es funktionierte nur so gut, „weil wir so tolle Giraffen haben.“ Im Mai vergangenen Jahres war dann die neue Giraffensavanne fertig mit 10 000 Quadratmetern. Das Elefantenhaus wurde ebenso saniert wie das Netz der Wasserleitungen, das noch aus den dreißiger Jahren stammte. Schlechte Tierhaltung, so meint er, sei in Hellabrunn weitestgehend abgestellt.

Doch neben den Tieren und ihrem Leben befasst sich Knieriem vor allem mit Verwaltung und Organisation. Die Besucherzahlen sind gestiegen, 2011 hat Hellabrunn ein kleines Plus gemacht. „Wir sind nicht Legoland“, sagt er entschieden. Doch man müsse sich um die Besucher kümmern, um Familien oder ältere Leute, von denen manche fast täglich kommen. „Die verschiedenen Abteilungen sind hier zusammengewachsen“, berichtet er, „jetzt harmoniert die Technik mit den Kaufleuten, die Zoologie mit der Öffentlichkeitsarbeit.“ Innerhalb von zwei Jahren ist Hellabrunn bei einem angesehenen europaweiten Zoo-Ranking von Platz 12 auf Platz 4 aufgestiegen.

Und wie ist Andreas Knieriem als Chef? „Ich bin nicht derjenige, der immer recht haben muss, ich lasse mich auch gerne begeistern.“ Einige Dinge müsse er alleine entscheiden – „bei anderen werde ich aber manchmal überstimmt“.

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