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Berlin: Berlinale 2001: Im Härtetest: Ein Boxer in Stalingrad

"You have to be tough", hat Jean-Jacques Annaud zu ihm gesagt. "You have to be a very, very violent guy.

"You have to be tough", hat Jean-Jacques Annaud zu ihm gesagt. "You have to be a very, very violent guy." Und Werner Dähn spielte den harten, brutalen Kerl. Als politischer Kommissar der Roten Armee schlug und brüllte er. Er prügelte und trat seine Rotarmisten in die Schlacht um Stalingrad. Er schwang die Rote Fahne an der Front wie einen Säbel: "Kämpft für euer Vaterland und für den großen Genossen Stalin."

Mit "Duell. Enemy at the Gates" wurde am Mittwoch die Berlinale eröffnet. Ein opulenter Start: Es ist der teuerste europäische Film der Geschichte. Die Kosten sollen an 200 Millionen Dollar herangekommen sein. Werner Dähn ist das nicht entgangen. Der Berliner Schaupieler, der unter anderem im Stükke-Theater-Erfolg "Der Boxer und die Violinistin" (1998) auf der Bühne stand und im Kino-Thriller "Nur aus Liebe" (1996 mit Katja Riemann) ebenso spielte wie in SAT.1 Krimi-Serien, drehte jetzt mit Jude Law. Zu den Drehorten zählten auch viele Außensets bei Potsdam, Cottbus und im Zementwerk Rüdersdorf. Die aufwendige Ausstattung, die 5000-köpfige Komparserie: das Kanonenfutter, das so ein Krieg, so ein Monumentalfilm braucht.

Unvergesslich sind die Dreharbeiten für Dähn, der sich mit seiner Rolle so etwa im Mittelfeld zwischen den Stars und dem Komparsenheer bewegte, aus anderen Gründen. Erstens: "Es waren die anstrengendsten Dreharbeiten meines Lebens." Zweitens: Mit dem französischen Regisseur Jean-Jacques Annaud zu arbeiten, war eine Ehre und ein Genuss, sagt Dähn. "Ein richtiger Intellektueller. Man spürt mit jeder Faser, dass der was drauf hat." Solche Qualitäten brauche ein Regisseur gerade, wenn er einen Kriegsfilm dreht. Wenn Annaud sagt "Go violent", dann wisse er warum. Die Gage für neun Drehtage mit dem internationalen Team sei gar nicht so hoch gewesen, sagt Dähn. "Da muss man sich schon in die Top drei hocharbeiten." Beim Fernsehen hat er schon mehr verdient.

Annaud wird Werner Dähn wahrscheinlich auch nicht so schnell vergessen. Dieses hagere Gesicht mit den schräg gestellten Augen kann auf Kommando sehr hart wirken. Der 36-Jährige kann alles Lustige, Liebe und Nette, dass er im Gespräch am Kaffeehaustisch versprüht, aus seinem Gesicht herauslaufen lassen, wie warmes Wasser aus einer Badewanne. Oder wie ein Schutzgelderpresser der russischen Mafia, wenn es ernst wird. So einen Mafiosi hat Dähn denn auch in dem Film mit Katja Riemann gespielt und jetzt wieder in seinem neuesten Projekt "König der Diebe" unter der Regie von Ivan Fila. Die Augen und die hohen Wangenknochen hat Dähn von seiner tatarischen Ururgroßmutter. Sein Ururgroßvater war ein vom russischen Zaren angeworbener deutscher Pfarrer, der die Tataren christianisieren sollte.

In "Enemy at the Gates" hat Dähn zwar eine Nebenrolle, gleichzeitig aber auch eine Schlüsselrolle. Er ist der Erste, den Wassilij, der spätere Held der Roten Armee an der Front trifft. Wassilij, gespielt von Jude Law, ist ein Hirtenjunge aus Sibirien, der zum Scharfschützen ausgebildet wird. Das "Duell", das er sich mit dem deutschen Scharfschützen (Ed Harris) liefert, steht im Mittelpunkt des Filmgeschehens. "Für mich als Kommissar war der Wassilij nichts Besonderes", sagt Dähn. Einer der Soldaten, die er in die Schlacht jagen musste. Dieser Kommissar ist es, der den Hirtenjungen mit der ganzen Brutalität des Krieges konfrontiert. Unter Annauds unwiderstehlicher Führung spielte der Berliner Schauspieler den knallharten Parteimann so überzeugend, dass ihn die Komparsen nach dem ersten Drehtag verprügeln wollten. 19-, 20-jährige Jungs aus Cottbus und Umgebung, die sich nicht einfach so ins Gesicht schlagen lassen. Auch nicht, wenn es nur ein Film ist. Dähn ist mit den Jungs mitgegangen. Er hat sie nicht spüren lassen, dass er in einem Boxstall in der Uhlandstraße trainiert. Er hat geredet, seine Rolle erklärt. Am Ende ist er mit ihnen Paddeln gegangen.

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