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Berlinale: Der Bär ist schwer

Abschlussgala im Berlinale-Palast: Große Gefühle, strahlende Gesichter und Spannung bis zum Schluss.

Das ist jetzt wirklich gemein. Uns alle so auf die Folter zu spannen. Gerade hat Armin Mueller-Stahl angesetzt, die Gewinnerin des Silbernen Bären als beste Schauspielerin bekannt zu geben, der Name liegt ihm schon auf der Zunge, da - "einen Moment noch" - bricht er wieder ab, schwenkt um zu Jack Lemmon, der einmal gesagt habe, sein Leben im Film sei viel besser gewesen als das wirkliche. Aber das ist nur scheinbar ein Umweg, denn was für Jack Lemmon gegolten habe, gelte für die jetzt zu ehrende junge Schauspielerin doch wohl nicht, so Armin, der Schelm. Im Film sei sie durch die Hölle gegangen - und damit ist es raus: Ja, Sandra Hüller hat mit ihrem Debütfilm "Requiem", der Geschichte eines Exorzismus, den Silbernen Bären erspielt. Jubel brandet auf, das haben wohl viele erwartet, aber Gewissheit gibt es erst jetzt, hier im Berlinale-Palast am Samstagabend.

Und wieder muss eine noch ganz benommen und trunken vor Glück nach vorne. "Der ist ganz schön schwer", stammelt Sandra Hüller als erstes, aber ausgefeilte Reden will hier ja ohnehin niemand mehr hören, wäre es doch nur ein Rückfall hinter die fassungslose Freude von Jürgen Vogel, das gerührte Schluchzen der "En Soap"-Regisseurin Pernille Fischer Christensen oder den übersprudelnden Moritz Bleibtreu, der schon fürchtet, der Himmel werde ihm auf den Kopf fallen und am nächsten Tag sei alles vorbei.

Ja, so soll solch eine Gewinnergala sein. Spannung bis zum Schluss, überbordende Gefühle, strahlende Gesichter, durch die ein paar Freudentränen kullern. Aus Amerika kennt man das ja, aber hier in Berlin war es nicht üblich, wurden am Nachmittag korrekt die Ergebnisse der Jury-Beratungen referiert und abends die Bären im Empfang genommen - zwar auch mit Gefühlsausbrüchen, nur spannend war das nicht mehr.

Ein schöner Abend, der sehr viel ruhiger begonnen hatte als die Eröffnung. Die Riege der Fotografen deutlich kleiner, der Aufmarsch der Prominenten entspannter, mit Ulrich Matthes, Michael Ballhaus oder Franka Potente. Roberto Benigni kam mit rotem Schal, Klaus Wowereit zur Ehren des Festivals in eben solchem Hemd. Wieder moderierte Heino Ferch, gewohnt souverän, und wie am 9. Februar war das Fernsehen live dabei, besonders Nina Hagen bekam das zu spüren. Ihr war der Showteil des Abends zugewiesen, mit weit ausgebreiteten Armen setzte sie gerade an, die Showtreppe herabzuschweben, bereit loszuschmettern, da brach die Musik nach einigen Takten wieder ab. Vielleicht ein Regiefehler, oder im Sender hatte einer einen Knopf gedrückt. Zwei Fehlstarts hatte sie so zu ertragen, erst dann durfte sie - "Yes, Sir"- das Rrrr rollen lassen, und die Gala begann.

Magische Momente flimmerten zunächst über die Leinwand, seinen persönlichen ließ sich Festivalchef Dieter Kosslick von Ferch abfragen. Das war, als ihn buddhistische Mönche, auch sie im Filmgeschäft tätig, segneten und ihm ein paar Kleinigkeiten für die spätere Wiedergeburt schenkten. Nur dürfe man sie nicht schlucken, sonst kehre man möglicherweise als sein Vorgänger zurück. Lacher sind hier garantiert.

Ein gelungenes Debüt der neuen Schlussgala, sicher zu verbessern, doch sie lernen schnell bei der Berlinale. Die ersten Dankesreden wurden noch synchron auf deutsch geliefert, so dass man weder das eine noch das andere recht verstand. Das wurde bald aufgegeben. Und auch die kleine Unachtsamkeit von Moritz Bleibtreu wurde ausgebügelt, der sein Berlinale-Armbändchen vergessen hatte und fast, so erzählte er, nicht reingekommen wäre. Aber dank Jana und Daniel am Eingang habe es dann doch geklappt, ihnen dankte er ebenfalls und dann noch seiner Mutter, "von der ich alles gelernt habe" - ach, war das nicht schön? (Von Andreas Conrad und Björn Seeling)

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