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Berlins Abiturienten haben ihre Zeugnisse inzwischen weggepackt und sind zurzeit auf Abifahrt.

© Imago

Berliner Abitur: „Das Spitzenniveau wird gesenkt“

Im Jahr 2014 hat sich die Zahl der Einserabiturienten nochmals erhöht. Über die Gründe sprach der Tagesspiegel mit dem langjährigen Gymnasialleiter Wolfgang Harnischfeger.

Herr Harnischfeger, was halten Sie von der Inflation bei den Abinoten und der häufigen 1,0?
Als Erstes sollte man sich mal über die vielen guten Noten freuen. Alle Einserabiturienten sind herausragend fleißige, kontinuierlich lernende Menschen, die strukturiert arbeiten und ein super Zeitmanagement haben. Dann schlagen sich hier verbesserte Methodenschulungen nieder, der Unterricht hat sich vom Angebot her verbessert, und begabte Menschen können das eben effektiv umsetzen.

Aber eine Eins ist einfacher zu erreichen.

Sicher spielt auch die Verschiebung der Notenskala eine Rolle. Aber das ist keine Berliner Erfindung, das hatten die Gralshüter des Leistungsgedankens aus Bayern schon lange vor uns.

Erfahrener Schulleiter: Wolfgang Harnischfeger.
Erfahrener Schulleiter: Wolfgang Harnischfeger.

© Thilo Rückeis

Die zusätzliche Präsentationsprüfung zieht den Schnitt laut Statistik auch nach oben.

Diese Prüfungskomponente ist eine sehr sinnvolle Neuerung. Sie prüft wirklich relevante Fähigkeiten ab: etwas selbständig erarbeiten, in der Gruppe ausformulieren und medial unterstützt frei präsentieren – hier hat Schule was mit dem späteren Leben zu tun. Ich habe da Erstaunliches gesehen, das zu Recht mit hohen Punktzahlen belohnt wird. Das sollte man keinesfalls als Abwertung des Abiturs ansehen.

Hat das Zentralabitur das Abiturniveau gesenkt, weil die leistungsstarken Schulen nun Abituraufgaben stellen müssen, die ihre Schüler unterfordern?

Das Zentralabitur führt notwendigerweise zu einer Senkung des Spitzenniveaus, weil es für alle Lerngruppen gestellt wird. Solange es dezentrale Abiaufgaben gab, war es in guten Lerngruppen möglich, anspruchsvollere Aufgabe zu stellen. Das Zentralabitur sichert das Niveau nach unten ab, aber das wollte die Öffentlichkeit so.

Ist das keine Unterforderung für gute Schüler?
Unterfordert wird niemand, denn eine Eins Plus bleibt eine herausragende Leistung. Sie ist nur eher mit Lernen von Fakten als mit Denken und selbstständigem Urteil erreichbar. Man sollte sich einfach freuen, dass die Berliner dank der guten Noten bessere Chancen beim Zugang zur Uni haben.

Wolfgang Harnischfeger (Abischnitt: 2,4) leitete das Beethoven-Gymnasium in Lankwitz und war Mitbegründer der GEW- Schulleitervereinigung.

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