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Anlässlich der Schulpreis-Nominierung besuchte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) die Friedensburg-Schule.

© Susanne Vieth-Entus

Berliner als Vorbild: Friedensburg-Schule für höchsten deutschen Schulpreis nominiert

Die Charlottenburger Friedensburg-Schule hat sich zum zweiten Mal um die renommierte Auszeichnung beworben. Diesmal könnte es klappen.

Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) sprach von einem „historischen Tag“ für die Berliner Schule. Es war der 15. Januar 2010 und er meinte den Beschluss des Abgeordnetenhauses, die Haupt- und Realschulen abzuschaffen und sie zusammen mit den Gesamtschulen zur „Sekundarschule“ zu verschmelzen.

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Zehn Jahre und eine Woche später nutzte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) einen Besuch in der Charlottenburger Friedensburg-Sekundarschule, um das Jubiläum zu würdigen und der Schule zu gratulieren, die als einzige in Berlin für den renommierten „Deutschen Schulpreis 2020“ nominiert ist. Der verbindende Gedanke: Die Schule bemüht sich besonders erfolg- und ideenreich um die individuelle Förderung ihrer Schüler und erfüllt damit eines der Hauptziele der Sekundarschulreform. Aber wie?

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Zu den wichtigsten Stellschrauben gehörten die „Berufsorientierten Projekte“, kurz BoP. Sie sind eine Spezialität der Friedensburg-Schule, denn zum einen machen dort alle Schüler mit – und nicht nur die schwächeren, wie in vielen anderen Schulen – und zum anderen wird beim BoP ein Wahlpflichtfach mit dem Fach „Wirtschaft, Arbeit, Technik“ verknüpft.

In Sven Zimmerschieds Charlottenburger Friedensburg-Schule soll das Treffen am 30. September stattfinden.
In Sven Zimmerschieds Charlottenburger Friedensburg-Schule soll das Treffen am 30. September stattfinden.

© Susanne Vieth-Entus

Wer zum Beispiel als Wahlpflichtfach Musik wählt, kann mit seiner Schulorchestergruppe in Altenheime oder Kitas gehen und beispielsweise auf die Idee kommen, alten Menschen nicht nur vorzuspielen, sondern mit ihnen eines Tages als Altenpfleger Musik zu machen. „Was kann ich beitragen zum Gelingen des Projekts?“ – das ist die zentrale Frage, die Musiklehrerin Angelika Maillard-Städter den Schülern stellt, um der Senatorin das BoP-Prinzip zu veranschaulichen.

Ab Klasse 9 nach Leistung getrennt

Zu den Besonderheiten der Schule, die auch Europaschule für Spanisch ist, gehört außerdem, dass die Schüler in Klasse 9 und 10 in den Hauptfächern aufgeteilt werden – je nachdem, ob sie die Berufsbildungsreife und den Mittleren Schulabschluss oder das Abitur anstreben.

Das habe sich bewährt, betont Schulleiter Sven Zimmerschied – ebenso wie das Jahrgangsprinzip: Damit ist gemeint, dass jeder Jahrgang mit seinen Lehrern und Sozialpädagogen in einer Etage für sich ist – inklusive Lehrerzimmer und Aufenthaltsbereiche. Das tut der Atmosphäre gut und dient dem Zugehörigkeitsgefühl.

Das Geld für Musikinstrumente in Schulen könnte jetzt knapp werden (Archivfoto).
Das Geld für Musikinstrumente in Schulen könnte jetzt knapp werden (Archivfoto).

© Susanne Vieth-Entus

Schon 2015 wurde der Preis bereits angepeilt

Vor fünf Jahren hatte sich die Schule unter ihrem damaligen Leiter Paul Schuknecht zum ersten Mal für den Schulpreis beworben und war ebenfalls nominiert worden. Jetzt aber will sie ihn gewinnen - so wie 2016 die Schule für Erwachsenenbildung (SFE) im Kreuzberger Mehringhof und die Anna-Essinger-Gemeinschaftsschule in Steglitz-Zehlendorf.

Das könnte klappen, denn die 150 Pädagogen haben die Anregungen von 2015 aufgenommen, haben den Unterricht verbessert, die Schülerpartizipation wesentlich ausgebaut und viele zusätzliche Projekte gestartet. So gibt es jetzt einen Tag der Vielfalt und einen Tag des Buches im Rahmen eines eigenen „Kulturkalenders“ der Schule.

All das werden Zimmerschied und seine Kollegen der Schulpreisjury erläutern, die im Februar ins Haus kommt. Ob der Preis nach Charlottenburg geht, steht also noch nicht fest.

Typisch für die Sekundarschulreform? Eher nicht

Was aber schon jetzt feststeht, ist, dass die Schule in der Goethestraße kein typisches Beispiel für Berlins Sekundarschulreform ist: Sie startete als ehemalige Gesamtschule mit Oberstufe und mit Europaschulbonus unter viel günstigeren Bedingungen in die Reform als Haupt- und Realschulen. Insofern also nur bedingt tauglich als Vorzeigeobjekt zum „historischen“ Jubiläum.

Andererseits hatte aber auch die Friedensburg-Schule es früher schwer, galt vor Schuknechts Amtsantritt als "Hauptschule mit Oberstufe" und kämpfte mit einem erheblichen Gewaltproblem.

Das allerdings kann man sich heute kaum noch vorstellen: Über 60 Prozent gehen weiter zum Abitur, ohne Abschluss bleibt kaum jemand. Ein Grund zum Feiern hat die Schule also allemal.

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